Wenn man im Internet nach Springschwänzen sucht, findet man als erstes Seiten mit dem Thema: "Springschwänze erkennen & erfolgreich bekämpfen" und dasselbe noch mal ohne "erfolgreich" im Titel, Hauptsache, sie werden bekämpft. In einem Artikel wird sogar behauptet, sie würden bei zu starker organischer Düngung zur Massenvermehrung verleitet und würden am Ende auch lebendes Pflanzenmaterial angreifen. Sie werden als Plage und – wenn sie ganz großes Glück haben – nur als Lästlinge bezeichnet.
Tatsache ist, dass sich ein kleines Tier, das hüpfen kann, grundsätzlich erstmal hochgradig verdächtig macht. Das tun Flöhe nämlich auch und die will keiner haben. Springschwänze dagegen haben nicht mal außenliegende Mundwerkzeuge und könnten uns gar nicht beißen, selbst wenn sie wollten.
Collembolen, wie die kleinen Hüpfer auch heißen, sind bis auf wenige Ausnahmen wie der Luzernefloh keine Schädlinge. Sie sind vollends zufrieden, wenn sie vergammelndes Pflanzenmaterial, am besten mit Pilzgeschmack, auffuttern können. Ihre Mundwerkzeuge sind nicht besonders stark.
Und wer könnte so etwas nettes wie einen Kugelspringer ernsthaft als Lästling bezeichnen, ohne sich sofort in ihn zu verlieben?
Man muss also im Garten keine Angst vor ihnen haben, im Gegenteil, sie sind hervorragende springende Humusbildner und man sollte sie gut behandeln. Ihr Vorkommen zeigt nur eins an: Dass es unserem Garten gut geht.
Außerdem sind Collembolen über 400 Millionen Jahre alt. Einer neuen Theorie nach sind sie nicht mal Insekten, sondern haben sich unabhängig von ihnen entwickelt. Die sechs Beine bei beiden wären also nur Zufall, denn das ist eine ganz hervorragende Anzahl an Beinen, man hat immer zwei für andere Tätigkeiten über und fällt trotzdem nicht um.
Collembolen haben keine Tracheen wie Insekten, sondern atmen über die Haut. Sie weisen auch kein Larvenstadium auf, sondern werden bei jeder Häutung einfach nur immer größer. Leider erreichen sie dabei nie Kuscheltiergröße, was besonders bei den knuffigen Kugelspringern sehr bedauerlich ist.
Die runden Flecken bei diesem Tier zeigen an, dass es sich bald häuten wird |
Dies ist Dicyrtomina saundersi, er hat sich gerade gehäutet |
Kugelspringer sind außerdem so vielseitig wie ein Schweizer Taschenmesser. Sie haben unterm Bauch eine Furca, eine Sprunggabel, mit der sie blitzschnell wegspringen können. Außerdem besitzen sie einen kleinen Huckel unter dem Bauch, aus dem sie einen gegabelten, durchsichtigen, Collophore genannten Schlauch ausfahren können. Man nimmt an, dass sie damit Wasser aufnehmen. Ihre Haut ist dagegen so wasserabweisend, dass die Tierchen nicht mal schmutzig werden.
Überhaupt, Wasser: Kugelspringer lieben es, sich auf Pfützen zu versammeln - übers Wasser gehen können sie also auch noch! Sie locken sich gegenseitig mit Pheromomen an, aber was genau sie aufs Wasser treibt, ist anscheinend nicht bekannt. Mehrere Arten kann man so zu einer bis eurostückgroßen Flotilla kunterbunt zusammengewürfelt antreffen. Wenn man das einmal gesehen hat, vermeidet man das Hineintreten in Pfützen lieber, man will ja nicht die illustre Gesellschaft stören.
Die Zeichnung vieler Kugelspringer ist so eindeutig wie ein Fingerabdruck - von indischem Webteppich über nahezu unifarben bis Marienkäfer-Lookalike. Für den Fall, dass man sie wiedertrifft, könnte man ihnen also Namen geben.
Collembolen sind also niedlich, nützlich und trotz ihrer Größe mit erstaunlichen Fähigkeiten ausgestattet. Anstatt sie zu bekämpfen oder mit dem Laubsauger zu vernichten, sollte man diese winzigen, harmlosen Mr. Gadgets doch lieber erforschen, denn sie haben noch so manches Geheimnis zu bieten.
