Mittwoch, 9. Juli 2014

Rankender Kabelsalat

Wie so viele technische Meisterleistungen werden auch die guten alten Telefonschüre wohl bald nur noch in Museen zu finden sein. Kabellos ist die Zukunft und so verschwindet eine wundervolle Spielerei. Zu gern habe ich früher beim Telefonieren die gelockten Schnüre um den Finger gewickelt, sie lang gezogen und wieder zurückschnellen lassen. Sie waren ja so flexibel! Irgendwann nach langer Beanspruchung bildete sich so mancher Fehler im perfekten Kringelkabel, aber das war egal - elastisch waren sie im Großen und Ganzen immer noch. Doch wie die Wählscheibe sieht man die Telefonschüre immer seltener.

Und wer hat's erfunden? Ich habe da ja einen Verdacht, und der wächst in meinem Garten: Die Rotfrüchtige Zaunrübe (Bryonia dioica). Wie man sieht, schafft sie eine täuschend echte Nachbildung von Telefonschnüren, sogar inklusive kleiner Unregelmäßigkeiten und Kabelsalat!

Von vielen ist diese kletternde Staude als Unkraut gefürchtet, das sich gerne von allein im Garten ansiedelt. Trotzdem konnte ich mal wieder nicht hören und habe eine in die Hundsrose ranken lassen, weil ich so gerne die Zaunrüben-Sandbiene (Andrena florea) sehen wollte. Auch den Zaunrüben-Marienkäfer (Henosepilachna argus) hätte ich gern einmal zu Gast gehabt, der sich vom Laub ernährt.



Die Zaunrübe in andere Pflanzen ranken zu lassen, war wirklich keine überragend gute Idee von mir, denn genau das tut sie mit den Jahren: Sie überragt andere Gewächse locker. Selbst ganz oben im Zierapfel ist sie schon angekommen. An Zäunen oder Gittern aber kann sie äußerst kleidsam sein und ist auch leichter zu bändigen.



Bryonia dioica ist zweihäusig, das heißt, es gibt männliche und weibliche Exemplare. Ich habe ein Männchen erwischt, das für die Bienen ganz besonders viel Pollen bereit hält. Die Weibchen produzieren dafür wunderschöne rote Beeren, die gern von Sumpfmeisen gefressen werden.

Ob Mann oder Weib - die lustigen Telefonschnüre haben beide. Mit denen halten sie sich ganz flexibel an anderen Pflanzen fest. Sie sind erst grün, später vertrocknen sie, funktionieren dann aber immer noch leidlich gut.

Im August zieht die ganze Pflanze ein und man kann sie komplett abschneiden, zumindest wenn es ein Männchen ist und man keine schönen Beeren eliminiert.

Durch Zufall habe ich nun eine weitere brauchbare Eigenschaft dieser Ranken herausgefunden: Sie lassen sich als Bindedraht verwenden! Wir kennen es alle: Um Pflanzen anzubinden und zu bändigen, braucht man Schnüre. Doch nie hat man gerade die passende Schere zu Hand, um die Bänder von der Rolle zu schneiden. Mit der Rosenschere geht es nämlich nicht besonders gut. Später dann hängen die Fäden dumm herum und man hat Glück, wenn sie zur kompostierbaren Variante gehören.

Das wäre mit den Zaunrübenschnüren geklärt: Sie verrotten irgendwann von ganz allein, sind aber vorher leicht mit der Gartenschere zu durchtrennen. Noch dazu sind sie fantastisch elastisch: Problemlos lässt sich sogar ein Doppelknoten knüpfen, ohne dass die Ranke reißt.

Jetzt im Juli kämpfe ich nämlich immerfort gegen die Wicken am Rosenbogen an, die ich ständig anbinden und zusammenhalten muss. Gleichzeitig fangen die ersten Zaunrübenzweige an zu vergilben - perfektes Timing!

Da haben wir's: Die Zaurüben haben nicht nur die Telefonschnüre, sondern auch noch den Bindedraht gleich mit erfunden! Ich finde, da hat sich das alte Unkraut aber einen dicken Applaus verdient!

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Das Bild hier ist für Bärbel, die mir dieses schöne Mutterkraut geschickt hat:


17 Kommentare:

  1. Liebe Elke,
    die hab ich! Das war mein erster Gedanke, bei deinem allerersten Bild! (Die Zaunrübe, nicht die Telefonschnur!) Und netterweise hat sie sich auch ganz in der Nähe eines Rankgitters angesät, das heißt, ich kann sie da nach Herzenslust nach oben wachsen lassen... :). Schön!

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  2. Ja, liebe Elke, und ich habe noch so eine Telefonschnur - zwar keine Wählscheibe, sondern eine Tastatur. Ich weigere mich auch hartnäckig dagegen, mir ein anderes Telefon zuzulegen.

    Deine Zaunrübe ist ja ein interessantes Gewächs und anscheinen vielseitig verwendbar. Ich finde das ja immer äußerst spaßig, wenn diese Haftarme so einfach um etwas rumwickeln. Manchmal sogar die Blätter wie z. B. der Clematis. Dann frage ich mich immer, woher die das wissen, dass sie das so machen müssen.

