Sonntag, 26. Oktober 2014

Versuch einer Entschuldigung

Wenn mein Garten doch immer so ordentlich aussehen würde wie im Frühjahr! Bis Juni bin ich noch ganz zufrieden mit dem Zustand der Beete, aber danach stürzt der Garten sich ins Chaos. Viel zu viele Stauden wuchern gen Himmel und setzen ihre Ellbogen ein, um Nachbarn zu verdrängen, die ein bisschen Schwäche zeigen. Ich glaube langsam, die wittern sogar meine Zögerlichkeit, die Schere oder gar den Spaten zu benutzen, und legen sich umso mehr ins Zeug, um zarte Pflanzen wirkungsvoll unterzubuttern.

Ab Hochsommer gibt es noch einen weiteren Grund für die Unordnung in meinem Garten, denn er ist dann komplett verwanzt! Mehrere Wanzenarten, allesamt schillernde Persönlichkeiten, leben in meinem Grünzeug und machen sich über die Samenstände an den Stauden her. Das große Krabbeln im kleinen Garten nimmt seinen Lauf!

Wanzen, das sind die Insekten mit dem allerschlimmsten Ruf der Welt, und das nur, weil eine Art ihren Rüssel nicht bei sich behalten kann und Menschen befällt, nämlich die blöde Bettwanze. Wegen ihr ist gleich die ganze Sippschaft in Ungnade gefallen, und das ganz zu Unrecht.

Viele Wanzen sind in Wahrheit ausgesprochen hübsche und bunte Sechsbeiner, oft nicht sehr mobil, aber bei genauem Hinsehen omnipräsent im Garten - in meinem in beeindruckender Vielfalt.

Hier ist die Schillerwanze (rechts mit im Bild die Grüne Stinkwanze Palomena prasina in verschiedenen Larvalstadien) bei der Arbeit im Wiesenstorchschnabel zu beobachten - ein illustres Insekt in Hochglanzoptik.


Auch die auffällige Zimtwanze mit der roten Warnweste liebt die Samenstände, aber lieber, wenn diese noch grün sind:

Sehr ähnlich sind die Feuerwanzen, die ich in großen Familienversammlungen im Garten habe, weil ich so viele Moschusmalven kultiviere. Das Bild ganz links ist aber aus dem Park, denn Linden lieben sie auch. Das ist natürlich ein sehr exquisiter Geschmack - und was Linden mit Malven zu tun haben wissen wohl nur die Feuerwanzen, schließlich degustieren sie beide ganz ausführlich und mit Hingabe - manchmal auch mit Vogelstraußpolitik (Bild unten rechts).

Wanzenlarven sind nicht minder hübsch und oft lustig kugelige Dinger, die in kleinen Grüppchen auf den Pflanzen herumlungern.

Schaden richten sie keinen nennenswerten an. Sie saugen an den Staudensamen, aber meist bei den Arten, die sich sowieso reichlich von alleine aussamen, so dass es auf ein paar mehr oder weniger nicht ankommt.

Der größte Nachteil an den Wanzen ist, dass ich es nie über's Herz bringe, die verblühten Storchschnäbel, den Odermennig, den Heilziest, die Malven und den Waldziest abzuschneiden, weil mich die ganze bunte Kinderstube aus ihnen heraus anschaut.

Und da Wanzen nun mal keine Schmetterlinge sind, sieht natürlich wieder keiner, warum mein Garten so wild aussieht. Selbst einer kostenlosen, geführten Tour durch die Wanzenwunderwelt in meinem Grünzug steht der Durchschnittsbesucher eher skeptisch gegenüber.

Aber nun wisst ihr wenigstens, warum Wanzen meinen Garten so lieben - und warum er deshalb nie so aussieht wie in einer Hochglanz-Zeitschrift.

24 Kommentare:

  1. Ich bin - keine Ahnung, finde keine Worte - Wanzen. Die sind hier auch :) ganz viele. Wie gut, dass mir endlich mal jemand etwas darüber erzählt! Ich könnte mich ja selber schlau machen, nur habe ich das nicht gesehen.... Mein Garten muss ein Wanzenparadies sein :)
    Herzlichst
    yase

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  2. Liebe Elke,
    lieber ein lebendiger, verwanzter Garten, als einer, wie aus dem Hochglanzmagazin!
    Und: ist es nicht häufig so, dass nur eine kleine Gruppe einer Art die ganze Bande in Verruf bringt? (Kenn' ich auch von menschlichen Exemplaren!) ;)

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  3. "Wanzenwunderwelt" :)

    Jetzt weiß ich endlich mal, dass das in meinem Beet Feuerwanzen sind. Ich dachte ganz naiv immer, das wären "irgendwelche Käfer".

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  4. Ob Muldoon dabei ist? Spass beiseite - aber bei diesem interessanten Artikel sind mir eben die beiden Insektenkrimis von Paul Shipton in den Sinn gekommen... Die habe ich anno domini in meinem allererstem Post im Gartenbuchblog "Die Sofagärtnerin" vorgestellt. LG

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  5. Oh, sooo hab ich Wanzen auch noch nie gesehen .... toll!
    schöne neue Woche
    wünscht Dir Elisabeth

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  6. Liebe Elke,
    was für ein herrlicher Beitrag! Die Wanzen sehen auf deinen Fotos wirklich toll aus! Und mal ehrlich, wer will schon eine hochglanz Garten?! Liebe Grüße zu Dir, Silvi

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  7. Die Feuerwanzen sind die einzigen, die ich kenne, weil wir im vorigen Garten eine Linde hatten. Linden und Feuerwanzen bilden wohl auch eine Symbiose...bei den übrigen Exemplaren bin ich vorsichtig. Welche sind denn die, die stinken, wenn man sie anfaßt?
    LG Sigrun

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    1. Hallo Sigrun,
      die Grüne Stinkwanze (Palomena prasina) hat die Stinkdrüsen. Ob die kleinen Larven auch schon stinken können, habe ich nicht ausprobiert.
      VG
      Elke

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  8. the fiery ones bring out regiments on my Melianthus. I wanted to call them Rothschild beetles. But, siehe da, there ARE Rothschild beetles.

