Bei den Wicken hat man die Qual der Wahl: Entweder man sät sie nur einmal und sie erscheinen jedes Jahr völlig wartungsfrei - aber duftlos - wieder auf der Bildfläche, oder aber man muss sie immer wieder neu aussäen, dafür duften sie herrlich.
Letztere ist die einjährige Duftwicke (Lathyrus odoratus), die es in so unglaublich vielen Sorten gibt, dass die Briten ihnen gleich eine ganz Gesellschaft gewidmet haben: The National Sweet Pea Society. Die meisten historischen Sorten sind heute verschwunden, dennoch ist die Farben- und Formenvielfalt immer noch schwindelerregend.
Die Duftwicke ist leicht zu ziehen, günstig, berankt schnell kleinere Rankgerüste und blüht ewig, wenn man alles Verblühte gleich wegschneidet. So sagenhaft schön und elfengleich zart ist sie, dass ich ihr am liebsten ein eigenes Wigwam (Verzeihung: Wickwam) aus Haselruten bauen würde, wenn ich nur mehr Platz hätte. Denn eines der Probleme mit Lathyrus odoratus ist, dass sie nicht gern nach sich selber wächst. Man muss daher den Standort immer wechseln.
Ihre mehrjährige, duftlose Verwandte wird ganz prosaisch Stauden-Wicke (Lathyrus latifolius) genannt. Selbst bei den Briten hat sie keinen poetischeren Namen erhalten, und schon mal gar keine eigene Gesellschaft ihr zu Ehren.
Das mag daran liegen, dass der Langfinger, einmal im Garten etabliert, nur schwer zu entfernen ist, und damit mit Argwohn betrachtet wird. Auch gibt es nur eine Trilogie an Sorten, nämlich im Wesentlichen bescheidene drei Farben: Weiß, Hell-Rosa und Pink.
Vor allem aber gibt es eines nicht: Duft. Die ätherische Zartheit der einjährigen Schwester fehlt ihr.
Die Stauden-Wicke ist die Draufgängerin von beiden. Wächst gut drei Meter hoch, wenn sie kann, ungestüm alles vereinnahmend. Ihr zuliebe gehe ich seitwärts durch den Rosenbogen, weil sie sich nur allzu breit macht. Ihr Geltungsdrang wird von Jahr zu Jahr mehr. Dabei fängt alles so harmlos an: Im Frühjahr ziert sie sich so lange, bis man sie schon verloren glaubt. Aber im April hat sie spätestens ihren großen Auftritt aus dem Untergrund - unfehlbar und mit Macht.
Sie verträgt sich gut mit meinem Waldgeißblatt (das für sie mitduftet), mit dem sie sich den Rosenbogen teilt, und verdeckt seine kahlen Stellen. Obwohl ich den Verdacht nicht loswerde, dass es ihretwegen unten herum etwas schütter geworden ist mit den Jahren... Aber wir werden ja alle nicht jünger.
Dennoch verzeihe ich ihr alles, macht sie mir doch eines der schönsten Geburtstagsgschenke, wenn Ende Juni ihre ersten, zartgemusterten Blüten erscheinen. Das geht dann unermüdlich so weiter bis mindestens September.
Für kleine Gärten ist die langfingrige Kletterkünstlerin also eine wahre Bereicherung, das finden auch die Insekten.
Und dabei ist sie so günstig! Die Samentütchen sind billig zu haben, aber es geht noch einfacher: Auf verwilderten Grundstücken oder an Gartenzäunen findet man sie oft in Massen, meistens die dunkel-rosa Variante. Hier ist die Samenernte einfach und kostenlos. Im Zweifelsfall den Besitzer fragen.
Im Herbst erscheinende Samenstände reifen oft nicht mehr richtig aus und schimmeln bei nasser Witterung, daher lieber früh an die Nachzucht denken und ein paar Schoten im Sommer zur Reife kommen lassen.
Mit getopften Exemplaren habe ich weniger gute Erfahrungen gemacht. Sie können sich nicht so gut etablieren wie im zeitigen Frühjahr an Ort und Stelle ausgesäte.
Auch braucht sie eine sonnige Stelle zum Keimen. Während der frische Austrieb der älteren Pflanzen Verschattung in Bodennähe gut verträgt, bringt das den Keimling um.
Die Stauden-Wicke ist daher eine Pflanze, die mit dem Garten wächst und von Anfang an dabei sein möchte.
So ohne Tadel ist sie - höchstens Rostpilze können sie ganz selten einmal unansehnlich werden lassen - dass, wenn sie auch noch duften könnte, sicherlich schon lange eine Gesellschaft für sie gegründet worden wäre.
Hallo, ich finde die Blüten der Staudenwicke wunderschön. Hatte auch welche vorgezogen und dann rausgesetzt, aber richtig gewachsen sind die leider nicht, sind grade mal 5 cm gross geworden, ich muss mal schauen was sie jetzt machen.
AntwortenLöschenHallo,
AntwortenLöschenich finde, es gibt keinen Vergleich zwischen diesen beiden Wickenarten. Die Staudenwicke habe ich an mehreren Stellen gehabt.Mit Mühe und Not habe ich sie an zwei Stellen ausgraben können. Eine Plackerei. An zwei weiteren Stellen dürfen sie noch wachsen. Die Duftwicken habe ich mehrfach ausgesät. Etwas mühsam,sogar mit Voranzucht. Ich würde im Wiederholungsfall die Direktsaat bevorzugen. Aber der Duft ist für mich das Entscheidende. Das ist für mich eine Wicke, das andere nur eine blühende Staude, die rankt. Ich glaube die Insekten sehen das ähnlich. VG Manfred aus dem Borkergarten
Ein sehr schönes, interessant vorgetragenes Wicken-Portrait. Die Wicke - ein- oder mehrjährig - hat mein Zierpflanzenradar bislang immer irgendwie unterflogen. Also vielen Dank für dieses informative und unterhaltsame Mit-der-Nase-Draufstupsen. Und die zarten Blüten hast Du auch mal wieder sehr schön ins Bild gesetzt.
AntwortenLöschenHerzliche Grüße und eine schöne Restwoche,
Iris
Hallo Manfred aus dem Borkergarten, meine Staudenwicke ist auch duftlos sehr attraktiv für Hummeln und auch Bienen Ich habe viele Blattschneiderbienen im Garten, die lieben meine Wicken sehr. VG
AntwortenLöschenIch liebe meine Wicken Staude, sie riecht fantastisch!
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