Mit dem Bisschen Garten, das ich mein eigen nenne, wäre es vermessen, wenn ich mich als Landwirt bezeichnen würde, obwohl ich Land habe und darauf Pflanzen und Tiere bewirte. Manchmal baue ich sogar Gemüse an.
Warum bespreche ich hier also das Buch "Regenerative Landwirtschaft" von Dietmar Näser, erscheinen im Ulmer-Verlag?
Bin ich jetzt größenwahnsinnig geworden und meine, mit den ganze Großen mitschwimmen zu können? Was mich an dem Buch gereizt hat, war der Untertitel: Bodenleben und Pflanzenstoffwechsel verstehen. Jepp, das will ich! Seit einiger Zeit interessiere ich mich sehr für das Leben unter meinen Füßen, unter meinen Pflanzen und unter dem Kompost, den ich jedes Jahr auf meinen Beeten verteile. Gleichzeitig hilft dieses Buch, die Landwirtschaft zu verstehen: Was läuft oft falsch in der Wirtschaftsweise und wie macht man es richtig? Durch regenerative Landwirtschaft speichern Böden nämlich so viel CO₂, dass angenommen wird, dass man durch die richtige Bewirtschaftung den Klimawandel aufhalten könnte. Auch spart man Pestizide und erzeugt gesündere Lebensmittel, die voll sind mit sekundären Pflanzenstoffen, aber weniger ungesundes Nitrat enthalten.
Am Anfang des Buchs stellt der Autor dar, wie man dem Boden ansehen kann, wie es um ihn bestellt ist - und wie man die Ergebnisse aus der Bodenprobe interpretiert. Dann folgt die Technik. Das ist durchaus unterhaltsam geschrieben: "Achslasten, die [...] auf der Straße verboten sind, werden mit der modernen Erntetechnik heute in allen Kulturen erreicht. Die Straße ist gepflastert, Ihr Acker ist es nach der Ernte oft auch." Daher müssen die durch die Maschinen zu Beton zusammengefahrenen Böden wieder gelockert werden, sonst kommen die Pflanzenwurzeln nicht mehr durch. Auch sollte man warten, bis die Temperaturen frühlingshaft geworden sind, denn dann sind die Bodenorganismen aktiv, und der Boden verkraftet das Bewirtschaften viel besser.
Auch die weiteren Maßnahmen, toten Boden wiederzubeleben, können im Garten hilfreich sein: Komposttee lässt sich im kleineren Rahmen auch Zuhause herstellen und auf die Beete ausbringen.
Es wird erklärt, wie sich Pflanzen ernähren - und wie man den Boden so ernährt, dass die Pflanzen sich aus ihm selbst versorgen können. So werden sie widerstandsfähiger gegenüber Schädlingen und Trockenheit. Das wollen wir Gärtner doch auch!
Dann wird auf die einzelnen Gruppen der Bodenlebewesen eingegangen. Für Gärtner sind diese Kapitel ein Schatz an Informationen. Mykorrhiza-Pilze liefern den Pflanzen Wasser und Nährstoffe, im Gegenzug bieten die Pflanzenwurzeln ihnen Zucker über die Exsudate. Pilze mögen keine intensive Bodenbearbeitung - ein Grund, im Garten auf das Umgraben zu verzichten. Mykorrhiza-Pilze findet man nicht an den Wurzeln von Kohlgewächsen, daher wird das Bodenleben in diesen Kulturen mit einer Untersaat aus Kleegras gefördert, denn Gräser bilden gern eine Symbiose mit Pilzen. Auch wieder etwas, das man im Garten beherzigen kann: Auslaugende Kulturen wie Kohl werden mit Gräsern zusammen bodenfreundlich, der Trend zu Ziergräsern im Staudenbeet fördert ebenso den Humusaufbau und die Bodengesundheit.
Mischkultur fördert die Pflanzen also in erster Linie unterirdisch, denn jede Pflanzenart tut sich mit bestimmten Bodenlebenwesen zusammen, seien es Bakterien oder Pilze, so wird der Boden artenreich und widerstandsfähig.
Man lernt in diesem Buch erstaunliche Dinge aus der aktuellen Forschung. Wer hätte gedacht, dass Bakterien, denen man keine große Intelligenzleistung zugetraut hätte, sich zu unseren Gunsten steuern lassen und sogar wissen wie viele von ihrer Art vor Ort sind? Opportunistische Bakterien, die mehrere Stoffwechselwege zur Verfügung haben, lassen sich davon überzeugen, einen Stoffwechselweg unserer Wahl einzuschlagen, wenn wir ihnen nur das richtige Milieu bieten.
