Samstag, 28. Januar 2017

Kann das denn wahr sein?

Oft liest man in Gartenzeitschriften oder im Internet gute Ratschläge, meist bebildert, damit man auch ganz genau weiß, wie man was zu tun hat. Manchmal bekommt man sogleich ein schlechtes Gewissen, weil man es doch anders macht als dort geschrieben steht. Oder man macht es gar nicht. Das Ergebnis ist dasselbe: Man zweifelt an der eigenen Disziplin im Garten und an seiner Zurechnungsfähigkeit sowieso.

Hier meine Hitliste von Empfehlungen, die ich stets mit großer Sorgfalt durchlese, nur um sie dann mit genauso großer Sorgfalt zu ignorieren:

  • "Raupen, Larven oder andere Jugendstadien von Schadinsekten über den Hausmüll entsorgen." Viele erwachsenen Insekten, die ich kenne, sind zwar durchaus mobil und legen in kürzester Zeit laufend oder fliegend große Strecken zurück, doch ihre Kinderstube glänzt meist mit großer Trägheit. Herausgeschnittene Äste mit Gespinnstmottenraupen zum Beispiel können daher guten Gewissens in den Kompost wandern oder sogar in irgendeine Ecke des Gartens geworfen werden. Auch die Larven der gefräßigen Stachelbeerblattwespen sammle ich einfach nur von den Blättern meines Hochstämmchens und lasse sie an Ort und Stelle fallen (auf dem Foto ist stellvertretend die Verwandtschaft an einer Weide zu sehen). Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit schaffen es die Raupen nicht, die Wirtspflanze zu Fuß und lebend nochmals zu erreichen.

  • "Fruchtmumien im Frühjahr entfernen." Dieser Ratschlag ist an sich wirklich wertvoll, nur hapert es hier an der Umsetzung. Die ollen Schrumpfköpfe, die mal Zieräpfel voller Saft und Kraft waren, sind nicht nur nicht besonders hübsch, sondern können auch eine Brutstätte für Pilze wie Monilia sein. Nur wie soll ich das Trockenobst aus dem mittlerweile bestimmt acht Meter hohen Zierapfel klauben? Dazu müsste ich schon schwindelfrei und lebensmüde zugleich sein. Und so warte ich einfach ganz leichtsinnig ab, denn runter kommen sie am Ende alle.

  • "Den Rasen bei Frost nicht betreten." Jaaaaa, ich weiß. Das bekommt dem Gras bestimmt viel besser, wenn die Halme nicht im gefrorenen Zustand mit Füßen getreten werden. Aber wie soll ich denn sonst bitte schöne Raureiffotos vom Garten machen? Mit Schneeschuhen? Also betrete ich den Rasen sehr wohl und er überlebt es doch jedes Mal wieder.





  • "Saatgut von Tomaten drei Tage in Wasser gären lassen, um die keimhemmende Glibberschicht zu entfernen." Das ist nicht nur eine reichlich unappetitliche und mühsame Veranstaltung, die man besser vor Besuch verstecken sollte, sondern auch noch völlig unnötig. Ich lasse die frisch aus der Frucht entnommenen Samen immer auf Küchenkrepp trocknen. Dort bleibt das Saatgut dank der Glibberschicht einfach kleben. Soll im Frühjahr ausgesät werden, kann man die Samen ganz leicht abknibbeln oder mit ein bisschen Küchentuch abreißen - die keimen garantiert. Netter Nebeneffekt: Das Küchenpapier kann man mit Bleistift beschriften und so mehrere Sorten gleichzeitig ohne Informationsverlust unterbringen.


  • "Pflanzen nicht in der Mittagssonne gießen, da die Tropfen sonst wie Brenngläser wirken." Die Gießkanne morgens oder abends zu schwingen, ist tatsächlich geschickter und für den Wasserträger weniger schweißtreibend. Die Pflanzen haben so auch mehr davon, da das Wasser nicht sofort wieder verdunstet. Allerdings haben Forscher fieberhaft versucht, den berüchtigten und gern zitierten Brennglaseffekt nachzustellen und sind kläglich gescheitert. Der Einfallswinkel der Sonnenstrahlen passt bei den meisten Blattoberflächen einfach nicht, um wie eine Lupe zu wirken - die Tropfen sind viel zu flach. Eine gelegentliche Notwasserung zur Mittagszeit hat noch keine Pflanze umgebracht, Wassermangel aber sehr wohl. 

