Donnerstag, 22. August 2013

Brautschau

Auf meinem Schulweg damals kam ich an einer Spierstrauch-Hecke vorbei, die im Frühjahr einfach grandios aussah - wie ein übergroßer Brautstrauß. Ich kann nicht mehr sagen, ob es eine Spiraea arguta oder eine betulifolia war, jedenfalls blühte sie weiß - und das üppig, obwohl sie so streng geschnitten war. Wenn wir an diesem Grundstück vorbei kamen, wurde meine Mutter nie müde zu erwähnen, wie sehr Spierstrauchblüten stinken. Dennoch stand für mich eines schon in jungen Jahren fest: Wenn ich groß bin, habe ich auch eine weiße Spiraea. Keine edle - und vor allem duftende - Rose sollte es sein, nur dieses eine, wenig extravagante Gehölz.


Die Hecke gibt es mittlerweile nur noch in Fragmenten, einem Neubau sei Dank, aber groß bin ich inzwischen geworden. Meinen Wunsch von damals hatte ich allerdings nie vergessen. Bei der nächstpassenden Gelegenheit, als wir im Reihenhausgarten gerade Rasen abgestochen hatten, holte ich mir für wenig Geld einen kleinen Strauch aus dem Gartencenter - wenn doch alle Kindheitsträume so einfach zu erfüllen wären!

Meine Wahl war auf die grazile Spiraea cinerea 'Grefsheim' gefallen, eine frühblühende Variante Marke Brautstrauß, die praktischerweise immer zeitgleich und farblich abgestimmt mit meiner Süßkirsche blüht.


Dieser Strauch mit seinem immer gepflegten graugrünen Laub ist wirklich ohne Fehl und Tadel, sieht stets adrett aus und meldet sich nie krank. Eine zweite Blüte hat er leider nicht, höchstens eine ganz minimalistische im September an den Triebenden.

Und weil ich diese Spiraea so gern habe, wollte ich sie auch einmal vermehren. Ich habe zwar gar keinen Platz für noch ein Exemplar, aber meine Neugier musste einfach befriedigt werden. Würde ich es schaffen, diese zauberhafte Sorte zu vervielfältigen?

Überall steht geschrieben, dass man Spiersträucher durch Stecklinge vermehren kann. Aus Samen schon mal nicht, das stand scheinbar fest. Also steckte ich zu jeder Jahreszeit, die ich finden konnte, ein paar abgeschnittene Äste an schattige Plätze im Garten. Und siehe da - sie vertrockneten allesamt, das aber zuverlässig. Statt 'Grefsheim' sah das eher nach 'Altersheim' aus. Jetzt hatte ich also eine sichere Möglichkeit entdeckt, Äste dieser Pflanze umzubringen, mehr nicht.

In der Vase wollten sie auch lieber nicht wurzeln, dabei hatte ich so schon erfolgreich ihre bucklige Verwandtschaft, die Weidenblättrige Spiere (Spiraea salicifolia), zum Austreiben bewegt. Es sah also so aus, als wollte sich die Dame von mir persönlich eher nicht vermehren lassen.

Einige Jahre und mehrere fruchtlose Versuche später entdeckte ich beim Kompostverteilen im April an der Strauchbasis Jungtriebe in einiger Entfernung zu den älteren Zweigen - gerade weit genug weg, um einen Keil zwischen sie und den Hauptstrauch zu treiben. Wenig euphorisch stocherte ich also etwas mit dem Spaten an ihnen herum, bis ich mehrere dieser zarten Wesen in der Hand hielt. Welch Wunder - sie hatten tatsächlich schon von Haus aus einige feine, aber vielversprechende Wurzeln!

Diesmal wollte ich alles richtig machen. Ich setzte sie in Töpfe mit Blumenerde, stellte sie schattig auf und wässerte sie pflichtbewusst. Schon nach ein paar Monaten zeigten sich immer mehr neue Jungtriebe, die aus dem Substrat wuchsen. Die ältesten Zweige wuchsen ebenfalls ganz hervorragend, so dass das Ganze im Sommer schon aussah wie eine richtige Spiraea!

