Samstag, 14. November 2015

Wintergesänge

Im Herbst und Winter herrscht das Schweigen im Walde. Viele Singvögel sind hauptberuflich nun mit Überleben statt Brüten beschäftigt und halten den Schnabel. Nur Kontaktrufe sind zu hören, Balzgesänge gibt es nicht mehr. Das ist mit ein Grund, warum dem Winter so ein bisschen der Pfiff fehlt. Wenn da nicht ein kleiner, kulleräugiger Vogel wäre, der zur Ehrenrettung der dunklen Jahreszeit beiträgt: Das Rotkehlchen ist der Held der Wintertage und - nächte, wenn es unermüdlich seine perlenden Strophen hören lässt.

Ohne Rotkehlchens Gesangstalent wäre der Winter also noch schwerer zu ertragen. Und noch etwas macht die kleinen Federtiere so wertvoll: Sie lieben die orange-roten Früchte vom Pfaffenhütchen, die zufällig dieselbe Farbe haben wie ihr Gefieder. Und was zum Schnabel hineingeht, muss früher oder später hinten wieder herauskommen, und zwar keimfähiger als je zuvor und mit einer Starterportion Dünger ausgestattet.


Rotkehlchen sind Pfaffenhütchens Freund und bester Kunde (im Bild mampfen sie an Euonymus planipes). Dank der trällernden Vögel wächst in meinem Garten nun auch ein stattliches Exemplar von Euonymus europaeus, das mir Rotkehlchens spendiert haben.


Dass es da ist, ist an sich schon ganz schön, denn es sind gerade im Herbst fantastische Sträucher, die mit rotem Laub und rot-orangefarbenen Früchten entzücken. Doch das ist noch nicht alles: Meine Rotkehlchenspende wächst exakt mittig hinten vorm Gartenzaun. Genau genommen wächst es im Gartenzaun. Man möchte meinen, die Vögel hätten ein Gespür für Aesthetik und Symmetrie. In Wahrheit stand dort mal die Harlekinweide, die wir fällen mussten. Und zu ihren Lebzeiten saß wohl öfter ein sattes Rotkehlchen in ihren Zweigen und hat das Pfaffenhütchen gesät. Da hat man als Vogel auch viel mehr von.


Sämlinge erkennt man an ihren grünen, kantigen Zweigen, die später Korkleisten ausbilden. Ein weiteres Merkmal sind die glänzenden, großen Blätter, die sich derb anfühlen und ein bisschen an Kirschlaub erinnern. Die Blüten sind unspektakulär. Letztes Jahr zeigten manche Sträucher eine zweite Blüte im November (erstes Bild ganz oben Mitte). Pfaffenhütchen haben es immer eilig und wachsen rasch.


Mein Pflänzchen muss sich zunächst ganz tapfer im Schatten der Weide hochgearbeitet haben. Erst nachdem sie weg war, lief der Strauch zur Höchstform auf und bildete rasend schnell eine schmale Krone, die den Zaun weit überragt. Dieses Jahr schon gab es die ersten Blüten und sogar ein paar Früchte. Nur die Sache mit der hübschen Herbstfärbung muss mein Strauch noch üben.

Ich bedanke mich daher ganz herzlich bei allen Rotkehlchen für ihren Wintergesang und das Pfaffenhütchen. Ihr dürft jederzeit seine Früchte haben!

18 Kommentare:

  1. Ich habe auch ein Vogel-Geschenk im Garten - direkt neben einem Vogelhäuschen wächst seit Jahren ein bereits stattlicher Vogelbeerbaum - Eberesche. Die Amseln lieben ihn auch und fressen mir bereits im Spätsommer die Beeren weg...
    lg

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  2. Hallo Elke, das ist ja eine zauberhafte Hommage an die Rotkehlchen! Dass mit der Rotkehlchenspende war mir nicht bekannt - hier sind mindestens zwei Federbälle ganz zutraulich im Garten unterwegs, vielleicht auch weil mein Euonymus phellomanus als Hochstamm mit seinen Früchten lockte. Euonymus alatus trumpfte dagegen mit seiner tollen Herbstfärbung auf.
    LG und ein angenehmes WE, Marita

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  3. Hallo Elke, heute habe ich bei uns im Garten an den Futterstellen ein Rotkehlchen entdeckt. Das mit dem Pfaffenhütchen wusste ich nicht; gut, dass wir einen Strauch in den Hang gepflanzt haben, da muss ich mal beobachten, ob sich das Rotkehlchen dort auch aufhält.
    Viele Grüße
    Doris

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  4. Mein Pfaffenhütchen muss erst mal lernen, Früchte zu tragen.....dieses Jahr war es nur ein grüner Strauch und ich hoffe, das ändert sich nächstes Jahr. Es war ein Geschenk von einer Freundin, die ihn nicht mehr in ihrem Garten haben wollte......interessant, dass diese Früchte Rotkehlchen anlocken...:-))
    LG Sigrun

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  5. Hallo liebe Elke,

    welch interessanter Beitrag, ich wusste nicht, das das Rotkehlchen jetzt noch singt und habe mich bereits gefragt, wer das ist, den man jetzt hin und wieder noch hört.
    Ebensowenig wusste ich, das die süßen Vögelchen auf das schöne Pfaffenhütchen stehen.
    Ich habe schon mehrfach mit diesem schönen Strauch geliebäugelt, mich aber wegen unserer Kaninchen immer wieder gegen giftige Pflanzen entschieden...
    Rosige Gartengrüße von Christine

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  6. Hallo Elke!

