Donnerstag, 23. Juni 2011

Vergesslichkeit, dein Name ist Weib

Geht euch das auch so? Da hat man sich fest vorgenommen, angesichts der sahelzonen-ähnlichen Zustände in Ostwestfalen (und auch anderswo) keine Memmen mehr in den Garten zu pflanzen. Stattdessen kommen nur die Harten in denselbigen, die Hitzehelden nämlich.

Steingarten, bot. Garten Bielefeld
Auch was die Töpfe mit diversen Anzuchtexperimenten, Stecklingsstationen und Kübelpflanzen überhaupt angeht, wollte ich mich am Riemen reißen.
Die Übung hat mehrere Vorteile: Die Pflanzen haben weniger Stress und ich auch, weil ich nicht so viel zu gießen habe. Außerdem spart man Wasser.

Kräuter im bot. Garten Bielefeld

Soweit die Theorie.

Das funktioniert alles ganz gut, solange die Trockenheit andauert. Mit dem Siechtum plastisch vor den hitzgetrübten Augen, kann man sich prima beherrschen. Ein Muster an Contenance ist der Gärtner geradezu.

Und dann passiert's ja doch irgendwann: Sobald es den zweiten Tag in Folge Regen in Massen gibt, setzt die Vergesslichkeit pünktlich ein.
Statt Pflanzen zu gießen, tut man nun das Gegenteil und kippt hektoliterweise Wasser aus allen Kübeln, die keinen Abfluss haben. Es herrscht Schneckenwetter.

Helix aspersa

Wassermangel, was war das noch gleich?
Angesichts dieses schieren Überflusses gerät die Zeit des Notstandes in Vergessenheit und dann landet doch wieder eine Astilbe (für mich der Inbegriff von überhaupt gar keiner Dürretoleranz) im nächstbesten Beet und auch die ersten Stecklinge lungern schon wieder in irgendeinem Topf herum.


Und da wundert man sich dann, dass die Menschheit als solche nicht lernfähig ist. Ich bin's ja scheinbar auch nicht. Das Kurzzeitgedächtnis scheint das ausgeprägteste Körperteil bei mir zu sein.
Es ist tatsächlich nachgewiesen, dass der Mensch nicht in langen Zeiträumen denken kann.
Jepp, das kann ich bestätigen.
Das kann ja auch ganz nützlich sein, denn so könnte ich mir jeden Monat den gleichen Film anschauen. Die Handlung habe ich bis dahin garantiert schon wieder vergessen.

Am besten ruft man sich also beim leistesten Anzeichen von Schwäche die Sahara im eigenen Garten wieder vor Augen. Fotos helfen ungemein.
Die trägt man am besten immer bei sich, wenn man zum Einkaufen geht (botanische Schwächlinge lauern bekanntlich auch im Supermarkt).
Eignen tun sich Bilder von braunem Rasen, welkem Phlox oder dahinsiechenden Erdbeerpflanzen (die kann man ganz besonders schlecht leiden sehen).
Und ganz schnell weg vom Kühlregal - die kalte Luft hilft in keinster Weise bei der Entscheidung!

Auch ein Notizzettel mit Hitzehelden sollte dabeisein, um im Gartencenter die Übersicht zu behalten.
In der Gartenliteratur oder auch im Internet gibt es Listen mit trockenheitstoleranten Stauden oder Einjährigen.
Es kann auch sinnvoll sein, bei Spaziergängen in der Nachbarschaft zu beobachten, wie gut sich manche Pflanzen bei Trockenheit anstellen, vorausgesetzt, man weiß, wie oft die Besitzer gießen oder kann sie fragen.
Bei seinen eigenen Stauden weiß man das natürlich am besten und so erhält man Erkenntnisse, die man anderen weitersagen kann (meine diesjährigen Helden: Großer Odermennig - Agrimonia procera und Gelbe Wiesenraute).

So eine Liste passt bequem in die Geldbörse, gleich neben das Dürrefoto.

Gegen die Stecklings- und Sämlingsschwemme hilft das natürlich auch nicht.
Aber da haben wir ja eine gute Ausrede parat: Pflanzen selbst zu vermehren spart schließlich Geld. Wen interessiert da noch das viele Gießen?