Wunderbare Makros, liebe Elke...ich hab sie noch nicht so wirklich entdecken können.
AntwortenLöschenHab ein feines Wochenende, Marita...die grad einen Spaziergang im kühlen aber wunderschönen Sonnenschein hinter sich hat. ;-))
Guten Morgen, immer wieder gerne neue Entdeckungen auf deinem Blog. Den Namen hörte ich schon , so daß sie sich im Kompost ansiedeln. Wie gut dass ich sie nie als Schädlinge ansah. Welche schönen Aufnahmen dieser Kugelpringer. Da werde ich doch mal im Frühjahr mit der Lupe mir einiges näher ansehen.
AntwortenLöschenAuch bin ich froh dass meine Beete voller Laub und Stengel...sind, denn nackte und aufgeräumte Gärten sind mir ein Gräuel. Liebe Grüße von Frauke
Och, die sind echt putzig... also entweder sind meine Augen zu schlecht, oder die gibt es bei mir nicht. Ich tippe auf Möglickeit 1, altes Zeug liegt in meinem Blumentöpfen eigentlich genug rum. Du hast sie jedenfalls prima fotografiert!
AntwortenLöschenJaja, das mit dem Vernichten und Entfernen und natürlich die "Plagen" (Maikäfer, Krähen, Ratten, Gänse...) finde ich auch immer wieder großartig. In Freiburg haben Erzieherinnen mal ernsthaft gedroht, ihren Kindergarten zu schließen, weil Mäuse im Keller (!) waren - und zwar mit der Begründung, dass eines der Kinder eine Maus sehen könnte und dann vielleicht traumatisiert wäre. Ernsthaft. Manchmal ist man fassungslos.
LG
Centi
Ich bin schon verliebt, kann grad nur nicht sagen, ob mehr in Deine tollen Ausführungen, die großartigen Bilder, oder gleich in die Knutschkugeln selber. Danke für diese interessante Vorstellung... und schönen Sonntag. LG Wurzerl
AntwortenLöschenIch habe diesen Artikel wieder sehr genossen, liebe Elke! Deine Models sind einfach zu knuffig! Man könnte ihnen Namen geben ... gib's zu, der eine oder andere in deinem Garten hat doch bestimmt schon einen!
AntwortenLöschenInzwischen weiß ich auch, warum ich bei den Pflanzen gelandet bin: die botanischen Namen erscheinen mir viel einfacher als die zoologischen. Dicyrtomina saundersi, das musste ich erst mehrmals lesen, bevor sich da für mich ein Wortklang formte. Aber mal im Ernst, ich finde die Kugelspringer als Nicht-wirklich-Insekten sehr spannend! Ich wünsche dir einen schönen Sonntag, liebe Grüße,
Susanna
I recently learnt that penguins each have their own pattern of black spots on their white chests. How interesting that such tiny creatures also, have their own individual pattern and colours!
AntwortenLöschenWieder einmal ist es dir gelungen, Winzlinge ins große Rampenlicht zu stellen, ich bin begeistert. Ich kannte diese kugeligen Wesen schon und sie durften auch überall im Garten rumspringen. Dass sie so schön sind, das habe ich bei den schnellen Begegnungen nicht erkennen können, du hast sie wunderbar eingefangen, wieviel Zeit war dafür erforderlich? Deine lustigen, dennoch sehr lehrreichen Beschreibungen, können keinen Leser kalt lassen, er wird angesprochen diese kleinen Hüpfer zu akzeptieren.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Edith
So viel Zeit brauchen die Fotos gar nicht, weil die Kugelspringer ja einfach überall sind. Ich musste nur die Kamera weiter aufrüsten, um näher ranzukommen.
LöschenVG
Elke
Hallo Elke,
AntwortenLöschenich frage mich die ganze Zeit, wieso es eigentlich noch keine Disneyfilm über die Hüpferlinge gibt. Die Knutschkugeln wären doch die perfekten Hauptdarsteller.
Viele Grüße
Claudia
Kuscheltiergrösse - das wär was!
AntwortenLöschenDanke für den netten Bericht über die Tierchen, die es hier doch zuhauf gibt. Da freu ich mich doch gleich, dass mein Garten gesund ist
Herzlichst
yase