Samstag, 24. Februar 2018

Die Nessel-Neurose

Heute soll es mal um Lebensmittelskandale gehen. Der erste Skandal ist der, dass nirgendwo steht, dass Mangold auch zu den Pflanzen gehört, die man nach dem Verwerten der Blätter zu neuem Leben erwecken kann. Dazu einfach den Strunk in Wasser stellen und er treibt neues Laub. Nach einiger Zeit kann er in Erde gepflanzt werden - ich habe dafür eine Tomatendose als Übertopf recycelt.

Sieht das nicht toll aus, wie der Mini-Mangold leuchtet wie ein großer? Vielleicht kann man die kleine Pflanze irgendwann im Garten auswildern und sie bekommt dort ganz große neue Blätter? Wäre das nicht lecker?


So weit, so grün. Der zweite Skandal ist ein Etikettenschwindel, bei der die Brennnessel einfach durch die Taubnessel ersetzt wird.

Und das, obwohl diese auch nicht sonderlich beliebt ist. Taubnessel ist schon mal kein schöner Name für eine so schöne Pflanze. Weder das Adjektiv "taub" noch das Wort "Nessel" wecken irgendwelche positiven Assoziationen. In der Kombination wird es auch nicht wirklich besser. Vielleicht liegt es tatsächlich an diesem wenig schmeichelhaften Namen, dass die Gattung Lamium im Garten nicht sonderlich beliebt ist. Die Blattschmucksorten von Lamium maculatum werden von Kennern im Schattenbeet geschätzt, sind aber den meisten Gartenbesitzern gänzlich unbekannt. Die Weiße Taubnessel, von der es noch nicht mal Sorten zu geben scheint, hat es noch schlechter getroffen. Kommt sie freiwillig in den Garten, wird sie eher nicht herzlich willkommen geheißen.

Wofür sie dann aber doch wieder herhalten muss ist dieser Etikettenschwindel. Was stimmt mit dem Bild nicht? Rechts das Original, links die Fälschung.


Die heilsame Brennnessel ist wohl nicht fein genug, auf der Packung Tee abgebildet zu werden. Da nehmen wir doch lieber das kleinere Übel, die Weiße Taubnessel (Lamium album). Aha, so schön ist sie also dann doch.



Dummerweise könnte der Käufer jetzt denken: "Prima, jetzt habe ich den Tee gekauft und weiß nun sogar, dass Brennnesseln hübsch weiß blühen können. Komisch, ich dachte immer, die wären so unscheinbar." Sollte sich in den Garten dieses Teetrinkers nun dummerweise die Weiße Taubnessel verirren, wird die Unglückliche nun entweder in Heißwasser aufgegossen oder sofort gejätet, schließlich haben wir ja gerade gelernt, dass das die böse Brennnessel ist.
Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich mag Taubnesseln. Alle bis auf die invasive Goldnessel, die mehr wuchert als blüht.

Die Purpurrote Taubnessel (Lamium purpureum) ist auch nicht von schlechten Eltern, immerhin hat sie neben den roten Blüten auch noch violette Blätter, wenn sie genug Sonne bekommt. Sie ist die einzige, die keine Staude ist. Den Hummeln ist das egal, die nehmen alle Lamium-Blüten immer gern.

Lamium maculatum

Links: Lamium album, rechts: Lamium maculatum


Lamium album und Lamium purpureum sind die unverfrorensten ihrer Gattung. Sie blühen in milden Wintern einfach durch.

Links: Lamium purpureum, rechts: Lamium album

Die Weiße Taubnessel mitsamt ihrer sittsam horstig wachsenden Verwandtschaft kann also gerne bei mir einziehen - sie sind die besten Geschenke, die einem der Garten machen kann. Ich werde sie auch nicht aufkochen, versprochen.

