Samstag, 19. Dezember 2020

Das Indianerbeet: Mist oder Must-Have?

Wenn wir im Sommer in den Garten schauen, sieht alles so friedlich aus. Die Stauden blühen vor sich hin, das Gras hockt einträchtig neben den Gänseblümchen und über allem ragen völlig unbeeindruckt die Gehölze auf.

Was von oben so harmonisch aussieht, kann unter der Erde das reinste Hauen und Stechen sein. Platz da, hier komm ich: Jede Wurzel möchte den Boden für sich selber haben, alle Nährstoffe aufsaugen und am Ende das Rennen im Beet machen.

Und dann liest man plötzlich von Gartenprinzipien, die Zweifel aufkommen lassen an der Darwinschen Theorie, die auch Pflanzen normalerweise nicht kalt lässt. Da wäre zum Beispiel das Indianerbeet, auch Milpa genannt. Das haben schon die Maya erfunden. Bei dieser Mischkulturtechnik wachsen in trauter Dreisamkeit die südamerikanischen Exportschlager Mais, Bohne und Kürbis. Diese drei Schwestern kann man jahrelang auf demselben Beet anbauen, so steht es geschrieben. Der Mais lässt die Bohne an sich hochwachsen und der Kürbis bedeckt den Boden und hält ihn feucht.



Mischkultur Mais und Tomate


 

Um die Milpa ranken sich so manche Legenden. Was ist von ihnen zu halten? Ich habe ein bisschen recherchiert, um zu verstehen, was es mit der Milpa auf sich hat.

Milpa-Mythos 1: Die Bohne versorgt die anderen mit Stickstoff

Es wird oft behauptet, dass die Bohne, die als einzige im Trio in der Lage ist, Luftstickstoff zu binden, sogar den anderen beiden großzügig davon abgibt, weil sich alle in dieser WG so prächtig verstehen. Die Bohne als einzig wahre altruistische Pflanze auf der ganzen weiten Welt?

Die Bohne ist eine Leguminose, und diese Pflanzenfamilie ist legendär darin, Luftstickstoff zu binden. Nur können die Pflanzen das nicht von allein. Sie rekrutieren dafür bodenlebende Bakterien, die Rhizobien. Diese können wechseln zwischen bodenbürtigem und symbiontischem Lebensstil. Ihr Stoffwechsel ist wahnsinnig kompliziert und sie haben ein gigantisch großes Genom. Das brauchen sie auch, denn beim freien Leben im Boden rufen sie Gene ab, die sie nur dort benötigen. 

Die Bohne bildet derweil Wurzelknöllchen aus, in die die Bakterien einwandern. Die nützlichen Mikroorganismen werden von den Pflanze chemisch angelockt und dringen in die Wurzel ein. Damit keine bösen Bakterien die Wurzel infizieren, muss sich der neue Bewohner ausweisen können, er muss der Wurzel den korrekten chemischen Schlüssel präsentieren, damit er nicht wieder hinausgeworfen wird aus dem Paradies. Genauer gesagt, muss das Bakterium immerfort chemisch die Immunabwehr der Pflanze unterdrücken. Eine Rhizobienart, die unterschiedliche Wirtsarten besiedeln kann, ist mehrsprachig und bietet jeder Pflanze das richtige Signalmolekül. Nach der Infektion werden die Knöllchen gebildet.




 

Sind die passenden Rhizobien in der Wurzel angekommen, krempeln sie ihren Stoffwechsel komplett auf links. Nun binden die Bakterien Luftstickstoff und wandeln ihn in eine pflanzenverfügbare Form um. Im Gegenzug enthalten sie dafür von der Bohne leckeren Zucker, um sie bei Laune halten.

Soweit so gut. Nun ist es allerdings nicht so, dass die Bohne mit dem Stickstoff freigiebig um sich wirft. Erst wenn die ganze Pflanze oder ein Teil von ihr verrottet, wird der darin gebundene Stickstoff wieder frei, das passiert also nicht unbedingt im ersten Jahr. Im Indianerbeet ist die Bohne zumindest einigermaßen autark und nimmt den anderen nicht viel Stickstoff weg.

