Samstag, 7. Juni 2014

Mind the gap, please

Selten habe ich einem Buch so entgegengefiebert wie diesem. Schon als die Vorankündigung erschien, war die Vorfreude groß. Und nun ist es da: Schwarz, breit, stark bebildert: "Blackbox Gardening" von Jonas Reif und Christian Kress, mit Fotos von Jürgen Becker.

Hinter diesem Titel, für den es so recht keinen deutschen Begriff gibt ("Lass dich überraschen"?), wird ein neuer Ansatz beschrieben, Gärten zu gestalten, beziehungsweise gestalten zu lassen, nämlich von den Hauptpersonen, den Pflanzen selbst. Sich versamende Pflanzen sind die Akteure, einmal gepflanzt oder ausgesät, sorgen sie für immer neue Bilder, die uns überraschen und staunen lassen. Das ist nicht nur spannend, sondern auch viel günstiger als ein komplett bepflanztes Staudenbeet.

Für so ein spontanes Spektakel braucht man nicht nur die Initialzündung in Form von Gründerpflanzen oder Samen, sondern auch einen freien Platz im Garten. So etwas habe ich nicht, aber wer wird denn gleich schwarzsehen? Stattdessen praktiziere ich das Blackbox-Gardening schon seit Jahren im normalen Blumenbeet, ohne den Begriff dafür zu kennen, und zwar mit Akeleien, Wald-Scheinmohn, Jakobsleitern, Braunem Storchschnabel oder Fingerhut (stehen alle im Buch).

Mein Garten hat ja immer seinen eigenen Kopf und würde gern noch folgende Blackbox-Pflanzen hinzufügen, die im Buch nicht vorkamen: Wald-Ziest (Stachys sylvatica), Pentaglottis und Geranium nodosum.




Wie das Alles im großen Stil aussehen kann, zeigen die großartigen Bilder von Jürgen Becker aus verschiedenen Gärten. Oft ist das ganze Areal mit sich versamenden Pflanzen gestaltet, manchmal säen sich die Stauden einfach in Mauerritzen, Wege oder Fugen. Dazu noch die Bilder von amerikanischen Blumenwiesen, wie sie in der Natur vorkommen. Sowas kennt man ja hierzulande gar nicht.

Diese Beispiele machen Lust, es auch einmal so zu versuchen. Eine Anleitung für ein Kalk-Splitt-Beet gibt es gleich dazu.


Im hinteren Teil des Buches finden sich die Akteure im Portrait nach Lebensbereichen geordnet. Darunter nicht nur altbekannte Arten, sondern auch für mich echte Neuvorstellungen, wie Himalaya-Silge oder Wechselständiger Kronbart - allein die Namen sind schon verheißungsvoll.

Meine Vorfreude war also durchaus berechtigt, das Buch hat mir sehr gut gefallen. Endlich mal ein Werk, das über den Einsteigerlevel hinausgeht. Auch die ökologischen Grundlagen der Besiedlungsstrategien waren äußerst interessant zu lesen. Der Schreibstil ist ebenfalls gelungen, nicht ohne Witz hier und da, aber dankenswerterweise inklusive ein paar Fremdwörtern.

Ein Buch also für experimentierfreudige Gärtner, die keine durchgeplanten Beete mögen, sondern sich gerne überraschen lassen. Und ein Buch für die Natur und gegen sterile Hausgärten. Es lebe die Anarchie!

