Dienstag, 18. September 2012

Kartoffel aus dem Sack

Das hier ist ein alter Sack. Ein Reissack, um genau zu sein. Er ist umgekippt, aber nicht in China. Leer ist er noch dazu. Was soll nun rein in das abgehalfterte Behältnis?


Wer die Prinzessinnengärten in Berlin kennt, weiß, dass nichts geringeres als junges Gemüse in den Sack kommt. Am besten eignen sich Kartoffeln. Denn da mehr Knollen wachsen, wenn der Stängel der Pflanze immer wieder verschütt' geht, also mit Erde bedeckt wird, ist nichts besser geeignet zum Kartoffelanbau als so ein schöner, großer Reissack:

Den kann man nämlich erst mal ganz herunter krempeln, ein bisschen Substrat in den Sack geben, Kartoffeln rein und dann heißt es warten. Sobald sich Blätter und ein Stiel zeigen, rollt man den Rand ein bisschen nach oben und wirft noch mehr Erde hinein, bis nur noch die obersten Blattpaare hinaus schauen. Das macht man solange, bis der alte Sack wieder zu voller Lebensgröße aufgerollt wurde. Andere Pluspunkte sind das geringe Gewicht des Behältnisses, seine helle Farbe, die ein Überhitzen verhindert, und nicht zuletzt die Wasserdurchlässigkeit. Die Pflanzen kriegen außerdem durch die Flexibilität ihrer Behausung immer genug Licht.
Als kleinen Bonus hat man was zu lesen und ein bisschen Asiaflair mit Gemüsefüllung.

Das Ganze funktioniert auch ohne eigenen Grund und Boden - oder wenn man nur mal gucken möchte, wie selbst angebaute Kartoffeln denn so schmecken, bevor man den halben Garten dafür umpflügt.

Damit die Knollen etwas werden, auch wenn sie nicht aus Bodenhaltung stammen, muss man also einen Reissack auftreiben. Damit kann man jetzt schon mal anfangen. Schadet ja nicht, denn im Frühjahr kann es gar nicht schnell genug gehen mit dem Experiment Kartoffelbauer.

Zur Akquise eines solchen Behältnisses gibt es zwei Möglichkeiten:

Möglichkeit A: Die konsum-orientierte

Wo gibt es Reis in wahnsinnig großen Mengen? Im Asialaden. Wenn man dort nett anfragt und auch ein bisschen was kauft, gibt es den leeren Sack gratis dazu. Die freuen sich oft sogar, wenn sie hören, was man damit so anstellen möchte. Wer selbst Zuhause enorm viel mit Reis kocht, kann auch einen vollen kaufen, aber dann gibt es die nächsten Monate wirklich nichts anderes mehr. Da viele Kunden aber auch keinen ganzen Sack erwerben möchten, schwirren in diesen Läden immer schon geleerte Exemplare herum.

Möglichkeit B: Die kulinarische

Im China-Restaurant, beim Thailänder oder Inder werden naturgemäß große Mengen Reis verzehrt. Dabei kann man mithelfen und erwirbt dadurch die Lizenz, nach so einem legendären Sack zu fragen. Ein Essen muss man natürlich bestellen, aber das ist ja auch nicht das Schlechteste. Noch besser klappt das mit dem Fragen, wenn man sowieso schon Stammgast ist.

Das Ergebnis

Damit ihr nicht die Katze im Sack kaufen müsst, habe ich es natürlich selbst ausprobiert dieses Jahr, und zwar mit Erfolg.

Und das ging so: Nachdem ich glückliche Besitzerin eines wunderschön bedruckten Reissackes war, habe ich zwei ebenso schöne Kartoffeln vorgekeimt. Eine rosa-schalige und eine klassisch helle. Im leeren Eierkarton auf der Fensterbank. Das war im Februar, im März kamen die Früchtchen dann in den Sack zusammen mit ein bisschen neuer Blumenerde und altem Kompost.


April: Die ersten Spitzen zeigen sich:



Mai: Der Reissack ist schon einige Male wieder hochgekrempelt worden:


Ende Juni: Die Kartoffeln sind gut gewachsen, das Emblem des Sacks ist schon wieder zu erkennen, soviel Substrat wurde mittlerweile hinzugefügt (meistens habe ich einfach Kaffeetrester und immer mal wieder Langzeitdünger genommen):


August: Einzelne Triebe machen schon schlapp, die Ernte rückt also näher! Auch der Sack sieht nicht mehr taufrisch aus, ist angeschmuddelt, glanzlos und lässt sich hängen - wir werden alle nicht jünger.


September: Es ist soweit: Schatzsuche im Reissack steht an. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, ist aber vielleicht noch steigerungsfähig: Aus zwei Kartoffeln wurden fast 1 kg (978 Gramm) neue, darunter mehrere gigantisch große rote!


