Dienstag, 4. Oktober 2011

Pilzpost

Pilze im Garten sind nicht immer ein Geschenk des Himmels...

Manche sind zwar durchaus essbar, aber trotzdem möchte man sie weit weg wissen, denn sie bedeuten nichts Gutes, wie der Hallimasch, der böse Baumzerstörer.

Dann wären da noch die für den Garten harmlosen, die zwar nicht essbar sind, aber wenigstens hübsch aussehen.

Unbekannt, aber dekorativ

Flaschenstäubling (Lycoperdon perlatum)

Specht-Tintling (Coprinopsis picaceus)


Eine Pilzart, die sich gern freiwillig und reichlich im Garten ansiedelt, ist jedoch jeden Pfifferling wert: Der Schopftintling (Coprinus comatus).


Wenn er auf dem Rasen oder im Blumenbeet auftaucht, sollte man sich glücklich schätzen, da er ein hervorragender Speisepilz ist. Unterirdisch benimmt er sich auch, greift keine Pflanzen an und soll sogar Nematoden fangen können, die ja immer einen eher zwielichten Ruf genießen, weil einige Arten Wurzelschädlinge sind.

Gut, einen Schönheitsfehler hat er: Erstrahlt er zunächst in fast reinem Weiß (das ist auch der richtige Zeitpunkt, ihn in die Pfanne zu hauen), zeigt er schon bald seine dunkle Seite und verflüssigt sich zu einer pechschwarzen, tintenartigen Substanz (daher der Name). So verbreitet er seine Sporen, zum Beispiel mit der Schneckenpost.


Das sieht zwar nicht appetitlich aus, aber aus diesem schwarzen Matsch könnten literarische Meisterwerke entstehen! Man kann nämlich aus dem verflossenen Tintling eigene Tinte herstellen!

Geht ganz einfach: Sobald die Substanz flüssig genug ist, kann man sie einsammeln und bei Bedarf mit etwas Wasser verdünnen. Das Odeur, das diesem Gebräu enströmt, ist ein typischer, ganz schwacher Pilzgeruch, aber keinesfalls riecht es unangenehm.

Früher hat man so tatsächlich Tinte hergestellt und mit Nelkenöl konserviert. Das hatte ich dummerweise gerade nicht vorrätig.
Außerdem habe ich zuviel Wasser zugesetzt. Macht aber nichts: In dieser Form hat man wunderbare Aquarellfarbe zur Hand, wenn auch nur in tristem Dunkelgrau. Was anderes kann der Pilz eben nicht - entweder ist er Weiß oder Schwarz, mit karnevalistischen Einlagen hat er nichts am Hut.

Schreiben muss man allerdings immer noch selbst, der Tintling hat wenig eigenes literarisches Talent.

Und was wäre stilvoller, als die selbsthergestellte Tinte auch mit einer selbstgebastelten Feder zu verwenden?
Dazu nehme man eine Vogelfeder, die gut in der Hand liegt. In Parks und Gärten sind abgefallene Ringeltaubenfedern meist keine Mangelware, an der See dagegen ist eher Möwenfederlese ortsüblich. Der Klassiker schlechthin ist natürlich eine Gänsefeder.

Den Kiel ganz unten schräg abschneiden, fertig.
Nach Gebrauch ist so eine Feder, die sich zum Schreibgerät gemausert hat, garantiert biologisch abbaubar, auch mit Tinte.




Meine ist eine Austernfischerfeder von der Nordseeküste.



Wer weiß, wieviele Tintlinge sich früher mit handgeschriebender Pilzpost verbreitet haben?
Schneller, höher, weiter als über Briefwechsel kann wohl keine Ladung Sporen Neuland betreten...

17 Kommentare:

  1. Liebe Elke,

    Du machst wirklich aus jedem Post - egal welches Thema Du behandelt - einen echten Lesespaß, ein Genuss in Bild und Wort.

