Samstag, 23. Oktober 2010

Grüne Gäste

Hand auf's Herz - habt ihr schon mal Zimmerpflanzen umgebracht?
Also, so richtig mit voller Absicht und im Vollbesitz eurer geistigen Kräfte?
Nicht ganz aus Versehen zu Tode gegossen, sondern weil sie nicht mehr blühten, schief gewachsen waren oder kaum noch Blätter hatten?
Ich gebe zu, auch ich bin schuldig, habe ich doch mal eine selbstgezogene Avokado, die völlig von Schildläusen verseucht war, auf die feigste Art, die man sich vorstellen kann, ins Jenseits befördert: Ich habe mir noch nicht mal selbst die Hände schmutzig gemacht, sondern Väterchen Frost hinterhältig die Drecksarbeit machen lassen.
Ich hatte ja so eine Ahnung, dass die Avokado dank der Parasiten nicht mehr lang leben wird. Eine kalte Nacht und es war wirklich so. Quod errat demonstrandum - wie gemein.

Ähnlich unbeteiligt könnte man sich nur noch am Tod der Pflanze durch eine befreundete Ziege vorkommen.

Aber so richtig gut fühlt man sich nicht nach dem Beseitigen von unschuldigem Grünzeug. Die Gewissensbisse sind nicht zu leugnen.

Bei Gartenpflanzen ist die Lage ein bisschen anders - da kommt das Unheil oft genug in Form von höherer Gewalt wie Sturm, Hallimasch oder Wühlmäusen. Da kann man dann wirklich nichts für, das passiert eben.
Bei Zimmerpflanzen aber hat man die Bedingungen weitestgehend unter Kontrolle und sollte Herr der Lage bleiben - sofern Frau Katze nicht wieder über Nacht eine ganze Grünlilie dem Erdboden gleichmacht oder die Dracaena bis zur Unkenntlichkeit beknabbert (da kann sie noch so unschuldig gucken).


In Münster und andernorts gibt es eine elegante Lösung, ungeliebte Botanik loszuwerden, ohne sie gleich umzubringen: Die Pflanzenklappe. Dort kann man anonym seine Problemfälle abgeben.
Gebeuteltes Grün wird dann wieder fachmännisch aufgepäppelt und anschließend zur Adoption freigegeben.
Bei botanoadopt.org kann man sich über die Anwärter informieren, mit den Pflegeeltern Kontakt aufnehmen und seinen neuen Mitbewohner schließlich mit nach Hause nehmen.
Wenn man selbst eine Pflanze besitzt, die sich zu einem einnehmenden Wesen entwickelt hat, kann man dort auch ein Adoptionsangebot aufgeben.

Eine tolle Idee, wie ich finde. Nicht nur werden gequälte Zimmerpflanzen vor dem Tode bewahrt, sondern man erhält darüberhinaus die Möglichkeit, eine Pflanze mit Persönlichkeit gratis zu bekommen (gratis ist hier allerdings der falsche Ausdruck, denn wie im Projekt ausdrücklich betont wird, besitzt man sie nicht wirklich, sondern erhält nur einen grünen Gast).

Um die Entscheidung zu erleichtern, haben die Pfleglinge einen witzigen Namen bekommen und eine lustige Geschichte zu ihrem Werdegang.
Allein das zu lesen macht schon einen Heidenspaß und weckt Sympathie für die Betreiber des Projekts wie für die Pflanzen gleichermaßen. Unvergessen sind zum Beispiel die legendären Chilibrothers.

Grünzeug mit Namen gibt man doch auch nie wieder her, geschweige denn, dass man so eine Persönlichkeit bei Nacht und Nebel draußen erfrieren lässt, oder?

Mein liebster grüner Mitbewohner ist zwar nicht adoptiert, aber immerhin ein Geschenk gewesen, als am Ende eines Gewinnspiel im Palmengarten Frankfurt noch zu viel Gewinn übrig war. Weil ich ein bisschen beim Aufbau des Standes geholfen hatte, durfte ich mir einen der Preise, eine Kaffeepflanze (Coffea arabica), aussuchen.

Hier ist er also: Tom Bohnen, der Kaffeestrauch.