Und die sind jetzt auch schon wieder gegessen. Lecker waren sie:

Eigene Kartoffeln, schick in Schale, mit eigenen Tomaten und fremden Oliven

Aber nun mache ich den Sack mal zu. Ihr könnt euch ja jetzt einen eigenen besorgen. Und wer partout keine Kartoffeln mag, der näht sich einfach einen robusten, asiatisch angehauchten Sitzsack im Industriedesign daraus, hat ja auch nicht jeder.

23 Kommentare:

  1. In gewohnt toller Schreibweise habe ich deinen Bericht wieder mal klasse gefunden!
    ich habe 2 Jahre Kübelkartoffeln hinter mir. Mein Fazit: der Aufwand lohnt sich nie und nimmer und wird mehr wegen der Neugier in Kauf genommen. Ist aber schon ein tolles Projekt! Die Reissackvariante gefällt mir viel besser als meine schwarzen Kübel, genau wegen der Vorteile krempen und hell...
    Herzliche Grüsse
    Carmen

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  2. Liebe Elke,

    ach, hat das wieder Spaß gemacht, Deinen Post zu lesen. Ich hatte ja auch Kartoffeln im Garten und war mit dem Ergebnis eigentlich zu frieden. Hab' sie auch immer schön angehäufelt. Irgendwie finde ich die Reissackvariante sehr interessant, aber das ist wohl doch eher etwas für Kleinstgartenbesitzer oder für Terrasse und Balkon.

    Liebe Grüße
    Jutta

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  3. Ja, ich musste auch schmunzeln. Das hast Du wirklich toll beschrieben. ;)
    Jetzt hab ich Lust, das im nächsten Jahr auch auszuprobieren. Yeah.
    Gut, dass ich ein Thailändisches Restaurant um die Ecke habe!
    Muss so ein Sack in der Sonne stehen? Oder ist das egal?
    Mmmmmh. Ich wollte sowieso Kartoffeln haben nächstes Jahr. Aber das hier ist ja wesentlich platzsparender. :) Genau das richtige für meinen kleinen Stadtgarten! Hach! :)

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  4. Danke für die tolle Idee!
    Ich überlege, nächstes Jahr mal die Sackvariante auszuprobieren. Obwohl ich mit der heurigen Kartoffelernte ja schon sehr zufrieden bin - bei mir dauert es halt immer länger, weil die Einpflanzzeit erst beginnt, wenn endlich der Boden ganz aufgetaut ist...

    Tschüüüss, muss jetzt Reis kaufen gehen ;),
    Doris

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  5. Ich bin ganz hin und weg von dieser Idee und werde das auf jeden Fall ausprobieren. Im ersten Jahr, als ich mal Kartoffeln im eigenen Garten ziehen wollte, da habe ich diese viel zu tief eingebuddelt. Es kam nichts, und ich vergaß, daß da was war. Dafür hat der schwere Winter den Knollen nichts anhaben können, und im drauffolgenden Jahr wunderte ich mich über das Grünzeug, was da aus dem Boden kam...bis mir einfiel, daß es sich um die Kartoffeln handelt. Ja, für mich Schussel ist diese Sack-Variante eine Vielversprechende. Danke für diese Idee!

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  6. Das ist aber eine gute Idee.....vielen Dank für die genaue Beschreibung :-)

    Liebe Grüße Eva

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  7. Was für eine tolle Idee! Das speicher ich mir gleich mal und probiere es auch aus!^^

    Mit lieben Grüßen,
    Sarah Maria

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  8. Hi liebe Elke.
    Es war heute besonders köstlich deine Zeilen zu lesen.Was du alles mit so einem Sack anstellst wunderbar.Aber es hat sich gelohnt feine Kartöffelchen sind das gewesen und die haben euch gewiß geschmeckt. Da sieht man mal wieder nicht so schnell alles wegschmeißen.Die liebe Elke weiß mit allem was anzufangen.Mal sehen vielleicht probiere ich es auch aus bei mir auf der Terrasse.
    Schöne Woche noch und liebe GRüße Jana.

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  9. Kartoffel aus dem Sack - man lernt nie aus. Wir haben auch 5 Kartoffeln vom Kompost gerettet (war der Rest vom Wintervorrat und eigentlich war er erfroren - aber trotzdem 5 haben überlebt und fingen an zu treiben) Ich hab sie zusammen mit meiner Tochter (4) unter den Johannisbeerbüschen eingebuddelt und wir haben einen grossen Korb ernten können - zum grossen Teil schon verspeist und sehr gut. Sollte ich nach dem Winter Mal wieder Kartoffeln über haben - sie werden wieder eingebuddelt. Vorteil ist ausserdem dass die von den Schnecken nicht angeschaut werden:)

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  10. Grins, Du bist eindeutig die weibliche Version von MacGyver! Die Idee ist echt klasse!
    Übrigens Deine Röschen wachsen in meinem Garten in Rekordzeit... ich staune nur noch!
    En liebe Gruess
    Alex

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  11. Kartoffeln im Sack...was es doch so alles gibt...werde ich im nächsten Jahr unbedingt einmal ausprobieren...und meine Kinder werden definitiv Spaß dabei haben! LG Lotta.

