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Dienstag, 22. Januar 2013

Unter eines Baumes Rinde

Kaum kommt der Herbst oder gar der Winter in Sichtweite, überschlagen sich die Gartenzeitschriften mit Tipps, wie man die für den Gärtner so freudlose Zeit doch noch mit Blüten oder anderen interessanten Eigenheiten von Pflanzen aufpeppen kann. Da wäre zunächst das unvermeidliche Thema Orchideen, die immerhin drinnen ein bisschen für floralen Schmuck sorgen. Immer wieder gern genommen sind auch Azaleen oder Usambaraveilchen.

Draußen dann wird es schon schwieriger. Alle Jahre wieder daher das beliebte Thema Winterblüher, allen voran die gute alte Zaubernuss. Wenn alles nichts mehr fruchtet, kommen die Rinden auf den Tisch, die man sowieso erst im Winter wirklich zu schätzen weiß. Unweigerlich erscheint der Zimtahorn auf der Bildfläche oder schön geringelte Stämme von diversen Zierkirschen, schon seltener aber die nun wirklich adrette Birke ganz in Weiß. Borke wurde noch nie so beachtet wie um diese Jahreszeit.

Alles gut und schön - auch ich hätte gern eine schicke Rinde zum Angucken in meinem Garten stehen, aber bisher hat es nur zum Birkenstamm-Kratzbaum im Wohnzimmer gereicht (für die Katz, nicht für mich). Auch eine Zaubernuss hätte durchaus ihren Charme, aber auch den Platz kann ich nicht spendieren, denn im Kleinstgarten muss man sich zwischen Sommer- und Winterblühern entscheiden. So fällt die Wahl dann doch auf erstere, schließlich zählt der Sommer deutlich mehr Stunden mit Tageslicht, an denen man die Pracht auch würdigen kann.

Bei der ganzen Sensationsgier im Winter- und Herbstgarten wird aber eine Gruppe Lebewesen meist übersehen: Die Pilze. Der Hallimasch ist zwar kein gern gesehener Gast im Garten, weil seine Tischmanieren zu wünschen übrig lassen, aber es gibt zum Glück genug harmlose Vertreter seiner Zunft.

Welche kann man denn überhaupt im Garten antreffen und sich darüber freuen?

Da wäre zum Beispiel das Judasohr (Auricularia auricula-judae) oder auch Holunderschwamm genannt, weil es so gerne an Holunderholz wächst. Das ist ein echter Winterpilz, der auch bei Kälte nicht schlappmacht. Wer einen großen Strauch im Garten hat, wird womöglich in den Genuss dieses Lauschangriffs kommen - hoffentlich an einem toten und nicht an einem lebenden Ast. Denn die immer etwas glibberig und gruselig aussehenden Gehörgänge sind tatsächlich essbar! Sollte man die Fruchtkörper also doch an lebendem Holz erwischen, kann man es ihnen heimzahlen, indem man ihnen die Ohren lang zieht und sie in die Pfanne haut.


Aus Hasel- oder Weidenruten gebastelte Gartendeko ist nichts für die Ewigkeit, so dass man an den Kunstwerken nach ein paar Jahren hübsch geringelte Pilze entdecken kann - die Schmetterlingstramete (Trametes versicolor) zum Beispiel. Nicht so flatterhaft wie die namensgebenden Insekten, aber doch ganz ansehnlich. Auch Schichtpilze - wie den Striegeligen Schichtpilz (Stereum hirsutum) - kann man finden.


Selbst auf Laub kann man Pilze aufspüren, die dann allerdings wenig imposant sind. Man muss schon genau hinschauen - hier ein Vorher-Nachher-Bild von einem Rosenblatt, leider nicht demselben, da habe ich gemogelt. Es war schon ziemlich lange ganz fleckig durch Einwirkung böser Rosenschädlinge, über die sich niemand freut, aber am Ende haben ihm Schleimpilze den Garaus gemacht. Zu sehen sind die weißen Fruchtkörper - auf zum nächsten Blatt mit den Sporen.


Hat man sogar eine Buche im Garten und lässt ein paar dickere Äste am Boden liegen, kann man mit ganz viel Glück an frostigen Tagen ein großartiges Schauspiel sehen:


Was hier aussieht wie größenwahnsinniger Schimmelrasen, ist in Wahrheit nichts dergleichen. Das ist Haareis, das entsteht, wenn Wasser aus dem Holz gepresst wird, und zwar durch Pilzaktivität im Inneren. Es gefriert beim Austritt aus dem Holz sofort, so dass die herausgeschobenen Fäden immer länger werden. Wer das zuhause bewundern möchte, kann sich auch einen bereits durch fortgeschrittene Zersetzung entrindeten Buchenast aus dem Wald in den Garten mitnehmen.

Man muss also nicht unbedingt ein großes Aufgebot an Totholz in den Garten stellen, ein paar alte Äste können schon reichen. Mit der hübschen Rinde ist es dann allerdings vorbei.