15 Kommentare:

  1. Deinen letzten Satz kann ich nur unterschreiben! Hab diesen Beitrag mit großem Interesse gelesen und mich ansatzweise wiedergefunden. Kürzlich las ich, dass größere mit ein und derselben Pflanze gefüllte Beete wieder "in" sind. Und auch da bin ich d´acord. Ich habe das gegenteilige Problem: Der Garten ist groß und ich will nicht nur Hecken und Rasen haben, also müssen Flächen gefüllt werden und natürlich sollte auch über das ganze Vegetationsjahr etwas blühen. Bei mir gärtnern die Schnecken ziemlich mit, so zu lesen: Was sie nicht mögen, hat bei mir großen Kredit. Also Rosen, darunter Katzenminze, das ganze über viele Meter. Damit es nicht langweilig wird, gehe ich von der gerade Linie weg, die gibts bei mir nirgens. Auch die großblättrigen Hostas hab ich zuhauf am Gehölzrand, eine Menge davon können die Schmeimer nicht knacken und die paar Löcher in den Blättern schmälert die Fernwirkung nicht. Auch Frauenmantel. Lavendel, Salbei mögen die Nackten nicht und so manch anderes, das alles darf in Mengen wachsen und sich vermehren. Früher wollte ich partout bestimmte Pflanzen im Garten haben, was dann teilweise nur Probleme brachte, jetzt sind wir alle viel zufriedener. ich, weil ich die Fülle habe, ohne viel Arbeit und die Pflanzen, weil sie sich ausbreiten dürfen ;-)
    Liebe Grüße und danke für den Buchtipp
    Elisabeth

    AntwortenLöschen
  2. So ein Zufall...ich halte das Buch seit heute auch in meinen Händen...und habe vor, mich heute Abend darin zu vertiefen...Danke schon mal für die ersten Blicke...LG Lotta.

    AntwortenLöschen
  3. Ob es dafür ein Buch braucht, weiß ich nicht. Aber ich stelle fest, dass sich das Prinzip doch von selbst verwirklicht, wenn man nicht jedes unbekannte Pflänzchen herausreißt und sich selbst versamende Pflanzen nicht nur als Störenfriede ansieht, sondern sie einfach mal stehen lässt, wo sie wachsen wollen. So handhabe ich das in meinem Garten und es gefällt mir. Mir fällt auf, dass der Untertitel eigentlich ein Paradoxon ist - oder nicht? Wollen die Autoren nun gestalten oder nicht *grübel*?
    Liebe Grüße
    Elke

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich denke, das Gestalten heißt in erster Linie, Lichtverhältnisse und Boden zu analysieren und danach die Pflanzen auszusuchen. Dann braucht man die Erstpflanzung oder -ansaat. Ich finde schon, dass das eine Form der Gartengestaltung ist.

      Löschen
  4. Ganz mein Prinzip ;-) Diese Art des Gärtnerns ... Habe ich heute erst wieder drüber geschrieben.
    Gartenbücher brauche ich auch nicht mehr ... alles hat seine Zeit - aber schon für die Bilder darin lohnt es sich sicherlich, wie Du schreibst.

    Liebe Grüße und ein frohes Pfingstfest
    Sara

    AntwortenLöschen
  5. Hallo Elke, von dem Buch hatte ich auch schon gelesen...jetzt steht es auf meiner Wunschliste
    ;-) denn Bilder von Jürgen Becker sind immer was Besonderes.
    Lieben Gruß von Heike

    AntwortenLöschen
  6. Mein Garten macht das schon weitestgehend, jetzt gibt's dafür auch den passenden Namen ;-) - und das Buch werd ich wohl haben müssen, klingt spannend, danke für den Tip!

    AntwortenLöschen
  7. Liebe Elke,
    mehr oder weniger macht man das wohl
    sowieso mit den Pflanzen die man mag :-)
    Bei mir sind es Akeleien, Fingerhut, Eisenkraut, Zitronenmelisse,
    Vergissmeinnicht und Jakobsleiter die durch den Garten wandern :-)
    Das Buch hört sich gut an - und die Bilder von Jürgen Becker habe ich schon
    in meinem "Garten fürs Leben" bewundert
    Ganz viele liebe sonnige Pfingstgrüße
    sendet dir die Urte :-)

    AntwortenLöschen
  8. Na, dann oute ich mich mal wieder......
    Anarchie herrscht in meinem Garten nicht. ;-)

    Ich habe auch schon über das Buch gelesen, da ich mir diese Art von gärtnern aber für meinen Garten nicht vorstellen kann ( dazu ist er zu klein) werde ich es mir auch nicht kaufen.

    lg Frieda

    AntwortenLöschen
  9. LIebe Elke,
    wiedermal "DANKE" für diesen wundervollen Buchtipp!
    Ich bin ganz fasziniert, dass man das, was bei mir im Garten so passiert, auch lenken kann!
    Hach, schon wieder ein Buch mehr auf meiner "Will-haben-Liste"!