Milpa-Mythos 2: Ein Indianerbeet muss nie gedüngt werden

Da die Bohne im ersten Jahr also kaum Stickstoff abgibt und das erst posthum tut, muss man zunächst in Vorleistung gehen und für alle etwas Stickstoff bereithalten, d.h. Mist oder ähnliches einbringen. Leguminosen haben die unangenehme Eigenschaft, dass sie den Boden ansäuern, wenn sie ihren Stickstoffbedarf allein durch ihre Rhizobien decken müssen und keinen mineralischen Stickstoff aufnehmen können. Daher bietet sich auch für die Bohne eine Startdüngung an.

Ab dem zweiten Jahr versorgen sich die Pflanzen größtenteils selbst. Damit das aber klappt, werden jeden Herbst das oberirdische Pflanzenmaterial und störende Wurzeln gehäckselt und auf dem Indianerbeet belassen, damit es Humus aufbaut und der in den Pflanzen vorhandene Stickstoff freigesetzt wird. 


Der Trick bei der Milpa-Kultur ist noch ein weiterer: Die Wurzeln vom Kürbis, die viel Stickstoff aufsaugen, bleiben eher in den oberen Bodenschichten. Der Mais wächst tiefer und holt sich ganz unten seine Nährstoffe. In wissenschaftlichen Studien kam heraus, dass  die Pflanzen dies nur tun, wenn sie zusammen wachsen. Es ist also keine Symbiose, sondern sie vermeiden Konkurrenz, indem sie einander ausweichen. Dieses System funktioniert auch noch ganz passabel auf ärmeren Böden. Bohne und Kürbis können außerdem Phosphatverbindungen, die im Boden schwer löslich vorliegen, für sich verfügbar machen.

Im Sommer kann es aber durchaus sein, dass die Pflanzen so stark wachsen, dass Stickstoff Mangelware ist. Zum Glück ist das leicht zu erkennen: Die Blätter verfärben sich gelb. Nun muss man stickstoffbetont düngen, am besten mit selbst hergestellten Jauchen aus Beinwell oder Brennnessel. Man kann also ganz nach Bedarf düngen und so tatsächlich viel Dünger einsparen.

Milpa-Mythos 3: Ein Indianerbeet funktioniert mit jeder Sorte

Die Bohne ist hier auch wieder der Knackpunkt: Zu starkwüchsige Sorten erwürgen den Mais eher, als dass sie ihn nur ein bisschen in den Arm nehmen und beranken. 


Fazit

Das Indianerbeet ist also alles andere als esoterischer Schnickschnack, doch braucht es auch ein bisschen Zuwendung. Man sollte auch nicht glauben, dass Schädlinge in dieser Mischkultur keine Chance haben.
 
Habt ihr den Milpa-Anbau schon selbst ausprobiert?

18 Kommentare:

  1. Guten Morgen Elke,
    vom Milpa-Anbau habe ich ehrlich gesagt noch nie gehört ... aber interessant, was du darüber schreibst. Bloggen bildet halt. ;-))
    Ich wünsche dir ein gemütliches Adventswochenende sowie frohe und behagliche Weihnachtstage - lieben Gruß von Marita

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  2. Kenne ich nur aus Indianer-Büchern... aber das mag daher kommen, dass ich ja keinen Garten habe (auf dem Balkon sind Kürbisse gelinde gesagt schwierig zu beherbergen. ;-))Folglich gehen Garten-Trends ziemlich an mir vorbei. Nur die Hochbeete habe ich mitbekommen.
    LG
    Centi

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  3. ich kann mir nicht vorstellen dass es bei mir klappt, mit Mischkulturen habe ich wenig Erfolge; der Kürbis wuchert und rankt so sehr, die Bohnen hätten nur als Rankende Sorte eine Chance, aber sie baruchen auch viel Licht, genauso wie der der Mais. Der allerdings beschattet auch sehr , ich werde es mal testen...
    Grüße von Frauke