Geboren und aufgewachsen in Frankfurt am Main, lebt er seit nunmehr vier Jahren in Ostwestfalen.
Er ist schon mächtig groß geworden und wohnt in seinem zweiten Topf.
Weil er ein stadtbekannter Quartalssäufer ist, hat er einen Corona-Bier-Übertopf bekommen - ein Werbegeschenk.
Tom Bohnen ist die einzige mir bekannte Pflanze, die beim Anblick von Kokosnusssubstrat nicht die Wurzeln kräuselt, sondern alles mit einem Blattachselzucken hinnimmt und sogar noch prächtig darin gedeiht.

Er ist verträglich mit Katzen, verbringt den Sommer am liebsten draußen auf der Terrasse im Schatten und schaut gerne Radrennen, um sein Idol Tom Boonen zu bewundern.
Im Winter freut er sich über eine gelegentliche Dusche und mag keine Heizungsluft.
Er ist sehr ehrgeizig und arbeitet an seinem ersten Weltmeistertitel im Dauer-Grünsein.
Das Grüne Trikot hat er ja schon.

Dieses Jahr hat er viele Kaffeebohnen angesetzt und wir hoffen sehr auf baldigen Kaffeebaum-Nachwuchs.

Wer sind eure Lieblingszimmerpflanzen? Habt ihr vielleicht auch eine spektakuläre Mülltonnenrettung miterlebt und die weggworfene Pflanze anschließend aufgepäppelt?
Dann stellt sie doch einmal vor und erzählt ihre Geschichte. Ich bin gespannt, welche grünen Gäste eure Lieblinge sind!

12 Kommentare:

  1. Hallo Elke.
    Habe ich ja noch nie gehört eine Pflanzenklappe.Finde ich gut und wenn das bewußte Pflänzchen dann in einem Garten kommt und mit viel Liebe aufgepäppelt wird und es dann gedeit.Ist ne feine Sache.
    Dein Kaffeebaum ist ja eine Pracht ein schönes Bäumchen.Deine Mietze mag wohl Grünzeug oder vielleicht nur zum spielen,hübsch ist sie ja deine Mietze.
    Wünsche dir ein schönes Wochenende liebe Elke.
    Sei lieb gegrüßt von Jana


    Bei mir gedeien keine Orchideen alle verlausen nach einer gewissen Zeit.Und dann kommen sie in den Müll.Leider. Scheinbar haben sie den falschen Platz auf der Küchenfensterbank.

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  2. Eine Pflanzenklappe? *kicher*
    Ich habe die Grünpflanzensucht unter Kontrolle. Grüne Gäste die ich loswerden will, schwatze ich einfach unserem nächsten Besuch auf. Auch das "ach herrje, das Schnittgut kann ich doch nicht einfach fortwerfen, daraus kann ich Stecklinge machen..."
    hab ich inzwischen unter Kontrolle und werfe Schnittgut fort, statt im Wasserglas bewurzeln zu lassen.
    Grüne Grüsse Carmen (auf meinem Pult stehen derzeit eine Orchidee, 1 Zamioculcas, 1 Aralie ...das nenn ich alles unter Kontrolle zu haben *grins*

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  3. ... was es nicht alles gibt! Find` ich ja TOLL! ;)

    Deine Bilder vom Alpenveilchennachwuchs, habe ich gemacht, die Poste ich dann demnächst. ;)

    Hm, muß mal meine grünen Schützlinge anschauen, ob da eine "Rettung" bei war.
    Aber ansonsten, halte ich es auch so, das ich erst alles versuche, bevor eine Pflanze entsorgt wird.

    LG,
    Pupe

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  4. Ich liebe meinen Garten und die vielen Pflanzen darin... aber Zimmerpflanzen sind so gar nicht mein Ding... meist aufgepäppelt mit drei Blättern dran... werden die Teile in Reih und Glied auf die Fensterbank verfrachtet um dann ihr nährstoffarmes Leben im Topf zu fristen...ohne Wert für das Raumdesingn... aber dafür mit dem ureigensten Bewusstsein etwas gutes an der Pflanze (Natur) vollbracht zu haben... dennoch... auch ich habe einige Prachtexemplare und einer davon hat sogar eine Aufpäppelgeschichte. Ein Gummibaum mit ursprünglich drei Blättern...30cm hoch,:-) den ich vor (oh mein Gott...) fast zwanzig Jahren vor der Mülltonne gerettet habe ... nun ist er Zimmerhoch und strebt tapfer gen oberen Nachbar. Viele Grüße Annette

