Samstag, 26. Juli 2025

Wer könnte da widerstehen?

Letzten Samstag war ich zum Flanieren im Park der Gärten in Bad Zwischenahn verabredet. Der ist ja wie eine Gartenschau mit ganz vielen kleinen Mustergärten und größeren Teilen dazwischen, ähnlich wie die Gärten von Appeltern.

Wir waren aber schon am Freitag Morgen angereist und haben auf dem Wohnmobilstellplatz direkt am Park übernachtet. Aber kann man als Pflanzenbegeisterte denn allen Ernstes bis zum nächsten Tag warten, wenn die Verlockung so nah liegt?

Ich bin dann also schon mal vorsichtig um den Park herumgeschlichen und habe über die Zäune geschaut. Und dann auf die Preisliste. Aha, eine Tageskarte kostet 14 Euro, die Abendkarte ab 16 Uhr nur noch 9! Damit war das geklärt - je besser das Licht zum Fotografieren, umso kleiner der Preis. Da konnte ich nun wirklich nicht mehr widerstehen, denn am nächsten Tag, wenn der Park um 9:30 aufmacht, wäre das Licht stetig greller, die Schatten kürzer geworden und die Blüten wären flach von oben herab beleuchtet worden, man hätte sich sehr sputen müssen. Abends aber wird alles immer schöner, je flacher die Sonne steht.

Also bin ich um 17 Uhr in den Park und habe etwa 2,5 Stunden fotografiert. So war es an manchen Stellen schon menschenleer und am nächsten Tag konnte ich mich besser auf die Verabredung konzentrieren, weil ich die meisten Szenen schon am Vorabend abgefrühstückt hatte. Na gut, nicht alles, die Wegwarte hatte schon lange Feierabend, die musste ich morgens noch mal besuchen, als die Blüten noch geöffnet hatten. Auch die Bilder vom Aussichtsturm habe ich vormittags gemacht.

Ich finde ja sowieso, dass solche Parks und Gartenschauen von Mai an immer prächtiger werden und selbst im Herbst noch herrlich aussehen. Dafür sieht man im Frühling die Konturen der Gärten und Gehölze besser. Aber ich liebe einfach das Überbordende, die Blütenfülle und die vielen Insekten.

Besonders hatte es mir der bäuerliche Nutzgarten angetan. Der war voll schöner Ideen, dekorativer Kräuter und Gemüsesorten. Allein schon der mit Tontöpfen dekorierte Holzzaun ist ein Hingucker. An den Staudenwicken hielten sich gleich 5 Zitronenfalter auf.



Tunnel gegen die Lauch- und Möhrenfliege - wie ein Gartengespenst:


Wer braucht schon Hosta, wenn es Breit-Wegerich in schönen Sorten gibt? Völlig schneckenfest noch dazu:


Apropos Schnecken und Hosta: Im Park der Gärten wird auch nur mit Wasser gekocht, Löcher in den Stauden sind dort öfter mal zu sehen. Aber Monstera finden wir ja schön, warum nicht diese angefressenen Funkien?


Dass auch Stockrosen gefuttert werden, war mir allerdings neu:



Überall im Park finden sich Sitzplätze, es gibt sonnige und schattige Rückzugsorte für jeden Geschmack:


In vielen Mustergärten entdeckt man Dekoratives. In diesem hat es das Totholz nicht nur in die Beete, sondern auch bis auf den Tisch geschafft:


Hier dagegen wurde der Tisch einfach bepflanzt. Wie man sieht, hat er eine Wanne unter der Tischplatte verbaut, so haben die Kräuter genug Erde:


Überall Ein- und Durchblicke in interessante Gärten:







Es gibt auch größere Rasenflächen, die von Beeten mit Einjährigen oder Stauden-Gehölz-Kombinationen aufgelockert werden:






Hortensien dürfen in Nordeutschland nicht fehlen, obwohl sie nicht zu meinen Lieblingspflanzen zählen. Den Rhododendronpark habe ich auch ausgespart, muss ich gestehen.


Eine tolle Kombination europäischer und nordamerikanischer Stauden wie Lythrum virgatum, Lythrum salicariaEryngium und Echinacea pallida





Echinacea pallida finde ich mit seinem Schlabberlook ja irgendwie viel schöner als Echinacea purpurea (links).