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  4. Guten morgen Elke,
    nein ich habe es noch nicht probiert, davon gelesen habe ich allerdings sehr oft. Dabei fragte ich mich immer, wie das gehen soll. Also oberirdisch. Stangenbohnen klettern 4 m und deutlich mehr (meier Blauhilde ist jedes JAhr ihr Tippi mit 4 m Höhe zu niedrig) und meine Kürbisse schlingen udn reißen alles nieder mit ihren dicken und sehr schweren Ranken. Das würde der Mais alles niemals aushalten. Also nun weiß ich, dass es bestimmte Sorten sein müssen, meine gehören da sicher nicht dazu. Ausserdem brauche ich auch keinen Trockenmais, die Verarbeitung wäre mir zu umständlich. Und Trockenbohnen hab ich von Buschbohnen die als Begleitung sonst wo in den Beeten stehen. Und es sind ja Trockenbohnen und Trockenmais, sonst muss man für die regelmäßige Ernte ja dauernd im Beet über den Kürbis trampeln. Ne, für mich ergibt sich kein Sinn und eher Flächenverschwendung in der Kombi.Bin halt auch kein Indianer, sondern Franke . Und wirklich sinnvolle Mischkuluren-Beet-Kombinationen habe ich für mich auch genügend ausgtüftelt und im Einsatz. Aber interessant ist das schon, gerade auch, dass sie unterschiedlich Tief wurzeln, wenn sie in Kombination gefplanzt werden. Das zeigt widerum, wie die Wissenschaft nachweisen kann, dass manche Dinge, die "schon immer" so gemacht wurden udn sich für Gut bewiesen haben, tatsächlich auch mal gut sein können und nicht immer automatisch schlecht, nur weil die Menschen es seit so vielen Generationen machen. Sollten unsere eigenen Dinge da mal mehr überdenken udn wertschätzen, nicht immer nur Sachen aus sehr fernen Landen.
    Super Post, danke fürs Recherchieren und hier Präsentieren. Schönen vierten Advent und bleibt gesund, der Achim

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  5. Liebe Elke,
    Ich habe es ausprobiert und ehrlich gesagt, war ich nicht so angetan. In der Theorie klingt das alles sehr harmonisch. Allerdings herrschte leichtes Chaos. Die Bohnen wuchsen gut und rangen den Mais zu Boden, der daraufhin offensichtlich mit dem Leben abschloss vor lauter Angst. Der Kürbis versuchte zu flüchten und musste immer wieder ins Beet zurückgedrängt werden. Wie Kürbisse eben so sind.
    Ich hatte den Mais übrigens zuerst ausgesät. Daran sollte man unbedingt denken. Denn er wächst deutlich langsamer als die Bohnen und denen wird langweilig, wenn sie nichts finden zum ranken. Ich gebe den Bohnen doch lieber ein Rankgerüst.
    Sonst ist der Beetaufbau absolut nachvollziehbar und logisch.
    Liebe Grüße
    Steffi

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  6. Liebe Elke,
    da hast du aber sehr interessante Zusammenhänge für uns aufgedröselt, nicht einfach, diese Materie den Laien vorzustellen, dir ist es gelungen. Bei diesen Darstellungen fällt es mir schwer an Zufälle zu glauben, für mich steht etwas Größeres dahinter, ein Schöpfer der den Dingen diese Eigenschaften mitgegeben hat, wir dürfen darüber staunen und forschen und tun es auch. Ich glaube, mit einmal drüber lesen kann man das Ineinander- überfliessen nicht verstehen, eins haben die Naturvölker uns voraus, sie haben noch beobachten können, um daraus Kapital zu schlagen. Bei uns muss alles schnell schnell gehen, zeigt sich Unkraut, da gibt es ein Mittelchen, ist der Wuchs zu schwach, da gibt es jede Menge Dünger, wo liegt das Problem? Nein, so habe ich nicht gearbeitet und hatte immer eine gute Ernte.
    Liebe Grüße
    Edith

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  7. Ich habe es auch schon gemacht, der Erfolg wsr eher mässig.... Aber ich denke dann halt immer, es liegt daran, dass ich s wahrscheinlich nicht richtig mache.
    Schönen Adventssonntag
    Herzlichst
    yase

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  8. Interessant ist das Indianerbeet allemal. Oft sind das ja Erfahrungen, die da weitergegeben werden. Ich kann dazu nichts sagen, da bei mir der Gemüseanbau eine eher "untergeordnete" Rolle spielt, um es mal vorsichtig auszudrücken!
    Viele Grüße von
    Margit

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  9. Liebe Elke,
    so ein Indianerbeet scheint nicht so wirklich unkompliziert zu sein.
    Aber sehr interessant diese genauen Zusammenhänge!
    Ich wünsche dir und deiner Familie trotz Corona
    gemütliche Weihnachten und natürlich
    viel Gesundheit und ein gutes und gesundes 2021!
    Ganz viele liebe Grüße von Urte

