Freitag, 1. April 2011

Partylöwe

In der neuesten Ausgabe Der Zeit ist eine Deutschlandkarte der Zoologischen Gärten mit den beliebtesten Zootieren abgedruckt. Die beliebtesten Zootiere sind meistens groß. Sehr groß. Und sie könnten dem Menschen durchaus gefährlich werden. Pinguine jetzt weniger, aber Löwen, Tiger, Giraffen, Eisbären, Krokodile, Elefanten und auch Flusspferde. Das ist interessant. Warum faszinieren uns gerade die großen Arten, denen wir ohne schützende Zäune nicht im Dunklen begegnen wollten? Warum ist die Zwergziege nicht dabei, obwohl man sie sogar streicheln kann?

Da habe ich mich gefragt, wie denn wohl eine Karte der Gärten mit den beliebtesten Gartenpflanzen aussähe?
Gärten sind ja auch so eine Art Zoo, nur für Pflanzen. Die Tiere können kommen und gehen, wann sie wollen. Wenn sie Glück haben. Die Pflanzen aber müssen bleiben oder welken.

Magnolien wären vielleicht auf so einer Karte verzeichnet. Rosen ganz sicher. Die sind ja auch gefährlich, können uns allerhand Ungemach bereiten - von ruinierten Frisuren angefangen bis hin zu zerkratzten Unterarmen.
Trotzdem finden wir sie gut. Wie die Löwen eben, die auch kratzen können.

Im Gegensatz zu den beliebtesten Zootieren würde eine Gartenpflanzenkarte mit den Jahrzehnten einem Wandel in der Beliebtheit der Arten unterliegen. Rosen wären aber immer drauf, da darf man ganz sicher sein.
Das ist das eherne Gesetz des Gartens. Die Rose ist die Königin der Herzen.

Eine Pflanze, die ganz sicher und gar niemals auf dieser Karte verzeichnet wäre, ist das Waldgeißblatt (Lonicera periclymenum).
Das ist so ein bisschen die Zwergziege unter den Gartenpflanzen. Dabei kann sie es durchaus mit einer Würgeschlange aufnehmen, windet sie sich doch an allem empor, was sie finden kann. Nur langsamer.

Am Rosenbogen kann man das Waldgeißblatt gut ranken lassen. So sorgt es für eine schöne Vertikale, die schnittverträglich ist. Wenn man es lässt, wird es zwischen 3-6m hoch, gibt sich aber auch mit weniger zufrieden.

Man weiß wirklich nicht, welche Eigenschaft man zuerst hervorheben soll. Es hat viele gute.

Der Austrieb im März ist sensationell filigran gemustert, besonders im Gegenlicht kann man das bewundern:


Im Juni folgen duftende, riesige Blüten, die so exotisch aussehen, dass man nicht glauben kann, dass dies eine einheimische Pflanze ist:


Der Duft ist übrigens abends am stärksten - die ideale Pflanze für Berufstätige! Man sollte sie daher auch in die Nähe des Sitzplatzes pflanzen, dann kann man sie gut riechen. An lauen Sommerabenden scheint es oft, als hätte das Geißblatt einen Schalter umgelegt, wenn urplötzlich ein Duftschwaden hereinbricht und jede gesellige Runde andächtig verstummen lässt. Ein echter Partyknaller!

Finden auch die Schwebfliegen, Falter und langrüsseligen Hummeln, denn sie lieben die Blüten sehr.


Wenn ab Spätsommer die ersten roten Beeren erscheinen, heißt das nicht, dass schon mit dem Blühen aufgehört wird. Jeder neue Ranktrieb kann bis zum ersten Frost neue Blüten hervorbringen. Bis man irgendwann eine Leiter braucht, um am floralen Beiwerk zu riechen.


Die Beeren sind giftig, aber sehr dekorativ und bei den Vögeln ungemein beliebt. Besonders Rotkehlchen und Gimpel kann man damit begeistern.

So sorgen sie auch fleißig für Geißblatt-Nachwuchs.