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  12. Liebe Elke, ich habe heuer Kartoffeln wieder im Topf angebaut und hatte dieses Mal ein wirklich gutes Ergebnis. Den Anbau im Sack habe ich noch nicht probiert, wäre aber auch einen Versuch wert.

    lg kathrin

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  13. Eine irre Idee - ich hab das bisher nur im Zementkübel zu Stande gebracht!
    Was du auch für Ideen hast - und rote noch dazu ...

    Sigrun

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  14. das werde ich im nächsten jahr mit unseren alten kartoffelsäcken machen, dann kann die wühlmaus sich andere beute suchen..danke für die idee..lieber gruß wiebke

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  15. Liebe Elke,

    wie immer ein oberklasse Post und eine suuuuuuuuuuuuuuper Idee ;)

    Lg Sandra

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  16. Liebe Elke,

    ich bin fast sprachlos! Deine Idee ist ja schon der Hit, die Geschichte zum Sack aber ist genial,köstlich,wunderbar. Da es ja nun noch immer kein Buch von dir gibt (oder?) Werde ich mir deine Einträge ausdrucken und nur so für mich sammeln. Bei Regenwetter und Grippeanfällen, Sommerhitze, Frühlingspollen, Wintereinbrüchen (also immer) sind deine Geschichte die beste Entspannung und Unterhaltung und schlauer werde ich hier auch noch.
    DANKE.

    Herzliche Grüße, Jo

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  17. Jetzt erst gesehen - was für eine gigantische Idee und wie wunderbar geschrieben! Das könnte auch mit den "Gewebesäcken", mit denen wir zeitweise das Pferdefutter bekommen, funktionieren. Und die Ausbeute ist ja wirklich gut, ich glaube das versuche ich auch einmal! Vielen Dank dafür!

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  18. ja, find ich auch fein, obwohl ich hier nicht an reissaecke kommen wuerde. dafuer gibts hier kohlesaecke aus so einem kunstgewebe... allerdings halten sie nur einen sommer, weil sie ziemlich uv-empfindlich sind und schnell zerfallen.... was ich dabei gut finde: wenn man mit kartoffelfaeule zu kaempfen hat, kann man sowas auch mit blumenerde/kompost fuellen - und irgendwo hinstellen, wo eine "nicht erdige" unterlage drunter ist, sodass die pilze im boden nicht an die "aerpel" koennen:) so aehnlich sind dann diese kunststoffgefaesse gestrickt, die es hier und in uk angeboten gibt: drei oder vier ringe, die nach und nach aufeinandergesetzt und gefuellt werden. ginge vielleicht auch mit alten autoreifen - sofern man sowas rumfliegen hat? attraktiv ist allerdings anders:)

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  19. Und schon bin ich auf den Suche nach Säcken .

    GlG Jane

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  20. Klasse Sache, dieses Gärtnern in Säcken und Kübel.
    Hat sich, wie ich gesehen habe, von den Prinzessinnengärten nun auch schon auf das Tempelhofer Feld ausgeweitet ;-)
    Jedem sein Säckchen sag ich da nur!!!

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  21. Ich habe auch Kartoffeln auf meinem Balkon gepflanzt, da ich keine Reis
    Säcke bekommen konnte habe ich es mit großen Einkaufstüten aus dem örtlichen Discounter gemacht. Funktioniert wunder bar, man muss allerdings an der Unterseite einige Löcher hinein stechen damit das überschüssige Wasser abfließen kann.

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  22. Liebe Elke
    Ich bin daran eine Naturwerkstatt zum Thema "Gemüsevielfalt" zu machen.
    Dabei beschreibe ich auch einen Arbeitsauftrag um Kartoffeln im Sack anzupflanzen. Zur Bebilderung suche ich nun noch Fotos.
    Du hast sehr schöne Fotos in deinem Blog.
    Wärst du bereit mir 1-2 Bilder zur Verfügung zu stellen?
    Ich bin gespannt und freue mich sehr auf Deine Rückmeldung!

    Freundliche Grüsse und einen guten Tag!

    Andrea Frommherz, andrea.frommherz@swissonline.ch, Biel/Schweiz

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  23. Bei uns im Kindergarten machen sie das auch
    jedes Jahr und die Ernte ist einfach
    und gut. Sie nehmen aber normale
    blaue Plastesäcke und pieken
    seitlich unten einige Löcher
    hinein damit das Wasser ablaufen
    kann.
    Ansonsten ebenso wie in deiner Beschreibung��

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