Donnerstag, 16. August 2012

Uferlos

Das Schönste am Sommer ist, gemütlich im Liegestuhl neben Lavendel und Blutweiderich zu sitzen und dem Treiben der Hummeln zuzuschauen. 

Halt mal, was stimmt mit dem Satz nicht, werdet ihr jetzt rufen. Liegestuhl und Hummeln, meinetwegen - aber was hat denn bloß der Blutweiderich neben dem Lavendel zu suchen? Beide mögen Sonne, aber während es der eine gerne trocken mag, gilt der andere als stadtbekannter Säufer, der gerne nasse Füße hat. Blutweiderich (Lythrum salicaria) kennt man in der Tat von Teichrändern und feuchten Gräben. Den Lavendel kennt man aus Frankreich.

Zum Blutweiderich bin ich auch eher unverhofft und vor allem unvorbereitet gekommen. Der damalige Nachbar hatte einen streng blau-weißen Garten mit Teich, in dem plötzlich und uneingeladen diese scheußlich pinkfarbene Kerze auftauchte. Der Schandfleck musste sich selbst gesät haben oder war mit anderen Teichpflanzen eingeschleppt worden. Wenn er sich bloß ans Farbschema gehalten hätte, aber so musste er verschwinden, und zwar schleunigst. Also wurde der Spaten gezückt und mir die jetzt arg ramponierte Pflanze in voller Blüte über den Zaun gereicht.


In Ermangelung eines Teiches habe ich den Blutweiderich dann einfach ins sonnige Beet gesteckt. Und wochenlang gepflegt, damit er den Wurzelverlust kompensieren konnte.

Dass so etwas klappen kann, wusste ich schon, hatte ich doch gegen Ende meiner Schulzeit im Garten meiner Eltern sturmfreie Bude und einen Anfall von Anarchie gehabt: Im Aldi gab es Blutweiderich zu kaufen, und da ich das Anwesen meiner Altvorderen mit ein bisschen Bienenfutter aufpeppen wollte, habe ich eine Staude mitgenommen und an den Hang neben den Apfelbaum gepflanzt. Nach nun mehr als 20 Jahren steht er dort immer noch und blüht jeden Sommer wieder. Nicht nur, dass der Apfelbaum ihm etwas Bodenfeuchte wegsaugt - der Hang tut sein Übriges, um dem Blutweiderich das Wasser abzugraben. Trotzdem gedeiht er dort.

Nachbars Blutweiderich in meinem Garten

Auch das Mädesüß (Filipendula ulmaria) in meinem Garten wuchert uferlos vor sich hin, ganz ohne Teich und in normalem Gartenboden. Selbst das wächst mühelos und macht dem Giersch das Leben schwer bis unmöglich.



Was viele Pflanzen nämlich auszeichnet, sind raffinierte Strategien zur Konkurrenzvermeidung. Die einen tolerieren magere Böden, die anderen überflutete Standorte. Dort sind sie vor dem gemeinen Pöbel sicher, der dort nicht wachsen will, weil er über keine Anpassung an diese Extreme verfügt.

Im Garten aber sorgt der Gärtner für das Fehlen von Konkurrenz, so dass die Pflanzen trotz einiger Unterschiede zum Naturstandort gedeihen können. Würde dieser Garten verlassen, wären diese Arten ganz schnell von stärkeren Allerweltsarten verdrängt.

Das klappt natürlich nicht mit jeder Staude - eine Seerose auf der Trockenmauer würde trotzdem nichts, auch wenn wir ihr das Blaukissen vom Hals halten. Viele Pflanzen der wechselfeuchten Standorte aber sind einigermaßen tolerant und Experimenten gegenüber durchaus aufgeschlossen.

Mittlerweile ist der Teich nebenan zugeschüttet und in einen der extremsten Extrenstandorte umgewandelt worden, die es überhaupt gibt: Einen Sandkasten. Dort möchte auch der Blutweiderich nicht mehr hin, trotz völliger Konkurrenzlosigkeit. Aber er ist ja zum Glück bei mir gelandet und nun das Einzige, was noch an den belebten Tümpel von letztem Jahr erinnert.

Spielt uns der Zufall also eine Pflanze zu, für die wir keinen adäquaten Lebensraum haben, macht das nichts. Einfach mal versuchen, auf den Kompost kann sie später immer noch.

Der Blutweiderich jedenfalls kann tatsächlich ein Freund für's Leben werden.