Sollte das nicht klappen, oder braucht man größere Pflanzen, kann man einfach die verholzten Triebe vom Frühjahrsschnitt in Erde stecken. Die meisten wurzeln an einem feuchten, schattigen Ort an.
(Ich kann auch gerne Jungpflanzen verschicken, sprecht mich einfach an).

Wenn man ganz großes Glück hat, wird sogar der exotischste aller Schmetterlinge von den exotischsten aller einheimischen Blüten angelockt: Das Taubenschwänzchen (Macroglossum stellatarum).

Das ist dann viel besser als ein Zoobesuch mit sämtlichen beliebtesten Zootieren zusammen.
Vielleicht hat das Wald-Geißblatt doch noch eine Chance auf die Karte zu kommen?

17 Kommentare:

  1. Klingt wirklich nach einer wunderbaren Pflanze ... muss ich mir merken, allerdings braucht sie in dem Fall ein Rankgitter oder ähnliches, aber man könnte sie sicher auch an einem Maschendrahtzaun hochziehen lassen oder? Wie hoch wird sie denn? GLG Petra

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  2. Na das ist ja mal wieder ein Vergleich *kicher*. Das zarte Geissblatt als Zwerziege zu verkaufen... Mensch, Mädel, Du kommst echt auf gelungene Ideen.
    Im Zoo besuche ich allerdings am liebsten die Orang Utans. Ich könnte denen stundenlang beim Herumturnen zu schauen. Aber mit welcher Pflanze, ich die jetzt vergleichen würde??? Zurzeit wohl am ehesten mit dem fröhlichen Scharbockskraut... das hüpft von Beet zu Beet und taucht an den unerwartesten Stellen wieder auf. Ja, manchmal auch bei Gartenkolleginnen, die Pflanzen von mir vererbt bekommen haben :o).
    Wünsche Dir ein tolles Wochenende.
    Liebe Grüsse
    Alex

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  3. Liebe Elke
    Sehr interessant, was Du da schreibst! Ich lese gerne solche Dinge über den Garten. Auch wir haben ein Waldgeissblatt in unserem Garten. Der Duft der Blüte ist herrlich...
    Ein schönes Wochenende wünscht Dir Yvonne

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  4. Once there were the Big 5, then the Big 7, but also the Small 5!

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  5. Liebe Elke,
    eine wunderschöne Beschreibung dieser zauberhaften Pflanze! So schöne Bilder!
    Da überlege ich gleich, wo ich noch ein Plätzchen finden könnte :-)
    Viele Grüße Renate

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  6. Huhu,
    wir haben auch ein Geissblatt. Da wir das aber erst letztes Jahr gepflanzt haben, sind wir noch nicht in den Genuss einer Blüte gekommen. Ich hoffe, das wird dieses Jahr was. Wenn ja, werde ich bestimmt darüber berichten :)
    Liebe Grüße,
    Thab

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  7. Das Geißblatt kannte ich bis jetzt gar nicht. Aber hätte ich noch Platz würde ich sie mir sofort in den Garten holen, denn die Blüten sehen wirklich toll aus.

    lg kathrin

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  8. Immer wenn ich bei Dir kommentiere, bin ich zu schnell, mach das Fenster vor der Sicherheitsabfrage zu...grummel... Geißblatt haben unsere Nachbarn und in lauen Nächten auf der Terrasse strömt der Duft zu uns herüber - himmlisch. Letztens las ich, das Geißblatt auch sehr oft im Parfums verwendet wird.
    Liebe Grüße und ein schönes Wochenende!
    Karoline

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  9. Liebe Elke,
    erstmal danke für Deinen Kommentar bei mir, und dann nochmal ein großes Dankeschön obendrauf, denn ohne den Kommentar wäre ich vielleicht nie auf Deinen Blog gestoßen! Und das wäre schade, denn schon allein diese Vorstellung vom Zwergziegen-Wald-Geißblatt (das ich übrigens bißlang auch noch nicht kannte, mir aber jetzt echt für meinen Garten überlege) macht Lust auf mehr. Ich bleibe jetzt auch einfach mal hier und stöbere mich durch!
    Liebe Grüße,
    Verena

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  10. Hallo Elke
    Dass das Geissblatt heute unseren Sitzplatz berankt und abends fantastisch duftet, habe ich meinem Shn zu verdanken, er wollte die Pflanze unbedingt haben (mit 3-einhalb Jahren) tsss...kommt ganz nach mir *grins*
    die Fotos sind fantastisch!
    LG Carmen (oh,oh, die Kinder nerven sich, heute abend schauen wir uns eine DVD zusammen an und ich sollte schon längst unten sein tschüüüüsss!!!!

