Sonntag, 20. Februar 2011

Das Parfum II - Fluch der Karibik

Hatte ich neulich noch den Bogenhanf als natürliches Raumparfum empfohlen, musste ich jetzt feststellen, dass es eine höllische Steigerung gibt. Und die ist im wahrsten Sinne atemberaubend.

Sansevieria ist das reinste Waisenkind gegenüber dem größten Stinker aller Zeiten.
Was jetzt kommt, ist nichts für schwache Nerven!

Diese Pflanze ist kein Raumparfum, nein, wir wollen mal nicht untertreiben - sie wäre vermutlich in der Lage, unten im Kölner Dom aufgestellt, dafür zu sorgen, dass noch der Glöckner ganz oben ohnmächtig wird!

Mit Dracaena fragrans kann sich niemand messen.
Diesen Angriff auf die Riechzellen muss man selbst erlebt haben, um das zu glauben.

Dabei fing alles ganz harmlos an: In unserem Büro befinden sich drei dieser großen Drachenbäume in ein und derselben Hydrokultur. Sie sind in etwa gleich alt, gleich groß und setzten wie abgesprochen zur gleichen Zeit Blüten an.


Was für eine Freude! Da kommt der Hobbybotaniker doch gleich viel lieber zur Arbeit!

Aber das infernalische Trio ließ sich Zeit. Gemächlich über Wochen wuchsen die Blütenstände heran und vom vielgerühmten Duft keine Spur. Welche große Enttäuschung - sollten diese etwa duftlos sein?


Nein, sie waren es nicht. Als sich die ersten Blüten öffneten, entströmte ihnen endlich ein bezaubernder Wohlgeruch - schwer, süßlich und mit dem Aroma einer schwülen Tropennacht.

 
Etwas Bemerkenswertes ließ sich feststellen: Die drei Grazien schienen irgendeiner obskuren Pflanzengewerkschaft anzugehören, öffneten sie ihre Blüten doch erst um 15.30 Uhr herum.
Morgens war der ganze Spuk vorbei, die am Tag vorher geöffneten Blüten schon wieder vertrocknet.
Der Duft aber blieb.

Die Kundschaft dieser Pflanze müssen Gestalten der Finsternis sein - Nachtfalter oder Fledergetier.

Am nächsten Tag waren es noch mehr Blüten, aber da das ein Freitag war, bekam ich von dem Spektakel nicht mehr allzu viel mit. Am Montagmorgen, es war Valentinstag, konnte ich erste Duftschwaden schon beim Betreten der Büroetage feststellen - etliche Meter von der Quelle entfernt! Die Pflanzen hatten offenbar am Wochenende ordentlich einen drauf gemacht.

Das war jetzt doch ein bisschen zuviel des Guten.
Wer auch immer diese Art fragrans benannt hat - vielleicht wäre foetida doch passender gewesen?
Diese Pflanze sollte nur mit Warnhinweisen verkauft werden!
Während die Frauen den Geruch einigermaßen ertrugen, drohten die Männer mit Zwangskastration der potenten Bäume. Scheren wurden geholt und Messer gewetzt, doch wir warfen uns schützend vor unsere Dracaenas. Schließlich hatten sie in acht Jahren nicht ein einziges Mal geblüht, wer würde denn da jetzt so kleinlich sein?
Sollte man ihnen nicht einmal im Leben diese Zurschaustellung ihrer Vermehrungsfreude gönnen?

Am späten Nachmittag (es muss gegen 15:30 Uhr gewesen sein) klagte der erste Kollege über Kopfschmerzen.
Lüften brachte nur kurz Erleichterung - prompt nach dem Schließen der Luken war die olfaktorische Belästigung wieder da als wäre nichts gewesen.
Nun war der Zeitpunkt auch denkbar schlecht gewählt - im Winter Dauerlüften ist keine gute Idee.
Ersticken oder Erfrieren - da hat man die Wahl zwischen Pest und Cholera.