Was ich aus dem Buch mitgenommen habe:
- Den Gartenboden im Winter am besten nicht betreten, und wenn, dann mit einem Brett unter den Füßen. Im Frühjahr ist er durch das erwachte Bodenleben elastischer und verträgt den Fußtritt besser.
- Mischkultur dreht sich nicht nur um das Vertreiben von Blattläusen, sondern um die Förderung des Bodenlebens.
- "Unkräuter" treten auf, wenn das Bodenleben gestört ist oder abbauenden Stoffwechsel betreibt. Der Stoffwechsel von Unkräutern ist hocheffizient, es sind häufig Pionierpflanzen, die auf schlechten Böden eine hohe Nährstoffaufnahme schaffen. Diese Arten reparieren gerade den schlechten, mikrobiell toten Boden. Anstatt sich um das Beseitigen der störenden Pflanzen zu kümmern, kümmert man sich um den Boden, dann verschwinden die Unkräuter von allein.
- Den Gartenboden nicht umgraben. das stört besonders die Bodenpilze, die als Mykorrhiza den Pflanzen helfen, Wasser und Nährstoffe zu bekommen.
- Ein aktives Bodennahrungsnetz hilft den Pflanzen, Trockenheit zu überstehen und macht sie widerstandsfähig gegen Schädlingsbefall und pathogene Pilze. Auch wird so Unkraut unterdrückt.
- Boden sollte nicht lange unbedeckt bleiben. Nicht so wie in manchen Gärten, wo man standardmäßig nur braunen Boden sieht und ein paar Pflanzen darin wie auf dem Präsentierteller. Dort werden Unkräuter die Sache in die Hand nehmen, die man besser nicht mit Herbiziden behandeln sollte, denn....
- ...Glyphosat hemmt die Humusbildung und schädigt die Bodenlebewesen. Als hätten wir es nicht schon immer geahnt...
Mein Fazit: Auch Gartenbesitzer können aus diesem Buch viel lernen. Und sei es nur, den Boden in Ruhe zu lassen und die regenerative Landwirtschaft zu unterstützen, zum Beispiel durch den Kauf von Bio-Lebensmitteln, wobei das Prinzip auch schon oft im konventionellen Anbau betrieben wird, denn zum Klimaretten reichen die Flächen der Biobauern (noch) nicht. Und die Landwirte, die ihre Böden beleben und sie so zu großen CO₂-Speichern machen, sind die wahren Ackerhelden!
Hallo Elke,
AntwortenLöschendanke dass du dieses Buch hier vorgestellt hast. DAs Thema ist soooooo wichtig, nicht nur für Gemüsegärtner, von denen es kaum mehr welche gibt. Auch für Zierpflanzengärtner ist der Boden und seine Pflege wichtig. Das Buch scheint wirklich sehr interessant und lehrreicht und praxisbezogen zu sein. Bei der Aufzählung, was man also dem Boden gutes tun kann, wie NICHT-umgraben oder KEIN-Glyphosphat wäre unbedingt noch hin zu zu fügen (vielleicht wurde es im Buch nicht direkt behandelt, ist aber ungemein wichtig) KEIN Kunstdünger. Die Mineralsalze darin töten das Bodenleben ab und sind das Gegenteil von aller Bodenpflege. Auch in kleinen Mengen. Und wie oft höre ich, "ich mulche nicht mehr mit Rasenschnitt, der Verrottet bei mir nicht". Klar, ein toter Boden (Umgraben, Blaukorn etc) kann den Mulch ja auch nicht verarbeiten. Ein lebendiger Boden saugt diesen leicht verdaulichen Mulch gerade zu auf. Ein faszinierendes Thema und so aktuell. Hoffentlich kannst du ein paar weitere GärtnerInnen dazu animieren, sich einmal damit zu beschäftigen.
Viele Grüße, der Achim
Hallo Achim,
Löschenim Buch wurde das Düngen mit Gülle behandelt, aber die soll vorher mit Mikroben belebt werden, damit sie dem Boden auch wirklich Gutes tut. Außerdem sollte man eher in den lebenden Pflanzenbestand organisch düngen anstatt prophylaktisch auf leere Felder. Auch irgendwie logisch..
VG
Elke
Hallo Elke,
AntwortenLöscheneiniges funktioniert schon in meinem Garten, doch ist der Boden in den Wintermonaten stellenweise nur leicht bedeckt, obwohl ich schon einiges an Laub auf den Beeten liegen lasse. Im Sommer wachsen die Stauden ineinander und ich muss schon dem grünen Dschungel Einhalt gebieten. Mit Bodenanalyse habe ich mich noch nicht befasst, eine Untersuchung auf ph-Wert etc. wäre sicher mal sinnvoll.