  • "Der Kompost muss mehrfach umgesetzt werden, damit aus ihm was wird." Gut, dass der Thermokomposter erfunden wurde! Der führt nämlich beim Inhalt zu einer kuschlig warmen Verrottungstemperatur, während ich ihn nicht im Schweiße meines Angesichtes dauernd umschichten muss - stets mit der gemeingefährlichen Kletterrose im Rücken. Also kippe ich einfach immer alles oben drauf und warte in aller Ruhe ein Jahr ab. Die Würmer wandern schon von selbst in ihre Lieblingsschicht und wollen sowieso nicht so gern bei der Arbeit gestört werden. Und am Ende ist noch immer Kompost dabei raus gekommen.



Kennt ihr auch Ratschläge, die bei euch aus gutem Grund nicht zur Anwendung kommen? Dann raus mit der Wahrheit!

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Bei der Verlosung von meinem Buch "Mein Bienengarten" hat gewonnen: Birgitt
Schick mir bitte deine Adresse per Mail und ab geht die Post!


21 Kommentare:

  1. wie immer triffst du den Nagel auf den Kopf! und es gibt vieles zum Schmunzeln Danke.
    Da fällt mir auch etwas ein , kompost soll wohl immer keimfrei sein, so dürfen erkrankte Pflanzen nicht darauf, welche Pflanze im Biogarten ist schon keimfrei?
    Bei mir wandert auch alles dahinein, auch Wurzelunkräuter, Pflanzen mit Saatständen und es wird bester Kompost daraus.
    Es sind auch wunderbare Saaten unter den Obstgehölzen als Gründüngung, wenn ich den Kompost verteile.
    Ebenso wird geraten, alles Laub von den Rasenflächen abzuharken, das mache ich nie; denn darunter aber bildet sich Humus, die Amsel findet einen Wurm. Deshalb ist noch kein Grün eingegangen, im Gegenteil das feine dünne Laub schützt vor Kahlfrösten.

    Eidchenlaub muss aus dem Garten entsorgt werden, denn es verrotet angeblich nicht.
    Bei mir wandert es unter die Moorbeetpflanzen als Mulchdecke, um ein saueres Bodelebenwesen zu fördern. Nach einem Jahr ist alles weg von den vielen Bodenlebewesen verzehrt. Und auch das fördern die Amseln durch Wenden, wenn sie ihre Würmer suchen.
    Grüße von Frauke
    ps habe immer noch Freude an den Saaten von obi, so blühen im kommenden Jahr noch viele zweijährige Bartnelken und Lupinen.

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    1. Das habe ich auch schon beobachtet, dass die Regenwürmer unter dem Rasen sich gern Blätter in ihre Röhren ziehen. Sowas geht natürlich nicht, wenn man alles Laub wegharkt...

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  2. Vielen Dank für den schönen und informativen Artikel!
    Liebe Grüße
    Dani

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  3. Genau so ist es!!!! Bin ich wahnsinnig und schaufle den Kompost freiwillig mehrfach um? Mir reicht es, wenn ich das einmal im Jahr mache! Überhaupt sind meine “Methoden“ nicht immer konventionell!!!! Herrlich, wie dumm meine Nachbarn geguckt haben, als ich meinem verdichteten Boden mit einem 40 cm langen Mauerdurchbruchsbohrer zuleibe gerückt bin!!!Mit der Aerifiziergabel kam ich nicht tief genug!!! Haha...
    Und mein Onkel gab mir mal den Tipp... mach einfach, wie du meinst und wenn es daneben geht, sag einfach die Pflanze wäre erfroren!!!! Mit diesem Tipp bin ich bisher immer gut gefahren!!!!
    Viele Grüße von Margit

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  4. ...sehr interessant geschrieben und wunderschön bebildert, dein Post, liebe Elke,
    und am Ende noch die Überraschung! ich freue mich sehr, dass ich dein Buch gewonnen habe...und die Bienen werden sich hoffentlich auch freuen, wenn ich das Buch gelesen und einiges im Garten umgesetzt habe...Mail kommt gleich...