    Liebe Grüße
    Jutta

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  2. Hallo Elke. Pilze wachsen auch in deinem Garten die wissen wo sie es gut haben.
    Ich gehe lieber nicht Pilze suchen.Wie ein Fliegenpilz aussieht das weiß ich.Hi.hi
    Schöne Woche und liebe GRüße Jana

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  3. Hallo Elke
    Das wusste ich mal wieder nicht mit dem Schopftintling. Wunderschön, Deine selbstgeschrieben Einladung zum Pilzesuchen.
    Schopftintlinge gibt's leider bei uns nicht sooo viele, dafür habe ich gestern wieder einen kleinen Steinpilz gefunden. Auch nicht schlecht :o).
    Wünsche Dir einen schönen Abend und schicke liebe Grüsse
    Alex

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  4. Hallo Elke, ja DAS ist ja wieder mal INTERESSANT! Schöne Bilder hast du mit der Tinte gemalt!
    Tolle Bilder noch dazu. DANKE für diesen informativen und schönen Post!
    Viele Grüße von Renate

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  5. Your quill and mushroom juice painting is lovely. Hope to see more one day. Your writing is as ever an utter delight, nothing 'lost in translation' ;~)

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  6. Kopfschütteln, Kopfschütteln! Gibt es irgendwas, das du nicht ausprobierst??? Staunen, staunen! Bin schon gespannt, womit du uns im Winter unterhältst ;-)

    lg, Christiane

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  7. Einfach genial, Elke :-) Hab wieder was dazugelernt! Auch deine Fotos sind klasse! Kann mich Christiane nur anschließen, bin auch neugierig ;-)

    LG Elisabeth

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  8. Liebe Elke! Tintlinge hatten wir letztes Jahr im Garten, aber sie sind nicht besonders standorttreu - heuer ist kein einziger erschienen. Soweit ich weiß, kann auch der Spechttintling leichte Vergiftungserscheinungen auslösen, wenn er gemeinsam mit Alkohol konsumiert wird.

    lg kathrin

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    1. Nein der Schöpftintling nicht, aber andere Tintlinge.

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  9. Der erste Pilz könnte vielleicht ein Täubling sein.

    lg kathrin

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  10. Obwohl ich auch gern die Feder schwinge, hab ich von dem Tintling noch nie etwas gehört. Klasse. Ich hab sie auch noch nicht in der Natur entdeckt. Da muss ich vielleicht mal genauer hingucken. Die anderen sind ja wahre Prachtstücke.
    Austernfischerfedern - schön sind sie, genau wie die Austernfischer mit ihren roten Federn, dem schwarz-weißen Gefieder und den roten Füßen.
    LG Heidi

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  11. Hallo Elke,
    das hast du herrlich geschrieben. Einen Spechttintling habe ich im Leben noch nie gesehen - hübsches Kerlchen. Ansonsten gehe ich gerne Pilze sammeln und auch Schopftintlinge habe ich schon mal verarbeitet, waren recht lecker. Deine Tintenstory mit Verbreitungsphilosophien fand ich ebenfalls köstlich.
    Schöne Grüße, Johanna

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  12. Liebe Elke....finde das ganz große Klasse und hab wieder viel neues und interessantes dazugelernt.
    Liebe Grüße Eva

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  13. Liebe Elke
    Danke für deine kleine Aufmunterung bei mir - keine Angst, ich lass mich nicht in den Wirbel reinziehen ... und drum eis nach em andere und dann halt nur ein Viertelstündchen bloggen. Aber um deinen Blog, da komm ich niemals drum herum, das kann ich dir schon sagen. Deine Posts sind immerzu so einfallsreich, tolle Bilder und erst das Wissen, was du uns so humorvoll rüberbringst - ja wirklich, ich geniesse deine Beiträge sehr!
    Und jetzt dieser Pilzige. Herrlich. Dass du jetzt aber auch noch zur Feder greifst und aus dem Tintling Einladungskarten zauberst - also ich schliess mich der Einladung an und bin das nächste Mal beim Pilzesuchen dabei! *lach*. Übrigens, ich hab auch mal einen Kalligraphiekurs besucht und da hiess es u.a. auch Schreiben mit Feder - hat Spass gemacht und ... hm, ich müsst wohl wirklich wieder mal zur Feder greiffen.
    Ich wünsch dir einen wunderbaren Tag, eine gute Restwoche und schick dir ganz herzliche Grüsse
    Ida

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  14. Und zeichnen kann sie auch noch .... :o)

    GlG jane

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  15. Liebe Elke, ich glaube, Du überlebst jede Apokalypse - Gartentor zu, was immer auch kommt, Elke findet alles, was sie zum Überleben braucht, in ihrem Gärtchen. Köstlich! Ich bin gespannt, was Dir als nächstes einfällt... Liebe Grüße, Dagmar

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  16. was für eine tolle zeichnung, immer wieder nett bei dir! kann ida, nichts mehr zufügen. lg sibylle

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