Sonntag, 19. Februar 2012

Bomben, die Leben spenden

Bis jetzt habe ich mich mit dem günstigen Gärtnern im eigenen Garten beschäftigt. Günstig gärtnern kann aber auch bedeuten, ganz ohne eigenes Stück Land etwas zum Blühen zu bringen, denn auch das eigene Fleckchen Erde kostet natürlich irgendwo Geld. Auf anderer Leute Land zu gärtnern klingt abenteuerlich und ein bisschen anarchistisch. Ist es auch. Natürlich ist damit nicht gemeint, dem Nachbarn nächstens einen Blumenkohl neben seine Petunien zu pflanzen, auch wenn er bekanntermaßen gerne Blumenkohl isst. Stattdessen geht es um das klammheimliche Begrünen von öffentlichen Flächen zum Wohle der Natur, zum Beispiel die Industriebrache von nebenan, wo sich Quecke und Giersch gute Nacht sagen und ansonsten nichts wachsen will. Oder der schmuddelige Betonring vor dem Supermarkt, der aufgrund mangelnder Bepflanzung lediglich als Aschenbecher missbraucht wird. Sowas nennt sich dann Guerilla-Gardening und ist im Moment schwer angesagt. 


Nun kann man also hingehen und in besagten Betonring bei Nacht und Nebel eine Geranie pflanzen. Das ist nicht jedermanns Sache, weder der heimliche Einsatz des Spatens noch die Geranie. Subtiler (und auch günstiger) sind nämlich Samenbomben. Diese praktischen, mit Samen gespickten Erdkugeln kann man einfach aus der Tasche ziehen und ganz elegant und vor allem unauffällig an Ort und Stelle fallen lassen. Wenn man möchte, kommt man noch mal zum Gießen wieder, auch das geht ganz subtil - mit einer Wasserflasche, bei der man vorgibt, den Rest jetzt nicht mehr trinken zu wollen. Später dann kann man sich vielleicht bei jedem Supermarktbesuch an seinem vor Blumen überquellenden Betonkübel erfreuen.

Samenbomben sind also die Waffen des modernen Guerilla-Gärtners. Soweit, so gut. Aber wie bastelt man denn die Munition zusammen, welche Samen kommen rein, und wo darf man seine Anschläge durchführen und wo besser nicht? Natürlich gibt es auch zu diesem Thema mittlerweile ein Buch. "Mit Samenbomben die Welt verändern" heißt es und ist im Ulmer-Verlag vor Kurzem erschienen, übersetzt aus dem Englischen.


Das Buch zeigt, woher die Guerilla-Bewegung kommt, und wie man Samenbomben selbst herstellt, je nach Zielgruppe (Insekten, Vögel, Menschen) in verschiedenen Zusammensetzungen. Es wird erklärt, wie man sie einsetzt und mit welcher Intention, und vor allem, wo nicht: Naturschutzgebiete sind ebenso tabu wie artenreiche Magerwiesen, wie sie selbst auf Verkehrsinseln vorkommen können. Hier haben Petunien und Tagetes nicht zu suchen. Der größte Teil des Buches stellt die einzelnen Pflanzen vor, mit deren Samen man die Welt verbessern kann. Löblicherweise finden sich hier keine hochgezüchteten Blumen mit gefüllten Blüten, sondern größtenteils heimische Wildarten oder zumindest solche mit Nährwert für Tiere. Man erfährt sogar, welchen Nutzen die einzelnen Pflanzen in der Küche und als Heilpflanze haben. 

Das Buch ist so kreativ gestaltet, dass man es immer wieder anschauen möchte. Mal ist der Hintergrund Karton nachempfunden, mal Notizpapier, immer aber collagenartig zusammengesetzt mit Fotos, Zeichnungen und Textfragmenten. Also auch dem Design nach ein anarchistisches Werk. Bei manchen Seiten wurde allerdings auch ein bisschen übertrieben mit dem Wildwuchs, so dass man den Text nur mit Mühe entziffern kann.

Erfreulicherweise wird keine brachiale Zwangsbegrünung empfohlen, sondern das genaue Abwägen, ob Pflanze und Standort zusammenpassen, immer den ökologischen Nutzen der vorhandenen Arten im Auge behaltend. Denn Neophyten haben wir schon genug.

Das Buch macht Lust, ein bisschen Anarchie und viel mehr Blumen in das öffentliche Leben einkehren zu lassen. Auch ich überlege schon, wo ich meine Samenbombe platzieren werde. Ich denke, es wird einer jener öden Betonkübel werden...

16 Kommentare:

  1. Das sieht nach einem tollen Buch aus und die Idee an sich finde ich auch klasse ;)

    Schönen Sonntag,
    LG Sandra

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  2. Auf was für Ideen die Leute so kommen ... Aber nicht schlecht! Bei der Gelegenheit fällt mir ein, dass ich vor einiger Zeit auf einem sehr alten, allerdings noch genutzten Friedhof war, wo auf den Gräbern tw. Gemüse augebaut war. Man erzählte uns, dass das aber nicht gern gesehen wird (oder verboten ist - ich weiß es nicht mehr so genau).
    Viele Grüße
    Sabine

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  3. Liebe Heidi,

    manche öde und steinerne Ecke würde mit so einer Samenbombe sicher viel schöner aussehen - also gutes Gelingen. Hoch leben die Anarchie der Pflanzen!

