Samstag, 9. Juli 2016

Der Gemeine Geburtstagsgarten

Habt ihr im Winter Geburtstag und ärgert euch oft, dass ihr nicht wie wir Sommerkinder im Garten ausgelassen feiern könnt, bis die Sterne leuchten und die Glühwürmchen die beste Lightshow aller Zeiten zu euren Ehren tanzen? 

Ärgert euch nicht länger, der Winter kann ja auch schön sein. Denn die Gäste sehen den Garten dann nicht so gut und vor allem nicht hautnah und stundenlang. Im Winter ist es dunkel, im Sommer erst sehr spät. Zu spät.

Mein Geburtstag ist der Johannistag und man kann oft draußen feiern, sogar mit erwähnter, biologisch abbaubarer Lightshow. Dummerweise sieht der Garten nur von März bis Mai vorführfähig aus, aber dann habe ich noch keinen Geburtstag. Und im Juni macht mein Garten, was er will, und meistens will er wuchern was das Zeug hält.

Ich schäme mich dann immer sehr vor den Gästen, mähe den Rasen lieber doppelt, malträtiere die Rasenkanten und schneide, schneide, schneide. Doch auffallen tut es am Ende nie. Die sich wild an der Gartengrenze auftürmende Rosa multiflora ist um diese Zeit nur noch ein Häufchen verblühtes Elend, zu spät für ihre fulminante weiße Blütenschau, zu früh für ihre ebenfalls oscar-reifen Hagebutten. Die sind jetzt noch grün und wirken unordentlich.

Dieses Jahr ist es noch schlimmer als sonst. Die Staudenwicken am Rosenbogen wollten wohl mal Deutsche Bahn spielen und haben Verspätung. Wochenlang, das kriegt selbst der ICE von Bielefeld nach Berlin nur selten hin. Das Wald-Geißblatt hat zu meiner Ehrenrettung immerhin schon mit dem Blühen angefangen


Hinten im Garten wird's noch schlimmer. Die weißen Wald-Glockenblumen haben entweder schwarze Läuse oder hängen in der Hasel fest, wo ihren parasitenfreien Zustand leider keiner sieht.


Der leckere Bärlauch hat riesige Lücken hinterlassen, die selbst der Giersch nicht mehr haben will (sollte der Bärlauch am Ende eine Wunderwaffe gegen Unkraut sein?). Im schattigen Eck hinten links wachsen also momentan nur Wühlmaushügel und Schnecken.

Die Gelbe Wiesenraute, dieser meterlange Lulatsch, ist nicht standfest gewesen und liegt hilflos auf der Bodendeckerrose, wo sie nicht hingehört.

Der Holunder von nebenan hängt in meinem Garten ab und jeder denkt, es wäre meiner und ich zu faul, die Schere zu benutzen. Dabei haben wir schon die schlimmsten Äste abgeschnitten, die direkt auf unserer Seite waren.

Die Kletterrose 'Manita' gebärdet sich wie toll, blüht zwar herzerweichend, aber zwingt den Baldrian und die Spiraea in eine waagerechte Ausweichposition wegen ihrer allzu sehr überhängenden Äste (siehe Holunder, der ihr im Nacken sitzt und sie in unseren Garten zurückdrängt).



Der arme Baldrian hängt nun dumm über dem Rasen rum und ist im Weg, stützen sähe auch komisch aus. Ich bin versucht, ihn zu ernten, um nicht in Schnappatmung zu verfallen.
Dann auch noch der Ansturm der Nacktschnecken, die im ständigen Regen meine besten Blüher in Gerippe verwandeln, darunter der Herbst-Eisenhut. Sogar der gar nicht angefressene Blaue Eisenhut hat aus Solidarität diesmal keine Knospen.

Also schäme ich mich wochenlang schon im Voraus vor den Geburtstagsgästen. Werden sie wieder den obligatorischen Satz sagen: "Das ist aber zugewachsen bei euch."? Wie immer wird niemand sagen: "Hier kann man aber schön blickgeschützt sitzen.". Und was war dieses Jahr? Es hat geregnet und war kalt, fast wie im Winter.

Jetzt sehe ich den Garten wieder etwas entspannter. Wie in den Gartenzeitschriften sieht er zwar immer noch nicht aus, aber es gibt auch gute Nachrichten. Der Säulenapfel 'Arbat' hält sich mit seiner süßen Last aus rekordverdächtig vielen Äpfeln wacker senkrecht.