    einen schönen Tag wünscht dir
    Birgitt

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  5. Liebe Elke,
    ich habe eben deinen interessanten Post verschlungen.
    Viele Tpps beherzigt man einfach so ohne groß darüber nachzudenken.
    Schön dass du etwas Licht ins Dunkel gebracht hast :)
    Deine Fotos sind wieder wunderschön.
    Viele liebe Grüße
    Silke

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  6. Liebe Elke,
    interessant die Ausführungen zu den Fruchtmumien an den Zieräpfeln und den Brennglaseffekt hab ich ohne groß zu hinterfragen "geschluckt"...jetzt seh ich klarer ;-) und zur Not wird im Sommer, wenn die Stauden schlappen, auch im Mittag gegossen.
    Viele liebe Grüße,
    Marita

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  7. bin 100 % mit deiner ansicht einverstanden :)
    in zeitschrifte kommen die selben ratschläge immer wieder, die eigentlich nicht richtig passen oder genauer jeder muss seine eigene erfahrungen je nach garten, gemüt, ansicht selber machen. seit langem bemerke ich dass die gärten die angeblich schön angelegt mit geradene linien, ohne unkraut nicht immer mit schönes gemüse beschenkt werden und sie fehlen meiner achtung an leben.
    mein modell ist eher der garten meiner jugend, unserer war mehr gemischt * blumen und gemüse * und es wachste sehr gut obwohl der wald daneben mehr schatten als gewünscht machte, es ist eine kunst die gartenarbeit, die mein vater sehr gut mit der zeit konnte * solche gärten bewundere ich * aber selber denke ich mehr global * und mische zu gerne wildes * schönes gemüse muss ich daher kaufen * auf dem bio markt * gutes bezahle ich gerne mehr * bin also mehr ein naturfreund wie ein gartenexperte in der praxis !
    nettes wochenende!

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  8. Liebe Elke, da hast Du aber einige Interessante Sachen zur Sprache gebracht. Und Recht hast Du, viele Dinge sind mittlerweile einfach auch überholt .. früher gabs halt noch keinen Thermokomposter. Da muss man einfach auch umdenken und sich der Zeit anpassen. Mein Rasen muss da auch durch, die Hunde rennen den ganzen Winter wie wild darauf herum ... kein Problem, Gras wächst immer noch schneller als mir oft lieb ist. Rosen schneide ich zb. nur im Frühling und nach der 1. Blüte, nie im Herbst. Im Winter frieren sie eh zurück, warum sollte ich sie vorher schon einkürzen? Reste vom Schneiden der Rosen schneide ich klein und bringe sie rund um die Rosen als Dünung aus (den Tip hab ich vom örtl. Rosenzüchter). Toller Post, liebe Elke. Sei gegrüßt von Marion

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    1. Ach, da habe ich was vergessen: Ich wurde von den Naturwerken angeschrieben mit HInweis auf einen Artikel: http://www.naturwerke.net/naturwerke.dll/cpmRkVx7j0ECiAp-VD-lIq/$
      Es geht um das Fernbleiben der Vögel an den Futterhäusern in diesem Winter. Hier wird nochmals gezielt beobachtet. Hierzu benötigt man reichlich Beobachter. Ich dachte, dass ich darüber berichte. Hättest Du vielleicht auch Lust das Thema aufzugreifen?
      LG Marion

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  9. An Kompostregeln halte ich mich eigentlich auch nicht...allerdings hat der Thermokomposter nie das versprochene Ergebnis geliefert, dass man einfach von unten fertigen Kompost entnehmen kann. Ich nehme an, es war einfach zu trocken und ich hätte öfter Wasser dazugeben müssen. Lustige Raupenfotos...:-)
    LG Sigrun

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    1. Das hat bei mir schon mal geklappt mit der Klappe. Außer, ich habe zu viel Zweige unten reingestopft, was ich seitdem nicht mehr mache...