    AntwortenLöschen
  10. Naja, da hier ja noch so einige Flächen umbewirtschaftet sind mache ich häufig viele nette Entdeckungen. Für mich auch wirklich was schönes denn ich freue mich immer wenn ich was finden darf ;-)). Übrigens wächst Fingerhut hier im Wald!

    Liebe Grüße Alexandra

    AntwortenLöschen
  11. Hallo Elke,
    wußte gar nicht, daß es für diese Art zu gärtnern einen Begriff gibt. Ich mache es im kleinen nämlich schon seit Jahren. Ich lasse die Pflanzen aussamen und rupfe nur aus, wo sie überhand nehmen oder gar nicht passen. Klappt ganz gut, außer mit den von dir genannten Sorten auch noch mit Vergißmeinnicht, Kaukasusvergißmeinnicht, Frauenmantel, Vexiernelke und den "Wilden" wie Waldgeißbart, wilder Möhre oder Karthäusernelke. Ich finde der Garten bekommt dadurch auch einen ganz anderen Stil. Das Buch werde ich mir auf jeden Fall mal merken. Danke für den Tip.
    Liebe Grüße
    Dagmar

    AntwortenLöschen
  12. Habe das Buch vor paar Tagen von Amazon empfohlen bekommen. Sieht ja erstmal interressant aus, nur habe ich hier schon mehr "Blackbox", als mir lieb ist - mit Löwenzahn, Disteln, Brennesseln, Springkraut und Kratzbeeren. Ich schätze, dieses Prinzip funktioniert wunderbar, wenn rechts und links relativ sterile Gärten sind, damit auf dem "Landeplatz" auch wirklich die willkommenen Gäste erscheinen.
    Mit Wald und Wiese drumherum kommen nicht die schönsten, sondern die energischsten Pflanzen, und würgen den Rest ab.
    Dank Dir weiß ich jetzt, wie ich einen der netteren Gartenbewohner anreden muß - Pentaglottis ist mir in den Erdbeeren begegnet, und ich wußte nicht, was das ist.

    AntwortenLöschen
  13. Hallo Elke,
    hab Ihren Blog über eine Freundin erhalten.
    Das Buch ist genau das, was mir noch fehlt. Als Gartenplanerin nach Feng Shui benötige ich solche Informationen. Leider sieht man so viele Bücher, die man gerne haben möchte. Aber dieses ist das, was meinen Ambitionen am nächsten kommt.
    Werd mir das auf meinen Wunschzettel schreiben.
    Liebe Grüße
    Heike (der gartenengel)

    AntwortenLöschen
  14. WOW ,das Buch sieht ja schon mal hammer aus !! Und deine Vorstellung hört sich noch mehr hammer an *hihi*
    Oje, ich befürchte da wird mein armes Gärtnerherz wieder schwach und läßt das MUSS HABEN GEN raushängen ;-)
    Aber da ich weder Schmuck, teure Autos noch geldverschlingende Urlaube brauche, finden Gartenbücher ( hab da schon einige, naja mein GG würde sagen viiiieeeele ) bei mir immer noch ein schönes Plätzchen und werden immer wieder hervorgeholt und zufrieden beäugelt *gg* haaaaach ist das schööööön ;-) *DANKE* fürs Vorstellen *o*
    ;o) ......

    AntwortenLöschen

Mit der Nutzung der Kommentarfunktion erklärst Du Dich mit der Speicherung und Verarbeitung Deiner Daten durch diese Website einverstanden.