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  9. die feuerwanzen habe ich auch in den stockrosen, aber ich habe mal gelesen, daß sie nicht schädlich sind!!! tolle kamera, jetzt bekommen die kleinen käfer auch gesichter, lach!!! einen schönen abend wünscht angie

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  10. Traumhafte Bilder und ui ui ui, wieder was gelernt!!! Und das mit dem Ordnungs-Unordnungsprinzip - das kenne ich auch!
    Hab eine superfeine Woche
    Elisabeth

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  11. Na, das ist ja mal eine verwanzte Perspektive!
    Köstlich beschrieben!

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  12. Super - ich habe wieder etwas von dir gelernt. Da werde ich heute mal mit dem Wanzenblick durch den Garten gehen. Die roten und die grünen Hochglanz-Freunde mögen meinen Garten auch.
    Vielen Dank fürs Teilen.

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  13. Super schöne Fotos und auch noch was dazugelernt :)

    Schönen Wochenstart wünscht dir Eva

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  14. Liebe Elke,
    ziemlich verwanzt dein Post ;-)))
    Aber super tolle Bilder!
    Ganz viele gemütliche Herbstgrüße
    sendet dir die Urte :-)

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  15. In meinem Garten gibt es auch viele Wanzen. Toll, jetzt habe ich auch ein gute Alibi wenn es wieder einmal sehr unordentlich aussieht.
    Dir eine gute Woche, liebe Grüße von Marie

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  16. Hey! Dieser riesige langsame Käfer neulich im Bad war also eine Wanze! Interessant :-) Solch hübschen Gesellen traue ich Schädlichkeit auch irgendwie gar nicht zu. Puh, bin ich oberflächlich.

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  17. Liebe Elke, in meinem Garten leben zwar auch viele Wanzen, aber so viele verschiedene sind es nicht. Am ehesten treffe ich auf Feuerwanzen und die Grüne Stinkwanze. Du hast Deine Gartenbewohner jedenfalls perfekt in Szene gesetzt.

    lg kathrin

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  18. Dafür bitte keine Entschuldigung :-) Als "Gärtnerin" freue ich mich nicht nur über Flora, sondern auch über Fauna. Deine Wanzenwunderwelt ist sehr beeindruckend und spricht für den guten Zustand Deines Gartens.
    Viel Freude weiterhin an den kleinen Bewohnern.

    Grüße
    die Füchsin

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  19. Hallo Elke,
    ja, die Feuerwanzen bevölkern unseren Garten auch in rauhen Mengen. Unsere Kleine hat sie sogar eingesammelt und ein Haus aus LEGO-Steinen gebaut.

    Gruß Dieter

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  20. Liebe Elke, herzlichen Dank, dass bei dir wieder so unscheinbare Gesellen ins rechte Licht gerückt werden ich habe mich gleich einmal auf die Suche nach mehr begeben und auch wenn der Schreibstil Deinem nicht gerecht wir, gibt es hier noch einige weitere Informationen:-)
    http://www.nabu.de/tiereundpflanzen/insektenundspinnen/wanzen/
    und
    https://www.planet-wissen.de/natur_technik/insekten_und_spinnentiere/wanzen/index.jsp
    LG Cordula

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  21. Wo in der Natur ist es denn schon aufgeräumt ... ;) Ein wenig wild wirkt doch viel spannender. Und über Wanzen sollte man wahrscheinlich wirklich mehr wissen, auch wenn ich selbst vor allem daran interessiert bin, dass sie draußen bleiben *g* und die Stinkwanzen nicht über die Himbeeren laufen. Die hinterlassen Geschmacksspuren ....
    Also danke für den interessanten Beitrag und die tollen Fotos. Ich werde bestimmt noch öfter im Blog stöbern und demnächst darauf achten, welche Sorte Wanze mir über den weg läuft. :)

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  22. Hallo Elke,
    ich stelle mir gerade bildlich vor, wie Dich die ganze Wanzenkinderschar aus den verblühten Stauden heraus anschaut... *lach* Jetzt habe ich wenigstens auch eine Ausrede, weshalb meine Beete ab Juli immer unordentlicher werden, denn Wanzen sehe ich hier auch oft. ;-) Die auf dem letzten Foto in der Mitte ist ja ein besonders hübsches Exemplar.

    Liebe Grüße, Bärbel

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  23. Ein toller Post, Elke! Mir gefallen die Wanzen und ja, sie krabbeln auch fleissig bei mir im Garten rum und manchmal sogar in der Stadt, in meinem Büro *schmunzel*. Ich bugsier dann die etwas unkontrolliert herumfliegenden Brumsels wieder ins Freie. Aber gut ist, dass ich nun auch eine Entschuldigung für meinen etwas wilden Garten habe :o). Danke dafür!
    En liebe Gruess
    Alex

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