29 Kommentare:

  1. Du bist ein Fuchs und deckst alles auf! :-)
    Schön, diese ganze Nesseln...ich liebe sie auch in unserem Garten!
    Schönes Wochenende
    Sabine

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  2. "Lamium album" wird manchmal als "ortie blanche" wörtlich brennessel weisse, genannt und als tee angeboten * habe sogar im internet fast das selbe bild als angebot gesehen mit "ortie blanche" taubnessel wie du sagst etwas verwirrend * einige extra ecken für HUMMEL hier im garten mit verschiedene lamiumsorten (wilde) die alle im winter blühen : bei sonnige tage einige insekte besuche - wusste nicht dass der tee für einiges gut ist !
    deine experimente mit mangold super ! draussen in ein gartenkasten auf der terrasse einige experimente zu finden, behalte oft bei gemüse säubern den strunk - kohl zum beispiel - in der erde kommen da wieder blätter die griffbereit für ein wenig wintervitamine sorgen*
    bon weekend !

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  3. Interessant, ich wusste nichts über Taubnesseln. Jetzt werde ich mich bemühen, welche in meinem Garten anzusiedeln. Danke! Ute

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  4. Was Dir alles auffällt ! Super.
    Den Tee gibts bei uns nicht, ich habe bisher noch keine Fälschung gesehen.
    und danke für den Tip mit dem Mangold. Wir haben ihn Ende Sommer komplett geerntet. Ab jetzt also nur noch die äusseren Blätter.
    Die gelbe Taubnessel macht sich hier im Garten wie Unkraut breit und ich muss sagen, sie ist genauso schwer loszuwerden wie eine Brennessel. Von den weissen habe ich noch keine bei uns gesehen.
    Grüess Pascale

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  5. Für eßbare Kräuter interessiere ich mich mehr,Garten habe ich aber nicht. Gundermann kann man als Gewürz benutzen, zu Kartoffelgerichten beispielsweise. Taubnessel als Gemüse, wächst hier überall an den Wegrändern, deshalb sammel ich es nicht.
    Gibt es wirklich Leute die Brennnesseln nicht kennen?

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    1. Ich dachte auch, dass wohl jeder Brennnessel kennt. Das Bild auf der Teepackung beweist das Gegenteil - oder die Packung sollte nur hübsch aussehen, wer weiß...

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  6. Hallo Elke,
    dein Tipp mit dem Mangold ist Gold wert ;-), hab ich doch noch eine schöne Tomatendose im Kellerregal stehen. Lamium mögen die Hummeln in meinem Garten sehr...die kleinen Staudensorten sind immer heiß umschwärmt. Das hohe Lamium im Schatten tut sich etwas schwer - mal schaun, ob es in der nächsten Saison richtig durchstartet. Dein Post ist wieder mal ein Genuss.
    Dir ein schönes Wochenende, Marita

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  7. Gacker! Da hast du ja wieder mal einen Skandal aufgedeckt! Mir wäre das nicht mal aufgefallen, weil ich nicht so genau hinsehe. Die Taubnesseln sind wirklich hübsch.
    Von deinem Mangold wirst du nicht satt werden, so groß wird die nicht mehr. Auch Chinakohl kann man auf diese Weise nochmal hochtreiben, aber nicht viel.

    Sigrun

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  8. Wirklich - diese Mangold-Sache? :) Lamium Album verbreitet und erobert den ganzen Garten! Danke für den Tipp!

    Schönes Wochenende.

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  9. Ich hätte so gerne Taubnesseln in allen Farben. Ich liebe sie.... gerne wächst die Brennessel, die braucht man nicht anpflanzen, die kommt von selber.
    Das es Leute gibt, die Gras nicht von Salat unterscheiden können.... im Grunde wundert es einem nicht. Aber tragisch ist es irgendwie trotzdem
    Herzlichst
    yase

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  10. Liebe Elke,
    das ist ja schon Irreführung, auf der Packung eine andere Pflanze abzubilden. Ich mag die Taubnesseln gerne, weil die Insekten die lieben. Außerdem sind die unkompliziert und wachsen auch an schlechten Plätzen gut. Ich habe sogar eine rote in einem Topf, die jedes Jahr wieder kommt und sehr genügsam ist. Und die Hummeln reissen sich drum.
    lg Johanna

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  11. Schön, jetzt haben die roten Taubnesseln für mich auch mal einen lateinischen Namen. Hier in der Gegend findet man sie häufig und ich hab sie im Januar noch im Garten blühen gesehen.
    Der Grafiker von dm braucht dringend mal einen Kräuterlehrgang....:-)
    LG Sigrun