Also wurde der ganze Hydrokulturcontainer vor das Büro verfrachtet und die Tür geschlossen.
Der Duft aber blieb.
Jetzt war er zwar auszuhalten, aber dennoch deutlich wahrnehmbar.

Außerhalb des geschlossenen Raumes witterten die Bäume nun Morgenluft und dehnten ihren Einflussbereich gleich mal auf die ganze Etage aus.

Zur Strafe wurden sie daraufhin ins Treppenhaus verbannt.
Der Duft aber blieb.
Wie ein Mahnmal schwebte der Geruch genau über dem Platz, wo der Topf gestanden hatte. Die Exilanten wussten offenbar, wie man einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Das Schauspiel ging tagelang so weiter, mit dem Unterschied, dass man nun schon beim morgentlichen Betreten des Gebäudes die im vierten Stock lauernden Blütenmonster riechen konnte. Nach etwa einer Woche war dann aber schließlich auch die allerletzte Blüte dahin. Da der Blütenstand nicht besonders selbstreinigend ist, sieht er mit den anhaftenden vertrockneten Blüten nach einiger Zeit sehr schäbig aus.

Harzen tun sie außerdem:


Daher wurden die Blütenstände entfernt und die Geschwister Fürchterlich durften endlich zurück an ihren alten Platz.

Der Duft aber blieb. Da hilft wohl nur renovieren...

Trotz allem - sollten die Duftbäume in absehbarer Zeit wieder einnmal gekappt werden müssen, weil sie sonst an die Zimmerdecke stoßen, werde ich Stecklinge ziehen. In Wasser bewurzeln Dracaenas ja mehr als leicht.

Auch auf die Gefahr hin, dass mein Mann dann vorübergehend ins Hotel zieht - aber schön sind sie ja schon, die Drachenbäume des Grauens.

16 Kommentare:

  1. Liebe Elke,

    das ist eine interessante, aber auch lustige Geschichte - jedenfalls für Aussenstehende. Ich weiß nicht, ob ich dem Duft solange standgehalten hätte.

    Liebe Grüße
    Jutta

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  2. Hallo Elke
    Ich kenn die Pflanze auch, hatte jahrelang ein Riesenexemplar, aber - wohl eher Gottseidank - ohne Blüten.Wegen der unzähmbaren Grösse musste sie vor ein paar Jahren weichen.
    Dass eine kleine Blüte - so sehen sie jedenfalls aus - so durchdringend riechen kann, ist ja fast unglaublich. Musste aber schon lachen über das Erlebte bei dir im Büro. Herrlich wieder einmal!
    Ganz liebe Grüsse und einen schönen Sonntagabend.
    Ida

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  3. Hallo liebe Elke.
    Oh das muß ja ein Duft sein.Hi.hi.Ich kenne die Pflanze nicht,verpasse ich auch nichts glaube ich.
    Obwohl die Blüten sehen hübsch aus.
    Jedenfalls ist dein Geschichte jedenfalls köstlich.
    Liebe Elke ich schäme mich ja das war aber ein
    Verschreiber ich weiß wohl das es eine Kamelie
    ist.
    Wünsche dir eine schöne Woche und liebe Grüße Jana

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  4. Dear Elke, I have absolutely no luck at all inkeeping houseplants alive Indeed, I have coined the phrase 'Dead on Arrival' for any houseplant that I may be given [I have stopped buying them!] since they are only alive with me for a matter of hours. Your Dracaena fragrans looks to be in perfect health and I am sure that its perfume fills the house. Lovely!

