Sonntag, 21. August 2011

Grüne Bohnen

Warum ist Kaffee eigentlich so teuer?
So langsam bekomme ich eine leise Ahnung.

Die Ausaat der Kaffeebohnen von Coffea arabica ist nämlich nicht so einfach, wie es die schiere Größe des Samens vermuten lässt.
Zunächst einmal ist natürlich die Farbe ganz entscheidend für das Gelingen - braune Bohnen weigern sich beharrlich, Leben zu zeigen - selbstredend, dass man keine gerösteten verwendet.
Stattdessen braucht man frische grüne Bohnen, höchstens das Hellbeige nach dem Trocknen ist noch zu tolerieren. Nur schokobraun sollten sie eben lieber nicht sein, wenn es nicht in völligen Frust ausarten soll.

Geröstete und zwei ungeröstete Kaffeebohnen zum Vergleich

Denn den Frust hat man sowieso. Wer schnelle Erfolge sehen möchte, der sollte lieber Kapuzinerkresse oder Erbsen aussäen. Kaffee aber ist nichts für schwache Nerven - das gilt für die Samen wie für das fertige Getränk gleichermaßen - der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.


Da mein Kaffeestrauch "Tom Bohnen" dieses Jahr Unmengen an Kaffeekirschen produziert hat, kann ich mittlerweile von erhöhter Frusttoleranz sprechen, denn ich habe es durchgezogen, jawoll!
Anstatt mir ein Schnapspinnchen voll von eigenem Kaffee zu brühen, habe ich die Aussaat in Angriff genommen.

Kaffee - Blüte

Frucht - noch grün hinter den Ohren

Und was soll ich sagen: Kaum wartet man mal zwei bis drei Monate, gießt fleißig, murmelt Beschwörungsformeln und kleinere Flüche, regt es sich auch schon im Kaffeekindergarten.

So funktioniert die Aussaat:
Pro Kaffeekirsche lassen sich zwei Bohnen gewinnen, indem man das rote Fruchtfleisch gründlich entfernt - das man übrigens essen kann, schmeckt sogar gar nicht mal so schlecht!

Wartet man solange, bis die Frucht schon ganz schrumpelig braun geworden ist, gelingt die Aussaat auch, nur will man die Hülle dann nicht mehr verspeisen.

Ob man die Anwärter auf die Aussaaterde legt oder hineinsteckt, interessiert die Samen nicht die Bohne.

Auch stundenlanges Einweichen im Wasserglas vor dem Pflanzen scheint keine signifikante Beschleunigung zu bewirken, allenfalls erntet man komische Blicke, wenn Besucher des Treibguts ansichtig werden.
Allein die Temperatur könnte noch einen größeren Einfluss haben. Bei Zimmertemperatur jedenfalls fühlt man sich um Jahre gealtert, bis endlich etwas passiert.

Irgendwann keimen sie aber doch alle - die unterirdischen haben höchstens einen weiteren Weg, weil sie sich erst an die Erdoberfläche kämpfen müssen.

Was dann folgt, nenne ich das Herkulesstadium - die Keimlinge tun wochenlang nichts weiter, als den Stiel mit dem Samen obenauf immer höher zu schieben, die kleinen Kraftprotze.

 
Wenn ihnen der Ausblick dann endlich zusagt, beginnen sie, die Samenhülle auseinander zu drücken.
Auch das läuft in quälend langsamem Tempo ab, bis die Ungeduld siegt und man sich die Kleenen schließlich vorknöpft, um Geburtshilfe zu leisten.
Die Kerlchen sind robuster als sie aussehen - die kann man sich einfach schnappen und ihnen die Reste der Kaffeebohne vom Leib reißen. So leicht knicken die nicht ein.

Der vordere Keimling sprengt die Kaffeebohne


Sind die Keimblätter erstmal entfaltet, und fühlt sich der Kaffeebohnendompteur schon stolz wie Oskar, geht das Ganze ein bisschen schneller vonstatten.

Keimblätter voll entfaltet

Die ersten richtigen Blättchen lassen nicht lange auf sich warten.
Jetzt kann man ans Umtopfen denken.

Keimling mit den ersten beiden Blattpaaren

Hier stehen sie nun, meine Kaffeeknirpse - mit selbstgebasteltem Namensschild - aus einem Eisstiel, einem Schaschlikspieß, Holzleim und ein bisschen Farbe:


Wichtig ist, dass sie keine pralle Sonne bekommen.


Die kleinen Pflänzchen sind ein schönes Geschenk für Menschen mit dem grünen Daumen (hier ist jetzt auch wieder grün wichtig, damit das ganze Theater nicht für die Katz war), und auch die aussaatfähigen Kaffeebohnen sind eine begehrte Tauschwährung.
Kaffeepflanzen kaufen ist doch langweilig, wenn man so einen Nervenkitzel kostenlos geboten bekommt!

Im Moment habe ich allerdings keine Devisen mehr - die neue Ernte reift aber schon heran, so dass ich auch nächstes Jahr wieder offen bin für Tausch-Avancen!
Dann können wir auch gerne eine Kaffeezucht-Selbsthilfegruppe gründen.

15 Kommentare:

  1. Das klingt nach spannender, gärtnerischer Herausforderung...ohgott, jetzt hast Du mir wieder so einen Floh ins Ohr gesetzt ;-)
    LG Martina

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  2. Liebe Elke,

    wieder so eine lustige Geschichte und sehr interessant. Wieviel graue Haare hast Du dabei bekommen?