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  5. Öhm, Elke, sag mal... bist Du im Nebenjob Hellseherin?! Mädel, musst Du gerade jetzt mir ein schlechtes Gewissen machen? Ich habe nämlich gestern kaltblütig gemeuchelt. In unserem "Ankleidezimmer" wuchs seit 7 Jahren ein Monster heran. Ich weiss nicht mal wie es richtig heisst und wohlweislich habe ich mich gehütet ihm einen Namen zu verpassen... denn ist man erst Mal per Du und Du, hat man auch gewisse Hemmungen. Naja, das Teil war praktisch von Anfang an völlig unförmig und viel zu gross für den Raum. Aber eben 7 Jahre lang konnte ich es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, das Grünvieh um die Ecke zu bringen. Bis auf gestern. Ich musste nämlich für mein Schränkchen mit Geschichte auch ne Unterkunft finden und GG wollte den "alten Ramsch aus Second-Hand" einfach nirgendwo stehen haben... bis ihm meine Umstellung des Ankleidezimmers mit Schränkchen aber ohne Grünvieh gefiel. Du siehst, ich bin also an dem unverhofften Todesfall nicht alleine beteiligt... ich hatte einen Helfershelfer. Ich hab das Monster also erstmal auf die Terrasse gestellt, fand dann aber den langsam quälenden Tod durch den Frost doch etwas fies und habe dann kaltblütig und wie beim Film "Fargo" zum Häcksler gegriffen. Weg war er... sauber, kurz und naja nicht ganz schmerzlos. Und das schlechte Gewissen nagt nun seither an mir und da schreibst Du, liebe Bloggerfreundin, diesen Beitrag. Ja, wahrlich wer solche Freunde hat....
    Kicher, hab mich köstlich über Deinen Text amüsiert und die Pflanzenklappe ist ne super Idee. Gäb's hier sowas wären meine Hände nicht mit grünem Blut befleckt.
    Liebe Grüsse
    Alex

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  6. ... kommst Du gucken?! :) Ich habe den Post zum Alpenveilchennachwuchs gepostet.

    LG,
    Pupe

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  7. Danke für das große Vergnügen beim Lesen dieses Textes! Tom Bohnen hat ja wirklich einen schönen Platz bei dir gefunden, hoffentlich sind die Chili-Brothers auch gut untergekommen.
    Die Idee samt Umsetzung ist genial!
    Liebe Grüße, Margit

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  8. Hallo
    früher hatte ich Unmengen an Zimmerpflanzen.....aber seit ich einen Garten habe sind auch meine Exemplare alle eingegangen....allerdings ohne Absicht......also kein schlechtes Gewissen....
    Grüne Grüße Sandra

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  9. Danke, für deine schönen Texte, immer ein Vergnügen! Tja, auch meine "Hauspflanzen" verbringen den Sommer im Garten und ich habe jetzt das leidige Problem sie wieder ins Haus zu holen und einen passenden Platz zu finden. LG Sibylle

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  10. Ich habe mal eine fürchterliche, verwachsene Palme beim Umzug auf dem Sperrmüll entsorgt. Ich habe heute noch ein schlechtes Gewissen deshalb. Hoffentlich hat sie jemand mitgenommen!

    Als bekennende Zimmerpflanzenhasserin habe ich mir danach aber auch nie wieder Grünzeug für die Wohnung besorgt. Im Winter mal ein Pott Basilikum und im Frühling die vorgezogenen Blumen- und Gemüsepflanzen - das reicht ^^
    Viele Grüße, das Gartenmädchen

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  11. Danke für dein Lob auf ungeliebte Zimmerpflanzen!!
    eine Allergie auf Pilze hat da bei mir noch nachgeholen alles auf den Komost zu werfen und es befreit total!!
    nur die Amaylis dufte überleben, da sie es gerne trocken hat
    Frauke

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  12. Liebe Elke, ein toller Blog hast du, mit vielen wertvollen Tipps und Ideen! Vielen Dank deinem Kommentar bei mir. Ich schaue und lese mal bißchen bei Dir weiter. Liebe Grüße Éva

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