Die Heuchera 'Palace Purple' blüht einträchtig neben einer Hosta, die die Schnecken nicht kleingekriegt haben.


Die Taglilien legen sich ins Zeug und haben so viele Blüten wie nie.

Der Frauenmantel leuchtet hübsch im Gegenlicht neben den Schoten vom Einjährigen Silberblatt und dem wuchernden Wald-Ziest. Überhaupt, der Wald-Ziest. Der sieht zwar gar nicht ordentlich aus und würde sicherlich in gar keiner Gartenzeitschrift jemals erwähnt werden, beschert mir aber regelmäßig diesen Special Guest: Die Wald-Pelzbiene (Anthophora furcata), die nichts so sehr liebt wie Wald-Ziest-Blüten.


Und auch die Glühwürmchen-Veranstaltung funktioniert ja nur durch den Wildwuchs, denn die kleinen Leuchten sind glühende Verehrer von Schneckenfleisch. Aber nächstes Jahr schäme ich mich garantiert trotzdem wieder...

20 Kommentare:

  1. hihi Elke, das hast du wieder köstlich beschrieben!
    "Was Pflanzen denken..."

    Wie sagte der Sohn neulich, als er Freunde zur Party einlud?
    "Schön, dass man bei uns jetzt nicht so reinschauen kann..."
    ;-)
    Schalldicht ist das Gesträuch allerdings noch nicht...
    Hüstel.

    Liebe Grüße!

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  2. ein richtiger botanischer garten * wie fein dass alles bei dir so grün ist und blüht ! es ist ja so schade dass viele keinen sinn für natur haben und lieber kurzen rasen mit grosse holzterrasse und einige kübel von irgend einem gartengrosshandel als schön finden. bei mir im mai sagen die geburstagsgäste : oh dass ist ja ein jungle bei dir ;) einige aber auch es sieht so natürlich aus... für uns die hier leben sieht es einfach richtig lebendig mit bäume auch blumen und vögel, insekte auch viele schnecken und kleine igel im frühling die schutz unter äste finden. aber so viele blumen und pflanzesorten wie bei dir hätte ich auch gerne, da könnte noch einiges gesät und gepflanzt werden aber diese müssten bei dem juli/augustwind & trockenheit sich wohlfühlen ;)
    danke für deine sehr schöne gartenbilder !

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  3. Liebe Elke!
    Hab ich schon erwähnt, dass ich deinen Stil zu schreiben liebe :)
    Ich seh mich in so vielen deiner Sätze wieder und meine, ich würde bei deiner Beschreibung durch unseren Garten wandeln.
    Gestern habe ich wieder ergebnislos versucht, dem Unkraut Herr zu werden, welches sich seit meiner mehrwöchigen Gärtnerzwangspause im Frühling, ungehindert im Garten austobt.Irgendwann hab ich wieder enttäuscht klein beigegeben und mir gedacht *Gut, dass kein Besuch kommt* :)
    Ich wünsch dir ein schönes WE und uns beiden eine rosarote Brille um den Garten nur von seiner schönen Seite betrachten zu können.
    Sabine

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  4. Ja, Elke, Dein Stil zu Schreiben ist sooo toll!
    Und ich habe mich dermaßen wiedererkannt... der gemeine Geburtstagsgarten... hihi..den habe ich nämlich auch. Mein Geburtstag ist in Kürze und ich lade an einem Sonntag zum Frühschoppen ein... zur Zeit sind viele Rosen verblühr, der Walnussbaum verliert schon viele Blätter und er wirft seine überflüssigen Nüsse ab, ähnlich wie der alte Klarapfelbaum.... der Rasen sieht nur frisch gemäht gut aus... aber ob ich all das schaffe...
    Ich denke, meine Gäste müssen damit klar kommen. Ich lebe auf dem Land und da darf auch schon mal Brennessel und Zaunwinde über den Zaun schauen... aber es lag auch stark am ewig regnerischem Wetter... man konnte ja kaum was machen im Garten...
    LG Marita

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  5. Da hilft dann nur den Rasen zu betonieren und grün anzumalen, sowie Plastikblumen in die Beete zu stecken. ;) :D Aber ob das in deinem Sinn ist? :D

    Viele Grüße
    Margrit

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  6. Liebe Elke,
    vielen Dank dafür, dass Du mir einen weiteren Vorteil offenbart hast, Ende Dezember Geburtstag zu haben. Das nächste Mal, wenn mich jemand fragt, ob es nicht doof wäre direkt nach Weihnachten Geburtstag zu haben, sag ich: Ich brauch vor der Party wenigstens kein Unkraut zupfen!

