Samstag, 18. Mai 2019

Kostenloses Vogelfutter?

Ein Gespenst geht um in Europa. Es ist hellgrau, wie es sich für ein Gespenst gehört, und verhüllt sich gern mit einem Schleier. Eigentlich ist es sogar ganz hübsch, wenn es nicht in kürzester Zeit Buchsbäume vernichten würde: Der Buchsbaumzünsler, der nun auch in Bielefeld angekommen ist und seine Arbeit aufgenommen hat.

Zurück bleibt ein braunes Gerippe, der Buchs stirbt.

Was man dem Buchsbaumzünsler noch anlasten muss: Er ruiniert den Ruf sämtlicher sympathischer Zünsler gleich mit, außerdem den des Großen Kohlweißlings, denn die Raupen sehen sich auf den ersten Blick recht ähnlich. So glauben viele Gartenbesitzer nun, der Kohlweißling hätte auf Buchsbaum umgeschult, was man ihm anscheinend durchaus zutraut. Das beste am Zünsler: Ich habe mit Gartenbesitzern gesprochen, die gerade ihre Vorgartenhecke wegen der Raupen rodeten und jetzt stattdessen etwas für Bienen pflanzen wollen.

Im botanischen Garten versucht man die Plage durch Verschleierungstaktik zu verwirren, dort wird Algenkalk über die Buchsbäume gestäubt. Pheromonfallen locken die Männchen reihenweise in die Falle, so kann man das Treiben etwas unter Kontrolle halten, sogar ohne Gift.


Bis jetzt habe ich den Zünsler noch nicht an meinem Buchs, aber in einem Schrebergarten, der öffentlich zugänglich ist, habe ich die Raupen gefunden. Sie spinnen sich gut ein, kommen in einem unbeobachteten Moment zum Fressen hervor und ziehen sich blitzschnell in ihre Schutzhülle zurück, wenn Zugriff droht.




Es wird berichtet, dass Singvögel Gefallen an den Raupen gefunden haben und sie gern aus dem Laub klauben. Ob man die Larven also auch als kostenloses Vogelfutter anbieten kann?

Ich habe es versucht, und aus der befallenen Buchshecke etwa 15 Larven herausgefischt und in den Vogelfutterspender gelegt.


Nun ja, legen kann man die nicht lange, die krabbeln natürlich weg, auf der Suche nach neuem Buchs. Eigentlich hatte ich gedacht, die Vögel freuen sich über die frische Ware, aber bis die mal gucken kamen, krabbelten die Raupen schon überall herum und überzogen den ganzen Futterspender inklusive Futter mit Spinnfäden, die sie übrigens mit dem Mund herstellen.

Ah, Kundschaft: Das Rotkehlchen nahm Kurs auf das Futter und drehte entsetzt wieder ab: "Iiiiii, Herr Ober, da ist Ungeziefer in meinen Cerealien, ich muss doch sehr bitten!". Das Gekrabbel war ihm eindeutig zu unheimlich. Vögel, die Angst vor Insekten haben? Sachen gibt's.



Dann kam der nächste Proband: Die immer experimentierfreudige Blaumeise hat sich die Sache in gewohnter Eroberermanier erstmal gründlich angesehen. Kurz überlegte sie, ob sie sich die Krabbler an der Decke schnappen sollte. Nein, doch lieber zwischen den Sonnenblumenkernen nachschauen. Ein paar Mal hat sie tatsächlich nach den Raupen gepickt, dann aber beschlossen, dass das wer anders essen soll, sie jedenfalls nicht. Na, super.



Raupen, wo man eigentlich Sonnenblumenkerne erwartet, sind also eine eher unangenehme Überraschung und kein willkommener Proteinhappen. Manchmal sind Vögel auch Mimosen.

Am Ende habe ich die Raupen alle wieder eingesammelt und tiefgefroren, um sie abzutöten, bevor sie doch noch den Weg zum Buchs finden.

Das mit dem Lebendfutter ist also nicht so einfach. Und wenn der Buchsbaumzünsler dann wirklich über meine Sträucher her fallen sollte, erwarte ich aber gefälligst eine sofortige mobile Eingreiftruppe aus vielen hungrigen Schnäbeln. In die Sonnenblumenkerne schmeiße ich keine mehr, versprochen!