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  5. Liebe Elke, das war bestimmt ein schöner Spass im Büro, ...
    wollte dir nur kurz sagen, es ist bestimmt besser die kleinen Helleborus oedentlich mit Laub o.ä. abzudecken sonst erfrieren vielleicht die Wurzeln, Wenns nicht klappt, ich schicke dir sonst Nachschub, es gibt noch genug. Gruss Sibylle

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  6. Auhweia, ich habe letztens von meiner Oma einen Jasmin-Stock bekommen und der verbreitete schon einen Duft, welcher raumerfüllend war - völlig ausreichend für mich.
    Ich kann mir gut vorstellen, dass Deine Kollegen Kopfweh bekommen haben, ich mag allzu intensive Gerüche auch nicht.

    lg kathrin

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  7. Sooo schöne Fotos von sooo einer schicken Blüte! Du hast mich mal wieder neugierig gemacht. Auch erhebt sich die Frage, WARUM die Dracaena geblüht hat. Habt ihr irgendewtas anders gemacht, oder eine Extraportion Dünger reingeschüttet? Oder ihr Mozart vorgespielt, oder ihr regelmäßig süße Worte ins Laub gesäuselt? Lass es uns wissen!!!! Ich mag auch ein duftendes Monster haben!!!!
    So, jetzt ist es heraus und mir ist leichter. Morgen, gleich morgen besorg ich mir eine...

    Grüße auch an die aufdringliche Bürokollegin in grün
    Elisabeth

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  8. Herrlich geschrieben! Deine Beschreibung der Geschwister Fürchterlich hebt doch gleich die Stimmung an diesem trüben Montagmorgen.
    Also was Ihr so alles zum Blühen bringt ist schon erstaunlich. Vielleicht sollte ich auch mal einen mobilen Pflanzenpflegedienst engagieren, vielleicht würde der für den Anfang wenigstens meinem Bogenhanf ein paar Blüten entlocken. ;-)
    Aber mit Deinen männlichen Kollegen habe ich schon etwas Mitleid, solche extremen Düfte verursachen bei mir auch Kopfschmerzen.

    Liebe Grüße und eine schöne Woche, Bärbel

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  9. Liebe Elke,
    ich habe noch nie eine Dracaena blühen sehen, bei Dir kann man ja was erleben. Ich finde Deine Kollegen können ja noch froh sein, dass der Duft dem Aroma einer schwülen Tropennacht glich - es gibt schließlich Schimmeres, grins.
    Eine schöne Woche
    Beate

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  10. Hihi, wieder mal köstlich geschrieben!
    Ich glaube, mir hätt´s gefallen, ich bin so ein alter Duft-Freak, ob Hyazinthe, Jasmin oder Gardenie, mir kann´s gar nicht genug stinken!
    LG
    Gesine

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  11. Gröhl... was habe ich mich wieder amüsiert und ganz ehrlich... Dein Mann tut mir jetzt schon leid. Was hat der arme Kerl verbrochen, dass er diese Duftattacke verdient hat?
    Ich merke mir dieses Bäumchen, falls meine Männe mal einen kleinen duftenden Racheakt verdient hat... bisher ist er ja ein ganz braver, daher lass ich's noch.
    Liebe Grüsse
    Alex

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  12. Hallo ich bin Karolina und komme aus Polen;)) Sie haben ein sehr schönes Blog .. einfach wunderbar .. schön !!!!! Wir laden Sie zu meinem Blog über das Skispringen, die ich sehr liebe;)) Kisses senden und empfangen; **

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  13. *Kreisch* Elke ich lach mir hier mal wieder fast futsch....
    **********************************************
    Ersticken oder Erfrieren - da hat man die Wahl zwischen Pest und Cholera.
    **********************************************
    *Grins* jedesmal absolut lesenswert!!!
    Denk an das Buch! ;-)
    LG Carmen

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  14. ähem, ich seh grad die gute Karolina aus Polen war auch bei dir zu Besuch...was die wohl von uns will?

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  15. spannende geschichte, und auf diese Dracaena werde ich achten ab jetzt. Hatte diese gattung bis jetzt links liegen lassen, war offenbar ein fehler.

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  16. Vielen Dank für Deinen Kommentar bei meinen Blüten. Tja, je größer die Blüten, desto heftiger. :-)))

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