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  10. Hallo Elke,
    Ich hab es mal vor zwei Jahren ausprobiert und es hat überhaupt nicht funktioniert. Erst war der Mais ein ganz großer Wasserschlürfer, der an einigen Stellen nicht wachsen wollte. Golden Bantam. Dann streikten die Stangenbohnen und wollten nicht keimen. Vielleicht die falsche Sorte. Kann sein, dass sie durch zu viel Gießen dann auch gefault sind. Daher war dann auch der Kürbis nur mickerig. Aber es klingt so gut in der Theorie....vielleicht sind hier Klima und Sorten entscheidende Kriterien.
    Hast du es schon probiert?
    LG Sigrun

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    1. Aus Platzmangel im Garten leider nicht. Im Kübel hätte ich vermutlich einen Mais, eine Bohne und viel zu viel Kürbis..
      VG
      Elke

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  11. ja, laeuft auch unter "the three sisters". hab ich dieses jahr ausprobiert. war aber nicht nur kein voller erfolg, es war gar keiner. ok, das irische wetter ist dem auch nicht wirklich zutraeglich. ich hatte den mais und die kuerbisse vorgezogen, dann ausgepflanzt, die bohnen dann um den mais gesteckt. der mais kuemmerte, hat nicht einen kolben angesetzt, geblueht hat er im oktober! die bohnen haben ein bisschen was getragen, aber es war ja nicht wirklich was zum hochranken da! der kuerbis war ein totalausfall, wie der mais:( fazit: ich glaube, das mach ich nicht nochmal:)) ich vermute, dass die meisten sommer hier einfach nicht warm genug sind, wenn sie nur so zwischen 16-18 grad max. duempeln....aber es kommen ja auch nicht alle schwestern miteinander klar:)

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    1. Das kann gut sein, dass ihnen 16-18 Grad zu kalt sind. Das ist schade, dass es bei dir gar nicht funktioniert hat.

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  12. Danke für den sehr interessanten Beitrag. Ich hatte noch nie etwas von dem Milpa Beet gehört. Aber ich werde es trotzdem nicht ausprobieren.
    Auf dieser Seite lerne ich jede Woche etwas. Das ist wunderbar. Vielen Dank dafür.
    Frohe Weihnachten und alles Gute!
    Ute

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    1. Danke, liebe Ute, das wünsche ich dir auch!
      Viele Grüße
      Elke

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  13. Hallo Elke,
    ja, ich habe es vor vielen Jahren mal versucht. Die Bohnen, die wie blöde wuchsen haben den Mais erdrosselt. Die Kürbisse (die sich nicht gleich die Schnecken einverleibt haben) sind auf meinem feuchten Lehmboden gefault. Irgendwie war das bei mit auch ein oberirdisches Gemetzel. Daher baue ich jetzt alles hübsch einzeln am zusagenden Platz an. Das meiste in Hochbeeten. Außer Mais - der will auch ohne Bohnen bei mir nicht.
    Dir schöne Weihnachtstage.
    Viele Grüße
    Claudia

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  14. Liebe Elke,
    ich komme nur kurz vorbei, um Dir und Deinen Lieben ein frohes Fest, und alles Gute für das neue Jahr, vor allem aber Gesundheit zu wünschen.

    Viele liebe Grüße
    Loretta und Wolfgang

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  15. Hallo Elke, ich habe das im letzten Jahr auch mal probiert. Den Mais hatte ich flächig ausgepflanzt, die Kürbisse am Ostrand des Beetes und die Bohnen an der Westseite. Der Mais ist am besten gewachsen, die Kürbisse haben nur an den Ranken am Rand gut getragen und die Bohnen (es waren Reiserbohnen, die wachsen nicht so hoch)hatten zu wenig Licht und wuchsen eher mickrig. Vermutlich funktioniert das in Mexiko wo die Methode herkommt einfach besser! Meine Kusine, die in Mexiko lebt,dort aufgewachsen ist und Landwirtschaft studiert hat sagt übrigens, es werden Zucchini dazu gepflanzt, keine Kürbisse...allerdings frage ich mich, wie die in dem Gewirr dann die Zucchini ernten! Liebe Grüße, Barbara

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