Hab ein gemütliches Wochenende mit geringem Schneechaos.
Lieben Gruß, Marita
Meine Nachbarschaft stört sich schon sehr an den Beeten mit all den Wildkräutern neben der Bepflanzung. Mich trösten die jungen Blindschleichen, die regelmässig hier zur Welt kommen darüber hinweg. Dieses Jahr habe ich das Gemüsebeet mit den Herbstblättern abgedeckt. In der Hoffnung, den Regenwürmern was gutes zu tun... Ich bin dann mal gespannt, wie es aussieht
AntwortenLöschenHerzlichst
yase
Das finde ich gut, dass auch auf den Nutzen der Mischkultur eingegangen wird. Man kann mit gezielten Pflanzungen, wie Gründünger oder Bohnen auch dafür sorgen, den Boden mit Nährstoffen anzureichern. Das gibts in der industriellen Landwirtschaft ja meist gar nicht mehr, weil einfach Kunstdünger verwendet wird. Ich versuche, den Boden im Gemüsebeet möglichst viel zu mulchen....im Herbst kam eine Ladung Blätter vom Apfelbaum rauf. Im Sommer gibts Rasenschnitt.
AntwortenLöschenLG Sigrun
My garden struggles to 'eat its mulch' but, slowly, slowly, it is learning. Sometimes I find the first fine layer of soft black compost lying on the sand below the fresh mulch.
AntwortenLöschenLiebe Elke,
AntwortenLöschenein wirklich interessanter Post und Buchvorstellung. Für einen Gärtner sind die Kernpunkte sehr informativ und kann durch sein eigenes Wissen ergänzt werden. Den 3 Fazitpunkt und "Unkräuter" kann ich aber als Geograf nur widersprechen, denn eine solche Klassifizierung und eine verallgemeinerte sowie signifikante Nährstoffbilanz kennt ein bewirtschafteter Boden nicht - wichtig ist eher der Wechsel der Anbaufrucht und Ruhejahre. Vielen Dank für den Buchtipp!
Herzliche Grüße von Senna
Punkt drei würde sich aber decken mit einer Aussage aus einem anderen Buch, dass viele Unkräuter keine Mykorrhiza brauchen und keine bilden, weil sie so effizient sind. Sie treten daher auf gestörten Böden eher auf und lassen sich verdrängen durch Belüftung und Förderung von Mykorrhiza-Pilzen.
LöschenViele Grüße
Elke
Vielen Dank für die nächste Buchvorstellung - ein sehr wichtiges und spannendes Thema. Gerade über das Thema Glyphosat sollte noch mehr aufgeklärt werden. Ein gesunder nährstoffreicher Boden bedeutet auch gesundes Gemüse und Obst.
AntwortenLöschenLiebe Grüße - Dani
Hallo Elke,
AntwortenLöschenein wichtiger Buchvorschlag, der zeigt wie es machbar ist mit der Natur zu gärtnern und nicht gegen sie! Ich rege mich jedesmal tierisch auf, wenn ich im Winter, bei Spaziergängen die riesigen brach liegenden Felder sehe. Nichts zu holen für irgendein Tier. Weder das Bodenleben findet was zu beißen, noch Vögel, Hasen und Co. Wann lernen die Bauern wieder normal zu ticken? Geht es immer nur um Profit oder was ist schief gelaufen? Mit ihren dicken Traktoren bewaffnet, machen sie aktuell ganz schön Lärm gegen das neue Gesetz, in Punkto Insektenschutz!
Natürlich kann man in seinem eigenen kleinen Gartenbereich versuchen für die Natur zu gärtnern, das ist gar nicht schwer. Außerdem wird man mit tierischen Besuchern belohnt!
LG..Stephanie
Hallo Luise,
Löschen"Wann lernen die Bauern wieder normal zu ticken? Geht es immer nur um Profit oder was ist schief gelaufen?"
Schief laufen die Preise, die die Landwirte für ihre Erzeugnisse bekommen. "Profit" sieht anders aus. Den machen die großen Handelsketten. Wir Verbraucher sind kaum bereit mehr zu zahlen. Wenn dann die Landwirte irgendwie wirtschaften müssen, um gerade so überleben zu können, muss man sich nicht wundern. Und das zu ändern liegt nicht bei den Landwirten, sondern bei unserem Verhalten. Es ist leicht um sich zu schlagen, wenn man selber nicht betroffen ist.
Viele Grüße
Claudia
Liebe Elke,
AntwortenLöschendas ist bestimmt ein tolles Buch und auch für noch so kleine
Gärten braucht man solche Infos.
Ganz viele liebe Grüße von der Urte