14 Kommentare:

  1. Liebe Elke,

    wollte doch nur schnell meine Statistik "überprüfen", bin ein Junkie diesbezüglich und bin doch wieder an deinem schönen Post hängengeblieben. Den gönne ich mir immer gerne und freue mich an deiner Sicht und Schreibweise. LG Sibylle

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  2. Auf Astilben falle ich auch immer wieder rein, ich meine "Fanal" das sagt doch alles, bei mir würde sie "Fiasko" heißen.
    In meinem Garten wachsen nur zwei Sorten Pflanzen
    ( zu der Erkenntnis bin ich jedenfalls gekommen), die einen behüte un päppele ich das ganze Jahr und die andere Sorte muss jedes jahr großzügig abgestochen oder geteilt werden.
    LG
    aus dem Aller Leine Tal
    Andrea

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  3. Ach liebe Elke ich bewundere dich wie du deine Pflänzchen hochpäppelst.Und aus Samen ziehst.
    Ich dagegen habe keine Geduld ich muß genau sehen wie das ganze später aussieht.Deswegen kaufe ich alles schön etwas größer.
    Wünsche dir einen schönen Abend und ein schönes WE. Liebe Grüße Jana

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  4. ich hab mich grad köstlich amüsiert beim lesen!!!

    du hast ja sooooooooooooooooooo recht!!!!!!

    es tröstet mich ungemein, mit dieser speziellen vergeßlichkeit nicht alleine dazustehen!

    herzliche und noch immer schmunzelnde grüße sendet dir
    gaby

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  5. Wie wahr, wie wahr, liebe Elke! Ich nehme mir jedes Jahr vor, nicht mehr so viele Kübel zu bepflanzen, damit sich die Gießerei in Grenzen hält. Und dann steht die Terrasse doch irgendwann wieder voller Kübel und Töpfe, die nach Wasser schreien.

    Liebe Grüße von Bärbel, die eine große Schale voller Buchsstecklinge auf der Terrasse stehen hat...

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  6. Und ich dachte, es liegt am Alter, dass ich ganz fasziniert vor meiner Bücherwand stehe und mich an fast keinen Titel mehr erinnern kann :o)

    GlG Jane

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  7. Liebe Elke,

    sei nicht so streng mit Dir. Es muss auch Ausnahmen von der gärtnerischen Vernunft und Enthaltsamkeit geben. Denn wie wenig abwechslungsreich wäre wohl ein Garten, in dem es nur trockenheitsverträgliche, unendlich frostharte, pilz- und schädlingsresistente Pflanzen gäbe? Auch für ein paar anspruchsvolle Diven sollte sich m.E. das eine oder andere Plätzchen finden. Denn meist sind es ja gerade die Gartenzicken, die bei geduldiger und liebevoller Pflege mit ihrem herausragendem Zierwert all die Genügsamen in ihren Schatten stellen.

    Herzliche Grüße und ein Hoch auf die großmütige Vergesslichkeit ;o)

    Iris

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  8. Ach wie schön, das ich deinen blog gerade gefunden habe....
    Liebe grüße sendet Dir Therés aus dem Lupinus Salon

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  9. Herrlich witzig geschrieben und die Bilder sind auch ein Augenschmaus!

    Bei mir hüpft auch immer wieder eine nicht passende Pflanze in den Einkaufskorb aber missen möchte ich sie nicht in meinem Garten, obwohl ich nicht mal fliessendes Wasser habe!

    LG Rosana

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  10. sensationell gut gelungen! - deine art zu schreiben ist ein genuß - hab mich gerade sehr amüsiert!
    und das mit der vergesslichkeit besänftigt meine zeitweilige intolleranz....
    liebe grüße vom traunsee,
    karin

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  11. Hihi, so ein bißchen kenne ich das auch ... da locken dann die schönen Farben und Formen ... aber bei vielen weiß ich eben doch, daß es in unserem Garten und bei dem, was wir an Zeit dafür aufwenden wollen und können, eben nicht hinhaut. Die laß' ich dann lieber stehen.
    Aber manchmal ... eben so Kleinigkeiten ...

    Alles Liebe nochmal
    Sara

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  12. Apropos ... ganz unten hast Du diverse "Links zu diesem Post" - ich bin immer noch nicht dahintergekommen, wie genau das geht. Da haben die anderen Blogs diesen Post verlinkt, aber wie? Wenn ich das machen will, erstellt mir Blogger immer einen separaten Post - das kann es ja nicht sein, oder?

    Liebe Grüße nochmals
    Sara

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  13. wie schön, wenn man sich bei anderen gärtnern wiederfindet.
    seit jahren möchte ich trockenheitsresistente pflanzen.. mache mir nach 2 tagen regen gedanken, ob sie die wasserflut überstehen, habe dennoch im letzten jahr und in diesem hortensien gekauft und weiss nicht so recht hin mit meinem yucca-ableger und noch mehr mohn.. die ja wirklich hitze und trockenheit vertragen...
    wie tröstlich, dass mit mir noch alles stimmt ;-) - oder ist es so, dass (hobby-)gärtner halt anders ticken?
    lg
    alke

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  14. iebe Elke, beim Lesen deines Blogs denke ich immer wieder: es sollte ein Gartenbuch von dir geben...genauso witzig und geschrieben wie hier!
    Freut mich dass du einen Link zu meiner Lieblingsgärtnerei hier stehen hast...da bin ich öfter, ist ja sozusagen um die Ecke...
    viele Grüße, Barbara

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