Jetzt hätte ich zwar bald eine richtige Hecke, aber leider ist mein Garten immer noch zu voll. Also muss mein Grefsheim-Nachwuchs ausziehen. Eine Idee, wo ich die Jungspunde hinpflanze, habe ich auch schon: Vorne in eines der Siedlungs-Gemeinschaftsbeete. Wer weiß - vielleicht sieht sie ja dort jemand auf dem Schulweg und der nächste Kindheitstraum ist geboren?

19 Kommentare:

  1. Auf meiner Hunderunde kam ich regelmäßig an einem Spierstrauch vorbei...wunderhübsch anzusehen im Frühjahr...und nun??? ...hat man ihn vor kurzem einfach platt gemacht...warum, ist nicht ersichtlich...und aus meiner Sicht völlig unverständlich ( wuchs am Wegrand einer Gartensparte...). Ich bin traurig...LG Lotta.

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  2. Ich liebe ihn, den Spierstrauch meiner Oma in meinem Garten.
    "Brautkränzchen" sagen wir ihm. und ich finde, er duftet!
    herzlichst
    yase

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  3. Ja, die Kindheitsträume. :)
    Ich habe auch einen Spierstrauch, aber einen einfachen, namenlosen. Über die Blüte freue ich mich trotzdem sehr. Diese zarten Blüten sehen aber auch zu schön aus.

    Viele Grüße
    Margrit

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  4. Wir hatten in einem früheren gemieteten Garten schon Spiersträucher, die der Eigentümer gepflanzt hat. Ich fand diese überhängenden weißen Bogen einfach toll. Den Rest des Jahres war es eine weniger spektakuläre Erscheinung. Aber wenn man den Garten abwechslungsreich gestaltet, ist das nicht so schlimm. Schlechter Geruch ist mir neu. Ich finde Ligusterhecken scheußlich, die stinken und würde ich nie Pflanzen.
    Schön, wenn man seine Kindheitsträume verwirklichen kann.
    LG Sigrun

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  5. ... wieder so eine schööööne Geschichte von Dir Elke!
    Deine Spiraea liebe ich auch sehr - kommt gleich nach Felsenbirne und Bux :-)
    Viele Grüße von Renate

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  6. Ich habe Dich eben durch Zufall entdeckt und habe ganz fasziniert "Deine Geschichte" gelesen. Ich mochte diese Spieren auch als Kind schon - heute hab ich selbst welche im Garten gepflanzt und freue mich daran, wie schön sie gedeihen.
    Hab ein schönes Wochenende
    Jacqueline

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  7. Schöne Geschichte, denn ich liebe Geschichten, die mit der Liebe zu Pflanzen zusammenhängen! Süße Blüten und doch: Ich mag den "Duft" der Spireen auch nicht, zum Glück währt die Blüte nicht ewig ;-)
    Liebe Grüße
    Elisabeth

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  8. Hallo Elke
    Eine schöne Idee! Ich liebe die Spiersträuche auch sehr und habe einige von ihnen in meinem Garten... auch in der Hecke :o). Mein Kindheitstraum war allerdings, selber Häschen zu haben, nachdem mir mein Grossvater ein Riesenscheck auf dem grossmütterlichen Esstisch (sehr zu ihrer Begeisterung, wie du dir bestimmt vorstellen kannst) platziert hatte. Ehm, natürlich lebend und nicht als Braten :o). Mein Kindheitstraum habe ich auch erfüllt... na ja, vielleicht nicht ganz, denn eigentlich wollte ich ja einen eigenen Zoo *kicher*.
    Hab ein schönes Wochenende.
    En liebe Gruess
    Alex

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  9. nach laengerem ueberlegen haben wir (DH und ich) gerade festgestellt, dass wir keine spirea besitzen! das muss wohl baldmoeglichst geaendert werden nach deinem bericht:) aber eine sorbaria, die hab ich seit dem fruehjahr - und ich warte schon sehr gespannt darauf, dass die knospenrispe endlich aufgeht! bei mir war ein grosser garten der traum - den hab ich ja nun, aber manchmal ist die freude zweigeteilt und es kann sich phasenweise zum alptraum entwickeln:) natuerlich hat mir der garten im traum nie soviel arbeit gemacht wie jetzt in der realitaet (oder vielleicht war der im traum einfach nur viel kleiner???)
    viel spass mit deiner bluetenwolke!
    Bettina

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  10. Liebe Elke,
    genau diesen Gedanken an Brautsträuße habe ich auch, wenn ich die weißen Spiraea blühen sehe. Sie erinnern eben an Myrthenblüten. Und draußen macht mir der Geruch gar nichts aus. Schön, dass sie deine Bemühungen zur Vermehrung doch noch belohnt haben.
    Liebe Grüße, Johanna

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  11. Hallo Elke,
    die Spier-Stöcke sind mir noch nie aufgefallen und ich finde sie grandios. Blühen die jetzt ? Dann würde ich bei den Sträuchern in unserer Umgebung einmal genau hinsehen.