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  12. Oh, die hübschen Dosen hätte ich auch weiter benutzt. Wirklich hübsch mit dem Mangold und heute wieder was dazugelernt. Schönes WE... Herzlichst Kirsten

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  13. Der kleine Mangold in der Dose sieht einfach bezaubernd aus! Vermutlich wollte man mit der Taubnessel, die Gefühle, die bei Brennnesseln hochkommen geschickt unterdrücken!! Haha...
    Viele Grüße von
    Margit

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  14. Liebe Elke,
    ich habe schon den Brennnessel-Tee flüchtig in DM-Markt gesehen, wurde aber nicht so aufmerksam darauf wie Du. Da kann man nur sagen, dass so was ein Etikettenschwindel ist. Ich sammele Taubnesseln am Wegesrand im Feld bei uns, man kann daraus eine gute Jauche für Gartenpflanzen zubereiten.
    Liebe Grüße
    Loretta

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  15. Ach ja, Taubnesseln … Vor über 30 Jahren aus dem Wald geholt, weil ich sie so gerne mag. Aber sie fühlen sich leider nur bei meiner Mutter an einer kleinen schattigen Mauer wohl. Doch vielleicht bietet nun unser veränderter Garten ihnen bessere Standortbedingungen.
    Bei mir war es im letzten Jahr genau umgekehrt: Brennnesseln begegneten mir bisher so selten, dass ich zunächst gar nicht darauf vorbereitet war, dass die sich in den letzten 2 Jahren bei uns im Brachland breit gemacht hatten. Die waren schon ziemlich umtriebig und ich bin gespannt wann ich die wieder los werde …
    LG Silke

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  16. Liebe Elke,
    Da hat die weiße Taubnessel als Model wohl einfach überzeugt und hat ein Bild auf der Titelseite ergattert.
    Dein Schreibstil ist wirklich erfrischend- obwohl die Themen natürlich in der Tat skandalös sind.
    Lieben Dank für diesen schönen Moment heute morgen!
    Steffi

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  17. Liebe Elke,
    kommen wir noch mal zum Mangold zurück:
    Rupfst du den denn mit der Wurzel aus, bevor du daraus Gemüse kochst?
    Also ich ernte da nur die Blätter, und die Wurzel darf gleich im Beet bleiben, und treibt dann dort wieder weiter, ist manchmal mehrjährig.

    Und ich glaube, wenn man Teeverpackungen genauer ansieht, findet man mehr solche "Ungenauigkeiten" wie bei dem Nessel-Tee...

    Liebe Grüße!

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    1. Da habe ich gemogelt - der Mangold kam aus dem Bioladen, war also schon so zugerichtet. Im Garten würde ich sie nicht ausrupfen.
      VG
      Elke

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  18. Aber auszuzeln, das kann man machen, liebe Elke. Das hast Du als Kind doch sicher auch gemacht, den süßen Nektar aus den weißen Blüten gesaugt, oder? Bei mir im Garten darf sowohl die Taubnessel, aber nicht die invasive, als auch die normale Brennessel (bis zu einem gewissen Maße) ansäßig sein. Die Aktion mit dem Mangold ist mir auch neu; mit Karotten habe ich das mit dem Wasserbad vor einigen Tagen getestet, das funktioniert wunderbar. Vielen Dank für diesen lehrreichen Post. LG sendet Marion

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  19. Liebe Elke,
    bei mir im Garten dürfen alle Lamiumarten wachsen, ich habe auch alle Arten, bis auf die Gelbe Sorte, die fühlt bei uns nicht so richtig wohl.Ich finde es klasse, dass du für die Brennessel eine Lanze brichst. Bei meinen Wildkräuterführungen habe ich stets auf den hohen Stellenwert der Brennessel hingewiesen, als Ablage für Schmetterlingseier, als Raupenfutter für die Schmetterlinge, als Verpuppungort für die Schmetterlinge und nicht zuletzt für uns Menschen, als Süppchen, als Salatbeigabe ( Der Samen). Das Staunen war immer sehr groß, ich sprach auch nie von "Unkraut", sondern stets von Wildkräutern die sie ja auch sind. Vielleicht habe ich ja dazu beitragen können, das schlechte Image der Brennessel zu verbessern.
    Liebe Sonntagsgrüße
    von Edith, der Naturwanderin