20 Kommentare:

  1. sehr schöne Fotos. Besonders das erste hat es mir angetan....eine wunderschöne Farbe!!

    Liebe Grüße Eva

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  2. Liebe Elke,

    Dein heutiger Post kommt mir gerade richtig, denn ich bin auch schon am Blutweiderich hängen geblieben, weil ich ihn so schön finde. Mangels einer Teichlandschaft in meinem Garten habe ich aber dann doch wieder Abstand davon genommen.
    Nun kann ich ja auch mal mein Glück versuchen.

    Liebe Grüße
    Jutta

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  3. Oh, schön, dann bekommt er auch eine Chance bei mir. Ich hatte bisher befürchtet, dass er in meinem Teichlosen Garten verkümmert.

    Liebe Grüße, Michelle

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  4. Ach Elke, das sind ja wieder wunderschöne Bilder!!!!
    Auch mein Blutweiderich wurde (auf welchem Wege auch immer) indirekt "miteingeschleppt". Plötzlich entdeckte ich ihn diesen Sommer am Gartenzaun, wie er da fröhlich vor sich hin blühte! Allerdings wußte ich gar nicht, dass er Teichränder bevorzugen würde! Aber gar zu trocken ist der Standort dort eh nicht.

    LG Doris

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  5. Liebe Elke, schön, dass Du ihn adoptiert hast. Und siehste, er ist richtig dankbar!
    Liebe Grüße, Dagmar

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  6. Ich mag Blutweiderich so gerne und ich lasse ihn auch (frei- oder auch unfreiwillig aussamen)
    Dort wo er stört ist er leicht zu entfernen...

    Bei mir wächst er sogar am Extrem-Standort im Vollschatten am Fuss des Weidenpavillons - gegossen wird er nie und dort herrscht die volle Trockenheit!
    Ein Hoch auf den Blutweiderich! (und seine Retterinnen)

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  7. Ich hab zwar keinen Blutweiderich im Garten, aber in der Staudengärtnerei hatten wir ihn auch bei den "normalen" Beetstauden stehen - in 9er Töpfen und ohne extra Bewässerung. Im Botanischen Garten hab ich mal einen gesehen, der aus dem Sumpfbeet ausgebüchst ist und sich auf einer Trockenmauer breit gemacht hat. Eine Kollegin, die dort arbeitet, hat es sehr bedauert, dass sie ihn da entfernen sollte, weil das ja nicht so lehrbuchmäßig aussieht und in einem Botanischen Garten geht sowas ja mal gar nicht ;-) Dir noch viel Spaß mit dem Blutweiderich - mit dem wirst Du bestimmt noch viele Abenteuer erleben :-)
    LG Martina

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  8. Liebe Gärtnerin,
    sehr interessant Dein Post über Blutweiderich. Ich habe an drei Stellen Blutweiderich: Einmal zur Zeit sehr üppig blühend im Beet, dann zweimal einfach so inmitten einer "wilden Wiese". Ich liebe ihn sehr, weil er sehr lange blüht und auch die pinkviolette Farbe mag ich sehr.
    LG Marita

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  9. Oh, dann ist das eine tolle Pflanze für uns. Zwar haben wir auch keinen Teich, auf jeden Fall noch nicht, aber farblich passt er fast perfekt. Da werd ich dann im nächsten Jahr mal drauf achten, ob ich einen bekommen oder ob den einer in der näheren Umgebung los werden will.

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  10. Liebe Elke

    Ich habe auch einen Blutweiderich - mitten in meinem Weinberggarten und die Trockenheit meines Garten macht im überhaupt nichts aus.

    Ich liebe ihn weil eineerseits so unkompliziert ist, andererseits eine heimische Staude ist und noch dazu ein Bienenweide.

    Liebe Grüsse Rosana, immer ein bischen am Ausprobieren, wie tollerant die Pflanzen so sind...



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  11. Hallo Elke
    Toll geschrieben! Im Radio hat mal ein Gärtner, der von Rosen im Halbschatten nicht viel hielt gesagt, "Pflanzen sind extrem leidensfähig, aber man muss sie deswegen ja nicht gleich quälen." Lach, also sooo leidensfähig sind die zarten Blümchen dann auch wieder nicht, wenn ich da in meinen Garten schaue. Aber auch bei mir wächst der Blutweiderich an herrlicher Sonne, mitten in einem trockenen Hang, umgeben von Rosen, Mohn und anderen Sonnenanbetern. Naja, er könnte üpiger wachsen und vermutlich teste ich seine Leidensfähigkeit schon etwas arg, aber er blüht... das ist doch schon mal was.
    En liebe Gruess
    Alex

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  12. Ja einfach nur genießen liebe Elke nichts tun und die Tierchen zu schauen.
    Das ist auch Sommer pur bei mir.
    Blutweigerich ist toll habe auch einige Pflänzchen davon
    Schönes WE Sonne gibt es ja satt schon wieder zu warm.HIHI.
    Bis denn liebe GRüße Jana.