    Gruß Dieter

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  12. Hallo Elke,
    als Kind war ich auch von den weißen Spiersträuchern beeindruckt, die gehörten damals ja fast zur Standardbepflanzung in Vorgärten. Sie sehen so schön filigran und romantisch aus mit ihren überhängenden Zweigen. Schade eigentlich, dass ich keinen in unseren Garten gepflanzt habe.
    Eine wunderschöne Geschichte!

    Liebe Grüße, Bärbel

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  13. Die hätte ich schon fast vergessen...Flowerpower der sechziger Jahre, Auch an unserem Wohnhaus stand damals so eine superlange Brautspierenhecke, die jedes Frühjahr mit ihren überhängenden weißen Blütentrieben auch uns Kinder beeindruckte.
    Wieso sind die eigentlich aus der Mode gekommen? Schöner als die heutzutage so seelenlos aussehenden Kirschlorbeerhecken sind sie allemal.
    Sie ist ein 'Revival' wert! Und du hast sie mit diesem Beitrag plus den anmutigen Fotos gebührend gewürdigt!
    LG
    Sisah

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  14. Liebe Elke, von der tollen Brautspiere schneide ich mir jedes Jahr im Winter einen grosszügigen Strauss, den ich dann zum Antreiben ins Wohnzimmer nehme.
    Ich habe nebst der Brautspiere noch anthony waterer und die sehr niedrige princess. Alle Sorten habe ich von einer Mutterpflanze selber vermehrt, sogar verholzte Triebe bewurzeln kinderleicht. Du musst einen anderen Boden oder schon Wurzeldruck haben wenn es nicht so einfach klappt. Ist schn komisch...die einen empfinden die Spirea als "wächst garantiert an" bei anderen will sie nicht in die Puschen kommen. Ich stecke immer im März oder im September und überlass sie dann sich selbst.
    Lg Carmen

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  15. Hallo Elke.
    Schön sind solche Spiersträucher die weißen Blüten sind einfach schön,bloß der Duft ist nicht so angenehm.
    Habe meinen schon einige Jahre nicht mehr werden auch so groß und ausladend.Öfter mal was neues das belebt den Garten.
    Schöne Woche und liebe GRÜße Jana.

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  16. na, das muß ich mir mal merken, wenn ich von meinem mal Nachwuchs haben wollte. Obwohl wir eigentlich auch keinen Platz mehr am Zaun haben. Danke für den Tipp!

    Liebe Grüße
    Sara

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  17. ja, frühling par excellence. Oft mit dem bonus einer schönen herbstfärbung (S. x vanhouttei, oder S. betulifolia wie 'Thor'). Leider werden spiersträucher oft mit schulterzucken abgetan, wie Deutzien, da so problemlos wachsend und daher allerweltsgesträuch.
    Kennst Du übrigens die niedrigen spieren, wie die 'Chardonnay Pearls'? Wirklich perlengleiche knospen, und hellgrüne blätter. Ein schatz für kleine gärten.

    lg, brigitte

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  18. Hallo Elke,
    mir hat als Kind in der Nachbarschaft ein Gewürzstrauch so gut gefallen. Er steht jetzt auch bei uns im Garten !!! Aber die Spiersträucher mag ich auch gerne, da unser Garten groß genug ist, habe ich gleich mehrere.
    Liebe Grüße
    Dagmar

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  19. Liebe Elke,

    das ist wieder eine ganz zauberhafte Geschichte und man kann ja auch sagen: Ende gut, alles gut! Solche Geschichten mag ich sowieso am liebsten.
    Diese Spiersträucher mag ich auch sehr. Leider werden sie oft unbarmherzig zurückgeschnitten, so dass sich diese wunderschönen überhängenden Blütenzweige gar nicht erst entwickeln können.

    Liebe Grüße
    Jutta

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