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  10. Liebe Elke,
    da fühle ich mich gleich nicht so allein, wenn ich die Gartenarbeiten und meine Pflanzen auf meine eigene Art und Weise Handhabe.
    Liebe Grüße und noch viel Erfolg auf deinem persönlichen Weg!
    Natalia

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  11. Hallo Elke,
    deine Sichtweise zeigt, dass man nicht jedem Tipp blind folgen muss, vor allem wenn der Aufwand sehr groß ist.
    Nur mit dem Thermokomposter komme ich nicht klar. Als ich meinen Garten vom Vorgänger übernahm, "erbte" ich so einen Behälter. Besonders wohl fühlten sich die Ameisen in seinem Inneren. Sie zerlegten das komplette Styropor in eine mehlige Masse. Da ich große Mengen an Biomaterial kompostiere, ich bewirtschafte jetzt 5 Kompostmieten, sah das kleine Ding dazwischen eh lächerlich aus. Also weg mit dem Ameisenasyl. Das Umsetzen im Frühjahr schafft neuen Platz, da danach alles schneller zusammenfällt. Durch das Umschichten wird alles belüftet und zersetzt sich schneller. Jeden Herbst wird die zugegeben anstrengende Arbeit mit vielen Schubkarren voller schwarzem, lockerem Kompost belohnt. Also da bin ich wirklich altmodisch. Ansonsten finde ich deine Tipps super.
    Herzliche Grüße,
    Anette

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  12. Ach ja, diese Ratschläge kommen mir bekannt vor, einhalten tue ich sie selten bis nie und der Garten gedeiht trotzdem. Mein Liebling ist allerdings: der Igel frisst alle Nacktschnecken. Die Roten bleiben trotzdem immer über.

    LG kathrin

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  13. Rosen schneiden. Das mache ich laut Fachwerken immer falsch.... Und sie blühen trotzdem 😏
    Und ab sofort werde ich meinen Thermokomposter nicht auch noch umsetzen!! Lass dich umarmen dafür!
    Herzlichst
    yase

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  14. Jaaa, das habe ich auch noch nie so geglaubt, das mit dem Brennglas-Effekt, aber gegossen habe ich trotzdem noch nie in der prallen Sonne. Irgendwie denkt man ja:"Vielleicht stimmt's ja doch....!"
    Die Räuplein sind putzig - wenn sie nicht so viel Schaden anrichten würden....!
    Gros bisou
    Sandra

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  15. Also mich stört immer wieder der Rat, der wirklich in fast jedem Gartenratgeber, so seriös ich ihn sonst auch finden mag, erscheint, dass im Schatten ja nichts blüht und man somit auf Blattschmuckstauden zurückgreifen muss. Haben diese Leute noch die was von Akelei, Klebrigem Salbei, Goldkolben, Etagenprimel, Türkenbundlilie, Braunem Storchschnabel, Jakobsleiter, Sterndolde... wo soll ich nur aufhören...gehört? Und auch die in dem Zusammenhang viel besungene Funkie blüht sehr wohl sehr hübsch!
    LG
    Anja

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  16. Lindas as imagens.
    Prazer em conhecer seu blog.
    janicce.

    Tradução:
    schöne Bilder.
    Nizza Ihrem Blog wissen.
    janicce.

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  17. Liebe Elke,
    ich mach das alles auch nicht so richtig,
    hab dann ein schlechtes Gewissen und machs trotzdem nicht ;-)
    Geht irgendwie alles auch so.
    Unsere Komposterde ist trotz "nicht umsetzen" super gut,
    den Rasen betreten wir zu jeder Jahreszeit und er wächst trotzdem
    viel zu schnell ;-) usw. usw :-)
    Aber nächstes Mal werd ich die Tomatensamen auf Küchenkrepp
    trocknen lassen - guter Tipp!
    LG Urte

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  18. Liebe Elke,

    du hast eine tolle Schreibe und ein richtiges kleines Paradies aus deinem Reihenhausgarten gemacht. Es beruhigt mich, dass auch andere Menschen gewisse Gärtnertipps ignorieren. Denn wann immer ich mich an solche Tipps gehalten habe, ging alles schief. Heute gärtnere ich "frei Schnauze" und suche eher nach Inspirationen als nach "Anleitungen".

    XOXO

    Sissi


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