16 Kommentare:

  1. Oh, danke für das äußerst unterhaltsame Experiment ;-) Ich hatte bisher auch nur von Spatzen gelesen die an den Raupen gefallen finden. Da wundert es mich nicht, dass Rotkehlchen & Meisen dankend ablehnen …
    Tja, und mit der Zünsler-Falle … Soll ich es als dezenten Hinweis annehmen, dass unser Paketzusteller zu dusselig war uns die bestellten Fallen abzuliefern bzw. zumindest einen Hinweis zu geben, dass sie in Hannover angekommen waren? Nun sind sie seit vorgestern wieder beim Lieferanten. Und inzwischen habe ich erfahren, dass in die Fallen angeblich nur Männchen gehen, die ihre Aufgabe schon erfüllt haben. Und die Vorstellung, dass sie i einer engen Männer-Sammelbox dann verenden müssen, finde ich auch nicht so erbaulich :-(
    Da haben es meine gesammelten Zünsler-Raupen in der Tüte in der Mülltonne noch ein paar Tage netter: Die haben ihr Quartier und Futter noch dabei. Und bevor die ann in der Müllverbrennung sterben, hatten sie zumindest noch eine Henkersmahlzeit oder verpuppen sich gerade …
    Alles nicht doll, aber zur Zeit noch einen Versuch wert. Und wenn's im Laufe der Jahre schief geht, habe ich hartes Totholz im Garten, dass bestimmt ein super Rankgerüst ergibt ;-(
    Sonnige Grüße von Silke

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  2. Guten Morgen Elke,
    vor zwei Jahren hatten die Vögel hier noch keinen Gefallen an den Zünslerraupen gefunden und wenn, hätte es einen großen Schwarm benötigt um allen den Garaus zu machen. Ich sehe das Entfernen des Buchses auch positiv, kein rückenquälendes Schneiden mehr und Platz für insektenfreundliche Stauden.
    Ein schönes Wochenende, Marita

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  3. Einfach wieder so herrlich geschrieben, Elke. Kann gar nicht aufhören zu lachen, auch wenn’s ein ernstes Thema für die hohe Englische Gartenkunst ist. Da ich mehr auf andere Gartenstile stehe, ist das zum Glück keine bedrohliche Art für mich. Meine Vögel picken im Moment beleidigt in ihre Keramikschale, wenn ich vergessen habe, ihre geliebten Erdnüsse im Ganzen nachzufüllen.
    LG Sigrun

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  4. Wir haben nur wenige Buchsbäume im Garten. Als einige von ihnen befallen wurden, haben wir den Zünsler nicht bekämpft. Ich mag keine Chemie im Garten. Allerdings haben bei uns die Vögel begonnen, ihn zu fressen. LG

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  5. Liebe Elke,
    unser Garten wurde bisher zum Glück noch nicht vom Buchsbaumzünsler besucht und ich hoffe, dass es so bleibt. Ich darf gar nicht daran denken, wenn ich meine ganze Hecke im kleinen Bauerngarten entsorgen müsste. Hoffentlich finden die Spatzen hier dann gefallen an den Raupen. Ich versuche im Moment auch mit Algenkalk vorzubeugen, auch wenn ich nicht weiß, ob es Sinn macht. Vielen Dank für den interessanten Post.
    Viele Grüße Doris

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  6. Ich glaube, dass Meisen echte Feinschmecker sind. Raupen sind wohl nicht ihre Lieblingsspeise. Bei uns mögen sie am liebsten Fettfutter und meine befüllte Kokosnuss wurde in wenigen Tagen leer gefuttert. Es war eine regelrechte Meisenversammlung zu beobachten. Unsere Meisenfamilie ist fertig mit der Aufzucht. Die Jungen sind flügge geworden und seit gestern verschwunden.
    Buchs habe ich nicht im Garten und somit auch keine Zünsler.
    Ingrid, die Pfälzerin wünscht Dir einen schönen Sonntag.

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  7. Hier konnte ich bisher nur Spatzen beobachten, die sich Zünsler aus dem Buchs holen. Vermutlich mögen nur sie chinesisches (Fr)essen! Wenn es allerdings ein solches Überangebot an Raupen gibt, wie bei uns, hat man kaum eine Chance. Und so konnte ich richtig zusehen, wie meine uralte Buchshecke langsam aufgefressen wurde. Mittlerweile habe ich mich von dem Schock aber schon wieder erholt. Am Haus habe ich noch einige Kugeln, die ich (noch) unter Kontrolle habe. Aber ich denke, es ist nur eine Frage der Zeit.
    Also, immer darauf achten, dass sich die Vögel nicht den Magen verrenken, wenn sie zu viel von den Raupen angeboten bekommen.
    Viele Grüße von
    Margit

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  8. Liebe Elke,
    leider hat dieser ganz bestimmte Zünsler unseren Buchs mittlerweile entdeckt, und die fürchterlich zugerichteten Buchse kenne ich jetzt auch nicht mehr nur von Bildern.
    Allerdings habe ich den Eindruck, dass Sperlinge nicht so wählerisch sind und die Raupen durchaus schmackhaft finden, oder zumindest ihr Nachwuchs. Jedenfalls kann ich Spatzen beobachten, wie sie den Buchs systematisch durchsuchen.
    Ich wünsche Dir einen guten Start in die neue Woche.