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  13. Kreisch - wieder mal ganz köstlich!
    Bei mir wird der Blutweiderich derzeit von Bienen beflogen, aber sowas von Mengen! Nebenan steht der Wasserdost, beide sitzen in diesem Beet, weil im Frühling dort das Wasser steht und sonst nichts gedeihen will. Wenn der Wasserstand sinkt, ist es Wüstenklima, aber alles wächst.Zur Not wird mal gegossen. Sichtschutz bietet es auch.
    Der Extremstandort Sandkasten ist wirklich köstlich,sowas gibts bei uns nicht mehr und wird es nicht mehr geben.

    Sigrun

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  14. Bei mir wachsen Blutweiderich und Lavendel ebenfalls in bester Harmonie nebeneinander. Hach, ich hätte auch gerne Nachbarn, die mir ihre Pflanzen schenken. Geht aber nicht, denn die haben ihren Garten gekachelt ;-)
    LG,
    Sylvia

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  15. Blutweiderich wächst auch in meinem Sumpfbeet - von Jahr zu Jahr wird die Pflanze größer. Die Blüten sind wunderschön, besonders die Farbe, aber man muss aufpassen, dass er nicht alle anderen Pflanzen überwuchert.

    lg kathrin

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  16. lavendel mag unsere nassen winter nicht, aber dem blutweiderich scheint das alles eher egal zu sein - er waechst und verteilt sich munter. darf er auch, weil er soooo schoen blueht:) auch, wo es eigentlich ziemlich trocken ist (ja, solche stellen gibts auch in irland *eg*) - leider fehlt mir der liegestuhl, aber zu dessen benutzung reicht es sowieso nie, weil immer zuviel giersch (und andere unwesen) hier herumlungern:)

    viele gruesse und ein schoenes gaertnerwochenende
    Bettina

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  17. Liebe Elke,
    du schreibst immer so witzig. Bei der Seerose, die trotz mangelnder Konkurrenz durch Blaukissen nicht auf der Trockenmauer gedeiht, hätte ich mich bald weggelacht. Ach, mein Blutweiderich ist trotz Teichrand und nasser Füsse einfach weggeblieben dieses Jahr. Wenn ich das so lese, vielleicht wars ihm zuzuu nass. Auf jeden Fall freue ich mich für ihn, dass er rechtzeitig zu dir umgezogen ist. Wo Pflanzen sich an strenge Farbschemata halten müssen, wollte ich auch nicht wohnen.
    Liebe Grüße, Johanna

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  18. Liebe Elke,
    mir gefällt der Blutweiderich (Lythrum salicaria)sehr. Aber in Nordamerika steht der Gewöhnliche Blutweiderich seit seiner Einführung durch den Menschen im 19. Jahrhundert in dem Ruf, ein lästiges „Unkraut“ zu sein und wird bekämpft. Als erfolgreiche Maßnahme hat sich das Aussetzen von Schadinsekten herausgestellt, die sich auf Blutweiderich spezialisiert haben.
    LG Gisela.

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  19. Ich gebe bald das Gärtnern auf-bei dir wächst alles auch gegen jede "Vernunft" bei Frau J. im Garten ist es dem wärmeliebenden Lavendel zu warm, die Bohnen streiken, sogar der Giersch lässt nach...Tomaten gibt es und die wollte ich gar nicht. Aber gut schmecken sie doch.
    Ich geh jetzt dem Grünzeug ins Gewissen reden,habe mir deinen Post ausgedruckt und werde ihn im Garten vorlesen....

    Herzlichst übern Gartenzaun,
    Jo

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  20. Liebe Elke,

    eine wundervolle Pflanze, die ich bisher gar noch nicht kannte, die aber mein Blütenherz im Sturm erobert hat, dank deiner wundervollen Fotos.

    Lg von Sandra, die gern auch mal soooooo einen grünen Daumen hätte wie du ;)

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