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  20. Hallo liebe Elke,
    Der Mangold in der hübschen Dose sieht wirklich sehr schön aus, ich mache es im Garten so wie du schreibst, ich ernte immer nur die Äußeren Blätter und er wächst aus der Mitte nach, so hat man länger was davon. Der Etikettenschwindel ist ja eine Sache, da sieht man mal wieder wieviel Wert auf Äußerlichkeiten und wieviel auf innere Werte gelegt wird aber was will man von der Werbung schon erwarten. Taubnesseln habe ich bisher noch keine im Garten aber da ich dieses Jahr sowieso etwas für die Schmetterlinge tun wollte werde ich mir die Sorten, die du so schön vorgestellt hast. mal genauer ansehen, danke für den Tipp.
    Ganz liebe Grüße saskia

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  21. Liebe Elke,
    da hat wohl eher jemand keine Ahnung gehabt.
    Aber ist schon blöd - dass die Leute dadurch in die Irre
    geführt werden! Dein kleiner Mangold
    sieht ja süß aus :-)
    Ich werd wieder welchen im Garten haben
    und freu mich schon so sehr auf
    die wärmere Zeit!
    Ganz viele liebe Grüße von Urte

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  22. Liebe Elke, mir wäre der Schwindel gar nicht aufgefallen, aber nicht weil ich die echte Brennnessel nicht kenne, sondern weil ich gar nicht so genau geschäut hätte. Ein interessanter Artikel. Wir haben weder noch im Garten.

    LG Kathrin

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  23. Hallo Elke,
    der Mangold wird nach dem Auspflanzen garantiert weiter wachsen. Sei aber nicht enttäuscht, wenn er in ein paar Wochen in Blüte schießt.Im zweiten Jahr macht Mangold das - auch wenn er im Beet überwintert hat.
    Leider hat sich in meinem Garten die Silberblättrige Goldnessel Lamiastrum galeobdolon 'Florentinum' breit gemacht. Ich kämpfe seit Jahren und werde sie nicht ganz los. Lamium purpureum oder auch album wären schön. Aber man kann nicht alles haben. Nicht mal Brennnesseln auf 'ner Packung in der Brennnesseln drin sind.
    Liebe Grüße
    Claudia

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    2. ps: Ich glaube wir können froh sein, dass die das Zitronengras nicht abgebildet haben. Wie hätte das wohl ausgesehen? Grashalm mit gelbem Fruchtbehang?

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  24. Das passt ja prima, wo ich mich dieses Jahr erstmals an Mangold im Kleingarten trauen will :-)! Wirklich sehr dekorativ, und darum wird es mir im Gemüsebeet a u c h gehen, denn eigentlich sind eher Zierpflanzen und Kräuter meins...
    liebe Grüße,
    Corinna

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  25. Jetzt bin ich in die Vergangenheit gelangt, liebe Elke, auf meiner Suche nach der Taubnessel.

    Den Mangold hatte ich auch länger stehen, nur den Winter hatte er nicht überlebt. Bei mir wächst nämlich weiße Taubnessel im Verein mit dem Echten Steinsame. Ob das so bleiben kann, weiß ich wirklich nicht. Die Goldnessel mit den panaschierten Blättern soll jedenfalls wie verrückt wuchern, das will ich auf keinen Fall, dass die Taubnesseln in diesem Beet den Steinsame überwuchern. Aber vereinzelt dürfen sie da gerne mal bleiben. Weiß macht sich mit Blau doch recht gut.

    https://mein-waldgarten.blogspot.com/2019/04/im-regenschweren-garten.html

    Ich mag die Taubnessel schon deshalb, weil sie eine Heilpflanze ist, und ich ernte die Blüten für Tee. Im eigenen Garten ist das am sichersten! Seit man im Wald vor Giften auch nicht mehr sicher sein kann!

    Aber die lila Taubnessel verbreitet sich in meinem Garten zu stark, daher rupfe ich sie an einigen Sellen wieder raus.

    Liebe Grüße
    Sara

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