    Viele liebe Grüße
    Wolfgang

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  9. Hab mich köstlich amüsiert, wenn auch mein Buchs betroffen ist. Nachdem der letzte Algenkalk verstreut war und unübersehbar die vorhandenen Gespinste (man beachte mein Erstaunen im April-Filmchen) offenbarte, habe ich beschlossen, gar nichts mehr zu tun. Wenn ich im Vorbeigehen eine Raupe sehe, werfe ich sie auf die Terrasse und hoffe, sie werden dort weggepickt oder vertrocknen. Vielleicht sollte ich sie besser auf die Straße werfen, dann besteht die Chance des Überfahrenwerdens und dort ist kein Buchs in erreichbarer Krabbelnähe? ;-)
    Hier picken vereinzelt Rotkehlen, Amsel und Meisen Raupen direkt vom Buchs um sie zu verspeisen. Leider nur vereinzelt und nicht gehäuft. Ist der Buchs hinüber, macht er Platz für was Anderes.
    Liebe Grüße
    Karen

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  10. Hallo Elke,
    ich kann mir das entsetzte Gesicht Deines Rotkehlchens richtig bildlich vorstellen *lach* Leider ist auch das schwäbischen Federtier eher Gourmet denn Gourmand. Den Zünsler gucken sie nicht mal mit dem gefiederten Allerwertesten an.
    Liebe Grüße,
    Krümel

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  11. Hier habe ich den Buchs schon vor zwei Jahren entfernt. Die Vögel hier mochten die Raupen nicht - oder es waren schlicht zu viele. Die ganze Nachbarschaft war betroffen.....
    Vielleicht könnte man die Raupen aber rösten? Es soll ja Menschen geben, die auf solche Köstlichkeiten erpicht sind? Vielleicht wäre das eine Marktlücke??
    Zu jedem deiner Bücher gratis eine Tüte gerösteter Buchsbaumzünslerraupen!!
    Herzlichst
    yase

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  12. Liebe Elke,
    Vielleicht sind die Raupen eine Nummer zu groß für Meise und Rotkehlchen? Die Spatzen sind ja ein klein wenig größer. Die sind auch die, die mir die Gespinstmottenraupen vom Pfaffenhütchen holen. Die Meisen fressen gerne mal Blattläuse in den Bäumen.
    Liebe Grüße
    Steffi

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  13. Von der Panik lasse ich mich nicht anstecken! Es reicht ja, wenn es so weit wäre ... aber bei uns in der Umgebung hat kaum einer Buchs, wo sollte der Schmetterling da auch herkommen. ;-) Hübsch sieht er freilich aus, wäre was für meine "Raupen"sammlung. *lach*

    Nun habe ich letztes Jahr die Stachelbeerblattwespenraupen beherrscht und werde mich auch von solchen Raupen nicht unterkriegen lassen. Meine Buchsbäume sind mir heilig. ;-)

    Die Stachelbeere trägt übrigens mehr denn je! Die paar Raupen haben ihr scheinbar keineswegs geschadet. Ich hatte sie aber fleißig abgesammelt und weggebracht. ;-)

    Wahrscheinlich sind ganz andere Vogelarten auf diese Raupen spezialisiert, nicht jedoch unsere heimischen.

    Liebe Grüße
    Sara

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  14. Bei uns sind alle Buchsbäume schon im vorletzten Jahr eingegangen.

    Ich habe gelesen, dass die meisten Buchsbaumzüngsler, die von den Gartenvögeln gefressen werden, dafür verantwortlich sind, das die Populationen der Gartenvögel zurück gehen, da die Raupen oft vergiftet sind.

    Ich hoffe, das bestätigt sich nicht...

    Hat jemand darüber auch schon gelesen?

    Liebe Grüße Mecki

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  15. In Wien ist das Thema schon lange gegessen ;-) Ich hatte wunderschönen Buchs. Dort, wo es im Beet nicht stört, lasse ich ihn, schneide fest zurück und lasse ihn austreiben, was er immer wieder gerne macht! Allerdings ist die Kugel von etwa 80cm auf etwa 20cm geschrumpft, mit dickem Stamm. Vielleicht ist der Spuck ja eines Tages wieder vorbei, aus welchen Gründen auch immer... In unserem Naturgarten kommt sowieso kein Gift in Frage und ich liebe den Geruchs des Buchses! Wie ein kleines Wunder mutet es an, dass im Balkonkisterl in der WOhnung, zweiter Stock ein Buchs fröhlich vor sich hin wächst! Der Buchsbaumzünsler scheint ein Flachlandindianer zu sein ;-)
    Liebe Grüße und viel Glück mit den Buchsen in eurer Gegend!!
    ELisabeth

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  16. Amüsanter kann man über den Zünsler wohl nicht schreiben :-) danke für diesen schönen Beitrag! Liebe Grüße, Bianca

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