Eine traumhafte Kombination aus Wiesen-Storchschnabel und Großer Sterndolde:



Eryngium mit Blauraute:


Puh, für manche Mustergärten braucht man aber richtig viel Platz und einen Hang dazu. Dafür kann man dann schwimmen:



Die wilden Gärten gefielen mir am besten. Ich frage mich, warum diese elendlangen Wiesenrauten so viel besser standhaft bleiben als meine Gelbe Wiesenraute?


Den Großen Odermennig habe ich auch im Garten, aber in Massen und mit mehr Sonne wirkt er doch viel besser:



Diese Lilien hatten es mir angetan - mit Brutzwiebeln behangen wie ein Christbaum und auch in Knospe schon der Hit. Ich nehme an, es ist Lilium lancifolium var. splendens, die Tiger-Lilie:

Mit noch mehr Eindrücken aus dem Bauerngarten möchte ich den Rundgang durch den Park der Gärten beenden. Ich hoffe, er hat euch gefallen.







Samstag, 19. Juli 2025

Der coole Jäger aus Übersee

Er ist das Neozoon der Herzen. Keiner scheint dem blinden Passagier aus Nordamerika böse zu sein, dass er auf dunklen Wegen nach Südfrankreich verschifft wurde von dort aus Europa besiedelt hat. Seit 1998 ist er mittlerweile auch in Deutschland zu Hause. 25 Jahre hat es immerhin gedauert, bis er Hamburg erreicht hat, Klimawandel sei Dank? Warum regt sich keiner über so eine Invasion auf? Die Asiatische Hornisse hat es da deutlich schwerer. Vielleicht liegt es an des Einwanderers schicker Wespentaille oder überhaupt seinem lässigen Aussehen: Wo andere eine Sonnenbrille tragen, um cool auszusehen, hat er sich die Flügel dunkel getönt: Die Rede ist vom Stahlblauen Grillenjäger (Isodontia mexicana).

Der Name klingt ja auch schon wie ein Comic-Held - der Rächer der angeknabberten Pflanze, der Heuschrecken und Grillen fängt und als Larvennahrung in irgendwelche Hohlräume, gern in Bienenhotels, stopft. Dabei verschließt er die Nistkammern mit Grashalmen, die weit und unordentlich aus der Öffnung hinausragen, womit er seine Anwesenheit so deutlich verrät, als hätte er "Mexican grass-carrying wasp was here" an die nächste Hauswand gesprüht. Zum Rasenmähen kann man ihn trotzdem nicht einspannen.

Auch ich wollte diese Sagengestalt immer unbedingt leibhaftig sehen - er war für mich das Einhorn unter den Grabwespen. Kurz habe ich ihn auf der Bundesgartenschau Heilbronn gesehen, zumindest sein Markenzeichen, die Grashalme.


Aber die Wespe selbst blieb mir verborgen. Bis 2024, als ich ein Exemplar in der Stadt auf einer Wilden Möhre sah und fotografieren konnte.







Doch dieses Jahr scheint das Jahr des Stahlblauen Grillenjägers zu sein. Wäre er ein Sternzeichen, hätte er jetzt Saison: Auf einmal ist er überall in Bielefeld präsent.

Letztes Wochenende fand ich sogar drei Jäger gleichzeitig beim Rundlauf auf einer Lauchblüte.

Sie haben inzwischen meinen Garten mit ihrer Anwesenheit beehrt und die Blüten der Wald-Engelwurz besucht. Die schlanke Grabwespe ist nämlich eine überaus eifrige Blütenbesucherin und liebt auch Goldrute und Mannstreu.

Komischerweise ist dem Grillenjäger keiner böse. Angeblich gefährdet er die Bestände von Heuschrecken nicht und wird sogar selbst, trotz seines Migrationshintergrundes, von einigen Parasiten heimgesucht. Oder liegt die Toleranz doch nur daran, dass er so überaus cool ist?

Noch mehr über seine Lebensweise und tolle Bilder gibt es bei Dr. Paul Westrich zu sehen. Er hat auch beobachtet, dass die Art ausgerechnet mit einem anderen Neozoon, der Asiatischen Mörtelbiene, um den Nistplatz konkurriert. Die ist übrigens die nächste Sagengestalt, die ich unbedingt noch sehen muss...