    Liebe Grüße
    Jutta

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  4. Hej,
    das finde ich nicht nur Klasse, sondern da mach ich glatt mit, denn auch in Schweden finden sich öde Betonringe und Flächen, die schon lange keine Blumen mehr sahen.
    Bravo!

    lg aus Schweden
    smultron

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  5. Hallo,

    ich glaube wirklich das es ein gutes Buch ist! :)Dein Blog ist schon der 2. in dem ein Bericht über das Buch ist. Ich finde das Thema auch wirklich interssant, hatte bisher nur im TV Berichte darüber gesehen.
    LG Dagmar

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  6. Hallo liebe Elke
    Auch dadrauf muss man erst kommen. Aber wenn ichs mir so überlege, hm mit diesen Samenbomben würd die Welt ja sowas von bunt an tristen Stellen, die es nun wirklich noch zuhauf gibt ... ich hätt da auch schon einen Betonkübel bei der Post im Visier :-)
    Hab einen guten Wochenstart. Herzlichst
    Ida

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  7. Liebe Elke,
    hier in Berlin gibt es schon ganze Straßenzüge, die plötzlich ergrünen, herrlich! Und olle, doofe Pötte, die eigentlich zu hässlich und zu schwer zum Wegtransportieren sind, sehen von heute auf morgen ganz lieblich aus!
    Liebe Grüße, Dagmar

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  8. Guten Morgen Elke,
    *hihi* darüber habe ich mich auch schon einmal informiert. Kannte das aber bis dato auch nicht, bis ich eben mal auf dem TV einen Beitrag dazu gesehen habe.
    Meiner Nachbarin, habe ich auch schon einmal ein paar Samen rüber geschmissen. Leider hat ihr "Garten" so gar keinen Nutzen für die Fauna. :/

    Und so muß ich mal für mein Stadt eine Lanze brechen, denn hier wird doch recht viel begrünt. Auch die meisten Verkehrsinseln sind nicht versiegelt sondern bepflanzt. Leider schaffen sie es an der einen Kreuzung immer wieder, die Bepflanzung (wo sich echt Mühe gegeben wird) immer wieder durch das "drüberschanzen" mit dem Auto platt zu machen. :(

    LG und Dir viel erfolg beim GG! :)
    Pupe *die.am.we.den.ersten.krokus.im.garten.entdeckt.hat* :)

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  9. Was für geniale Ideen es doch gibt! Freu mich, dass ich Deinen Beitrag gelesen habe und werde gleich auf die Suche nach diesem Buch gehen! Es wird sicher nicht schwierig werden, ein paar zufällige Fleckchen anzulegen. Ich freu mich drauf!
    Liebe Grüße
    Gabi

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  10. Hallo Elke
    Das ist ja eine witzige Idee. Mhhhh, das blöde ist nur, dass mir eher bei der wilden Bepflanzung Rosen vorschweben. Das Buddeln mit Schaufel und Bickel würde etwas auffallen... aber es gibt einfach noch zuviele Bäume und Fassaden ohne Ramblerrosen, findest Du nicht auch? Schade gibt's dafür nicht so ein Bömbchen. Ich stell mir das grad so vor, wie ich das hier hin und dort hin schmeisse und überall macht's "puff" und ne Rose angelt sich den Weg nach oben... ja, ja, Frau hat seltsame Träume.
    Wünsche Dir eine gute Woche.
    En liebe Gruess
    Alex, die wilde Gärtnerin mit der Lizenz zum Pflanzen

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  11. Hallo Elke, dass Buch scheint interessant zu sein. Die Idee finde des Guerilla-Gärtnerns finde ich auch ganz witzig - ich sollte es wohl mal ausprobieren.

    lg kathrin

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  12. also, samenbomben find ich gut (wenn mir auch das wort etwas zu kriegerisch ist!) - aber gegen nachbarn, die mir blumenkohl in den vorgarten pflanzen, haett ich eigentlich auch nix:)) solltest du mal in der naehe sein - tu dir keinen zwang an!

    irische gruesse

    Bettina

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  13. Wäre doch schön, wenn statt richtiger Bomben Samenbomben geworfen werden würden.

    Guerilla-Gärtnern ist eine feine Sache. Sollte es öfters geben. Ich habe jedoch noch nie jemanden gesehen, der so was macht. Oder er war gut getarnt.

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  14. Dem Grunde nach keine schlechte Idee. Die Gemeinden und Städte pflegen ihre Grünflächen nicht. In der Planungsphase macht es sich immer gut, auch Grünflächen in den Plänen zu haben. Aber nach der ersten Bepflanzung wird dann nichts mehr gemacht. Es sei denn Anlieger kümmern sich darum. Daher können Bomben ausnahmsweise mal was Vernünftiges anrichten. VG Manfred

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  15. Hallo Elke.
    Ob aus den Samenbomben immer was wird das ist die Frage?.
    Alles wird ja bekanntlich nicht so üppig wie man es gern möchte.Manche haben Glück und es wird immer was.Betongübel finde ich scheuslig aber du weißt ja Geschmäcker sind verschieden.Jeder muß auf seine Art glücklich werden.Das Buch ist bestimmt schön.
    Schönes WE schon mal und liebe GRüße Jana

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  16. Hallo, na das ist doch mal eine super Idee! Das werde ich weiter verfolgen!
    Da könnte mir mein Kleiner direkt bei der Herstellung helfen, der hätte sicher großen Spass!
    Lg Kerstin

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