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  11. Wunderschöne Fotos! Ich mag das Geißblatt auch sehr gerne, es ist einfach sehr anmutig und hat ein schönes Laub. Oft hab ich es in Irland gesehen, wild rankend an Steinmauern in Gesellschaft mit Brombeeren und Weißdorn.
    Liebe Grüße
    Elisabeth

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  12. Ich danke dir für deinen Besuch und Kommentar, dadurch habe ich nun dein Blog gefunden :-) ! Ein witziger Post....und so wahr! Das beschriebene Geissblatt ziert den Eingang zu unserem Rosengarten und ich lasse es nicht so hoch klettern, damit man immer eine Nase voll herrlichen Duft mitbekommt...ein paar Schritte weiter duften ja dann die Rosen ;-) !
    Liebe Grüsse
    Barbara

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  13. Im 18. Jahrhundert war Geißblatt für seinen betörenden Duft besonders beliebt.Er soll die Liebe beflügeln und die Sinnlichkeit wecken. Wie wahr!
    Falls jemand eine schattige Ecke in seinem Garten hat, soll dieser pflanzlichen Verkörperung der Anmut den Platz schenken, irgendwann eine Bank daneben stellen und an einem lauen Sommerabend in Nirvana fallen...

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  14. Hallo Elke,
    ich finde es immer wieder erstaunlich, wie geschickt Du von der Einleitung oder Überschrift Deiner Beiträge, die meistens ja rein gar nichts mit Garten oder Pflanzen zu tun haben, zum Thema Garten übergehst und Parallelen ziehst. Herrlich, Du bist wirklich eine begnadete Schreiberin!

    Aber nun zum Waldgeißblatt, das ich natürlich auch im Garten habe. Es gehörte zu einen meiner ersten Pflanzen und war genau wie die Rose de Resht eher ein Zufallskauf. Ich brauchte für ein Rankgerüst halt eine Kletterpflanze und das Waldgeißblatt rief ganz laut "Hallo, nimm mich!". Ich habe es nie bereut, die Blüten, der Duft, alles wunderbar. Also ich bin auch dafür, dass es unbedingt auf einer solchen Karte verzeichnet sein müsste.

    Liebe Grüße von Bärbel

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  15. Hallo liebe Elke
    Ich freu mich, dass du dich über meinen klitzekleinen Gewinn gefreut hast :-)))))
    Sei von Herzen gegrüsst
    Ida

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  16. Hallo Elke,
    ich hoffe du entdeckst einen Kommentar unter diesem alten Beitrag. Ich habe eine Frage zum Geissblatt:
    In deinem Buch erwähnst du das Wald-Geissblatt und das Wohlrichende Geissblatt (Lonicera caprifolium). Ich will einen Carport beranken lassen, von oben bekommt er viel Sonne, sodass ich zum Wohlrichenden Geissblatt tendieren würde. Gibt es noch andere Sorten die in Frage kommen? Zu kaufen gibt es ja verschiedene Züchtungen. Mir ist neben dem Duft auch wichtig, dass die Pflanze dem heimischen Getier und/oder Vögeln etwas bringt.

    Liebe Grüße,
    Verena

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    1. Hallo Verena,
      meiner Erfahrung nach vertragen bei Arten Sonne und Halbschatten. Mein Wald-Geißblatt bekommt ab mittags Sonne. Da das Wald-Geißblatt aber viel länger blüht und weniger Probleme mit Mehltau hat, würde ich zu diesem raten. Es blüht wirklich bis zum Frost und man hat so eine größere Chance, Taubenschwänzchen daran zu sehen.
      VG
      Elke

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