    Liebe Grüße
    Jutta

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  3. Wie schön, ich liebe diese "Schnürdel" auch, die Elastizität ist toll und manche Gleichmäßigkeit im "Design" lässt wirklich staunen. Für Wildbienen und Käferchen pflanze ich auch so manches in den Garten; diese Zaunrübe, von der ich noch nie gehört habe, würde mir auch gefallen, nur habe ich schon mein eigenes (Un)Kraut, das alles überwächst, wenn man gerade mal nicht hinschaut, die Ackerwinde.
    Schöne Bilder!
    Viele Grüße
    Doris

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  4. Tolle Bilder,tolles Kraut!!Ich wusste gar nicht,dass es da sogar Insekten-Spezialisten für gibt...Hat die nicht eine ganz dicke Wurzel,aus der sie immer wieder kommt?LGKatja

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    1. Ja, genau, die Rübenwurzel soll Gerüchten zufolge irgendwann nur noch mit der Schubkarre zu transportieren sein..

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  5. Wohl wahr!! Aus dieser Ecke hab ich das auch noch nie gesehen, danke:-)

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  6. Hallo Elke,
    also ich muss schon sagen, die Zaunrübe sieht richtig dekorativ aus, zumindest auf Deinen schönen Fotos! Diese Kringel erinnern wirklich an alte Telefonschnüre (meine Mutter hat übrigens noch so ein Telefon). Bei so viel Erfindungsgeist hat es sich in der Tat einen großen Applaus verdient!

    Vielen Dank für die Bilder vom Mutterkraut! Schön, dass es sich bei Dir so gut gemacht hat! Es ist übrigens meine "ungefüllte" Sorte (auch wenn es ein wenig gefüllt ist), das ganz gefüllte hat weiße Pomponblüten und überhaupt kein Gelb in der Mitte. Bin gespannt, ob es sich bei Dir auch so reichlich aussät!

    Liebe Grüße, Bärbel

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  7. Oh, die kenn ich noch nicht. Aber die Telefonkabelschnüre mag ich eh total. Ob jetzt am Wein, den Erbsen, Gurken, Melone... Heut hab ich die erste Lage Erbsen rausgerissen, hat mir fast ein bisschen weh getan, so schöne Pflanzen ;)

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  8. Hallo Elke, fantastische Bilder! Allerdings bin ich im Moment eher vorsichtig mit rankenden Pflanzen, denn wir haben extrem viele Winden im Garten, die, wenn sie könnten alles über wuchern würden.

    Zu Deiner Frage, die Dahlien haben teilweise bereits Knospen angesetzt, die Falls blüht wunderschön, die Gladiolen und Riesenhyazinthen zeigen bislang nur Blätter.

    LG kathrin

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  9. Hallo Elke
    Geniale Fotos von dem Kabelsalat! :o) Grins, musste ja lachen, als ich das gelesen habe von wegen dem Bindedraht, denn gerade heute, habe ich eine lästige Winde dazu verdonnert, zwei Pfosten zusammenzuhalten ... und es scheint zu klappen. :o). Bin gespannt, wie lange es hält. Das Mutterkraut ist hammermässig schön... hmm, ich glaube, das muss ich bei mir auch noch ansiedeln.
    En liebe Gruess
    Alex

    P.S.: Keine Bange, die Spatzenschar wird auch bei mir mit Futter bestochen. In zwei Tagen leeren sie jeweils ein ganzes Futterhäuschen *seufz* ... die fressen mir noch alle Haare vom Kopf :o)

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  10. Liebe Elke,
    eine interessante Pflanze :-)
    Aber Kabelsalat habe ich in der Arbeit an meinem Telefon immer noch :-)
    Ich schaffe es immer wieder ein wildes Knäul zu erhalten :-)
    Das Mutterkraut ist ja wunderschön - so gefüllt!
    Ganz viele liebe sonnige Sonntagsgrüße
    sendet dir die Urte :-)

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  11. Elke, du kennst immer irgendwie alles, was sonst keiner kennt - kannst du mir weiterhelfen, was das sein könnte (oder vielleicht einer deiner Leser)?
    http://intuitivebags.blogspot.de/2014/07/wasndas.html

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  12. Das ist mal eine nette Idee, die Kabel zu benutzen; ich habe sie gestern erfolgreich in die Tat umgesetzt und war erstaunt über die Elastizität und Festigkeit. Vielen Dank für diesen Tipp!
    Ulla

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    1. Hallo Ulla,
      ach, das ist ja schön, dass du es gleich ausprobiert hast!
      Ich war auch ganz verblüfft, dass die Ranken nicht reißen.
      VG
      Elke

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  13. Liebe Elke,
    über Christel von Pomponetti habe ich Deinen Blog entdeckt und gleich ganz viel dazugelernt (bin jetzt auf der Suche nach einer Zaunrübe). Auch unser Garten wurde allmählich zu klein, aber jetzt haben wir 2,5 Hektar auf dem Land dazu, das Thema "Günstig gärtnern" ist also hochaktuell und ich werde mich so langsam durch Deinen wunderbaren Blog lesen. Danke für die schönen Bilder und die guten Infos!
    Sarah

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  14. Die Zaunrübe habe ich auch schon gepostet, liebe Elke - sie wächst an einigen Stellen unserer Stadt, nur nicht bei uns in unserem Garten. Und ich will sie auch nicht haben, so interessant sie aussieht!

    http://mein-waldgarten.blogspot.de/search?q=zaunr%C3%BCbe

    Ich glaube, Silke suchte, glaube ich, noch Zaunrüben. Aber von ihr hört man im Moment leider nichts mehr.

    Liebe Grüße auch hier
    Sara

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  15. Liebe Elke,
    welch wunderschöner Post über die vielbegabte Zaunrübe *schmach*
    Eigentlich hat die Natur doch alles im Handgepäck dabei und wir armen Menschlein meinen, wir müssten immer mit schwerem Gerät aufwarten *tsss
    gaaaanz <3lichst grüßend Renate ;o)

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