    Liebe Grüße
    Jutta

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  3. I don't drink coffee, but I wonder those flowers look so delicate. Are they fragrant? Do they smell of coffee?

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  4. Kicher, bin immer noch am Grinsen. Mir dürfest Du wohl so ein Pflänzchen nicht schenken, ich hab's nämlich in den letzten Tagen fast geschafft unseren Gummibaum zu ermordern. War er doch beinahe unter einer Staubschicht erstickt, daher habe ich ihn kurzerhand ins Freie (in eine vermeintlich schattige Ecke) gestellt, wo er am Abend schön mit dem Schlauch abgeduscht wurde. Hmmm, irgendwie gelangte die Sonne dann wohl doch in diese Ecke und der arme Kerl wurde fast verbruzzelt. Nun steht er aber wieder geschützt und mit leichten Brandwunden im Schlafzimmer und mein vermeintlich grüner Daumen, hat dunkelbraune bis fast schwarze Flecken erhalten.
    Liebe Grüsse
    Alex

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  5. Liebe Elke,
    Vielen Dank für Deinen tollen Bericht. Jetzt habe ich es auch endlich gewagt, mich um die drei Kaffeekirschen von Dir zu kümmern, denn bislang wusste ich einfach nicht, wie ich mit ihnen umgehen sollte - und habe sie dann auch noch einfach vergessen *zugeb* Aber sie waren noch wohlauf und dürfen sich jetzt überlegen, ob ihnen mein Küchenfensterbrett gefällt. Oder sollte ich es ihnen vielleicht doch noch mit einem Sonnenschirmchen gemütlicher machen?
    Von Deinen Pentaglottis, die ich direkt in den Garten gesät habe, kann ich bislang übrigens immer noch nichts sehen, und in dem Töpfchen auf der Terrasse habe ich vorhin drei zarte Sämlinge gezählt, von denen einer deutlich behaart ist - ob sie das wohl sind? Ich hoffe es doch sehr, denn ich hatte mich sehr auf sie gefreut... Kommt Zeit, kommt Plänzchen - oder auch nicht...
    Liebe hoffende Grüße,
    Verena

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  6. Liebe Elke! Ich habe mir auch schön öfters überlegt ein Kaffeepflänzchen zu kaufen, allerdings fehlt mir einfach der richtige Platz - ich tue mir schon mit meinen Zitronenbäumchen schwer. Jedenfalls finde ich es klasse, dass die Anzucht bei Dir geklappt hat.

    lg kathrin

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  7. Liebe Elke
    Wie kommt man nur drauf, selbst Kaffeebohnen zu züchten. Herrlich diese Geschichte und einfach herrlich, wie du uns alles so bildhaft beschreibst, ich bin noch immer am Schmunzeln!
    Hab einen guten Wochenstart. Liebe Grüsse
    Ida

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  8. Hallo Elke,
    das hast du wieder ganz toll erzählt und bildlich dokumentiert. Das ist ja eine richtig spannende Sache! :-)
    LG Angelika

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  9. Liebe Elke.
    Ich danke dir für die tolle Aufklärung der Kaffeebohne.Du bist ja eine wahre Meisterin was Aufzucht und Pflege betrifft nicht nur bei Kaffeepflänzchen. Alle Pflanzen haben es bei dir gut deine Geduld ist einfach zu bewundern.
    Spitzenmäßig.
    Wünsche dir eine schöne Woche mit deinen schönen Pflänzchen.Sei liebe gegrüßt von Jana

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  10. Upps, mein Kommentar ist verschwunden also nochmals ...
    Ich habe zum Valentinstag eine kleine, nicht selbstgezogene Kaffeepflanze geschenkt bekommen. Ich habe sie umgetopft und nach den Eisheiligen in den Schatten in den Garten gestellt. Es tut sich nicht viel aber glücklicherweise bin ich auf die Ernte nicht angewiesen da ich Teetrinkerin bin. :) Danke für Deine Ausführungen.
    Lebe Grüße
    Teresa

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  11. Liebe Elke,
    Wow, wieder ein so schöner Post! Tolle Fotos, spannend interpretiert.
    Mir war bislang nicht bewusst, wie die Kaffeeblüte aussieht, allein wegen ihr würde es sich auszahlen eine solche Pflanze zu haben, sie sieht wunderschön aus. Und das Foto mit dem Keiling, der die Hülle sprengt entfaltet seine Kraft schon beim ansehen. Kann mir vorstellen, dass es dir großen Spaß gemacht hat, diese Entwicklung zu beobachten.
    Danke und liebe Grüße
    Elisabeth

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  12. das werden wunderschöne pflanzen, ich konnte im Wiener Botanischen Garten einige ältere exemplare bewundern.

    lg, brigitte

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  13. Liebe Elke
    Ein sehr spannender Post! Wunderschön!
    Herzlichst grüsst Dich Yvonne

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  14. Hallo Elke,

    bitte schön, gar kein Problem. Fragen kostet ja nix. Hoffe ich konnte dir wegen den Tellern helfen.

    Gruß Irene

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  15. Oh wie schön ! Da muß ich demnächst mal meine Schwester fragen. Sie hat einen wunderschönen großen Kaffeebaum in ihrem Zimmer. Der ist schon uralt und wurde von ihr auch aus einer Kaffeebohne gezogen. Er blüht ganz herrlich mit weissen Sternenblüten und sie erntet inzwischen auch schon recht beachtlich. Für mich jedes Jahr wieder ein Wunder!

    Alles Liebe nochmal
    Sara

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