    Ich habe in meinem Garten auch so ein kleines Pfaffenhütchen-Geschenk von den Rotkehlchen ;-)
    derjenige Vogel hatte das Talent den Samen so gut zu sähen, dass ich jetzt schönen Sichtschutz vor meiner Terrasse habe. Leider hatte er dieses Jahr noch kaum Früchte, die Mutterpflanze aber schon. Mir gefallen die Pfaffenhütchen so gut, weil sie etwas schlanker wachsen. Dieses Jahr habe ich leider noch kein Rotkehlchen gesehen, schade- die sind einfach zu niedlich!
    In einem Winter hatten wir dutzende Grünfinken an unserem Futterhaus, die waren so zutraulich, dass man das Häuschen befüllen konnte, ohne dass sie wegflogen. Leider war das nur in einem Winter, vielleicht waren sie nur auf der Durchreise ;-)

    Ich wünsche Dir noch schöne Vogel-Beobachtungs-Stunden!
    Liebe Grüße aus Niedersachsen von Daniela

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    1. Hallo Daniela,
      vielleicht haben die Rotkelchen also doch ein Gespür für den richtigen Ort - denn wenn es dem Menschen gefällt, darf der Strauch bleiben und sie bekommen garantiert Früchte. ;-)
      VG
      Elke

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  7. Rothkelchen sind mir hier noch nie aufgefallen. Eigentlich sehr schade. Überhaupt haben wir hier eher wenig Vögel, abgesehen von ein paar Spatzen.

    lg kathrin

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  8. Eine interessante Sache! Muss mal darauf achten! Rotkehlchen lassen sich hier allerdings nur selten blicken! Schade eigentlich. Hier sind die Meisen vorherrschend!
    Viele Grüße von Margit

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  9. Hallo Elke,
    und ich wundere mich immer über die vielen Rotkehlchen bei uns im Garten. Wir haben mittlerweile auch ein recht großes, selbstausgesähtes Pfaffenhütchen im Garten. Sämlinge finde ich auch immer.
    LG Dagmar

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  10. leider will unser pfaffenhuetchen fast nie bluehen/fruchten... aber rotkehlchen haben wir trotzdem reichlich:) und bei dem schlechten wetter hoert man hier oefter mal dieses sehr stille zwitschern einer amsel - fuer mich ein typischer schlechtwetter-vogellaut. und abends gibts einen aktiven stammtisch im lorbeerwald hinterm haus (alte, grosse kirschlorbeer - voller vogelappartments, wie es scheint:), kurz vor einbruch der dunkelheit zwitschert und schnabuliert es da hinten wie wild, wenn man sich leise anschleicht. und ganz ploetzlich ist dann stille, wenn ein bestimmter punkt in der abenddaemmerung erreicht ist! ich gehe fast jeden abend raus und hoers mir an, weil morgens, wie du schon sagst, fast funkstille ist.
    viele gaertnergruesse von der sehr grauen und nassen gruenen insel (mit sturm fast jeden tag...)
    Bettina

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  11. Ich liebe diese Pfaffenhütchen :-)
    Meine Mutter hat mir als Kind immer tolle
    Geschichten dazu erzählt :-)
    Ganz viele liebe Grüße zum Sonntag
    von Urte

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  12. soooooo zauberhafte fotos von pfaffenhütchen und rotkehlchen!!!
    herzlichste grüße &wünsche an dich ;-)
    amy

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  13. Du warst meine Inspiration um drei Hrelkinweiden zu pflanzen, ich vergesse das Bild mit den Vergissmeinnichtblüten nicht :-)
    Warum musstet ihrdie Harlekinweide fällen? Bei mir musste diesen Herbst auch eine dran glauben, sie trocknete einfach mehr uns mehr ein.
    Lg Carmen

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    1. Sie verkahlte immer mehr, also haben wir sie radikal geschnitten und dabei viele Löcher vom Weidenbohrer gefunden. Danach trieb sie nur noch einseitig neue Triebe und hatte dazu noch einen Pilz am Stamm. Daher kam sie weg. Ihr Stamm steht jetzt als Totholz im Beet.

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  14. Omg, verdammt, ich muss meine ipad tastatur putzen, die schreibt nur Fehler ;-)

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  15. Ein so schöner Beitrag Elke!
    Ich liebe sie auch, die Rotkehlchen und wir haben zum Glück im Garten eines gesichtet.
    Wie immer tolle Bilder!
    VG von Renate

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  16. Rotkehlchen habe ich hier in der Gegend lange nicht mehr gesehen. Wahrscheinlich würde ich ein kleines Pfaffenhütchen gar nicht erkennen und als vermeintliches Unkraut entfernen. Sehr schöne Fotos!
    LG Kathinka

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