    Viele Grüße aus dem Wendland
    Silke

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  7. Gut, dass ich ein Winterkind bin! Haha... Aber im Ernst... so ist das nun mal. Meine Kletterrose stand noch vor Tagen in voller Blüte... jetzt ist die Pracht dahin! Aber so ist das... auch der Garten macht mal Pause!
    Ach ja... nachträglich noch alles Gute zum Geburtstag!
    Viele Grüße von Margit

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  8. Herzlichen Glückwunsch! Nachträglich, aber von Herzen.
    Wer nur zu dir kommt, um herauszufinden ob du Unkraut gejätet und Rasen gemäht hast, kann ja auch zu Hause seinen Kaffee so,bei brauen und alleine trinken. Freunde kommen wegen DIR! Und lieben deinen Garten, weil du ihn liebst.
    Wenn dem nicht so ist, solltest du die Gästeluste überdenken 😉
    Herzlichst
    yase, deren Freunde auch nicht wegen Garten und Haushalt kommen sollten

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  9. Vielleicht ein Fall für die wunderbare Zeitschrift vom Naturgarten e.V. ....:-)???
    Aber was war passiert in Bielefeld? Wir haben doch am gleichen Tag Geburtstag und ich musste bei über 30 Grad in Nürnberg schwitzen und du schreibst das ganze Gegenteil...? Gewitter?
    Schrecklich, was du über die Blumenwiese beim Null-Euro-Beet schreibst. Das macht mich gleich ganz traurig....
    Ein schönes Wochenende noch,
    LG Sigrun

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  10. haha! kommt mir bekannt vor :-)
    der garten sieht immer dann am schönsten aus wenn ihn keiner sieht! scheint aber ein naturgesetz zu sein - läuft auch so bei meinen haaren - z.b..
    aber ich trainiere mir ja seit jahren meinen perfektionismus ab. und ausserdem kochen alle anderen ja auch nur mit wasser. und wenn gar nix hilft wird der sommersalon mit gekauften topfblumen ausstaffiert! einfach in malerische tontöppe umtopfen und dabei etwas verstrubbeln - schon denke alle man hat sie selbst gezogen ;-)
    geburtstag hab ich im november - da liegt nichtmal schnee malerisch auf abgestorbenen stauden!
    xxxxxx

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  11. Hallo Elke,
    ich dachte beim Lesen nur : wie bei uns. Wir haben beide im Sommer Geburtstag und der Garten ist entweder ein Dschungel wie bei meinem Mann oder schon sonnentrocken am Ende der Saison wie bei mir. Ich bekomme dann meist zu hören: euer Garten ist sicher pflegeleicht. Ha, wenn die wüssten. Ohne meine Gartenschere müsste man mit der Machete durch. Dein Garten sieht trotzdem, und das meine ich wirklich ernst, sehr schön aus, halt wie Gärten im wirklichen Leben aussehen und nicht wie in den Zeitungenn oder auch wie in manchen Blogs.
    Ganz liebe Grüße
    Dagmar

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  12. Liebe Elke, ich war ganz bei Dir in Gedanken und habe eine Runde mitgeschämt. Aber dann ist mir eingefallen, Du könnstes im nächsten Jahr einfach eine Dschungelparty planen, dann noch einige "anscheinend" giftige Tierchen im Garten ausgesetzt und die Leutchen die kommen werden nichts anderes als wucherndes Grün erwarten und damit beschäftigt sein, die "giftigen" Tierchen rechtzeitig vor dem lebensbedrohlingen Angriff zu entdecken. Du kannst dich entspannt zurücklehnen, da du mit dem üppigen Grün den Erwartungen gerecht wirst und als einzige weißt, dass es gar keine Tierchen gibt außer Ameisen, Asseln und Glühwürmchen. Hoffe ich konnte behilflich sein! Und vielen vielen Dank für den wieder genialen Post - ich könnte mich immer kringeln bei Dir! LG Marion

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  13. also ich mag deinen garten wie er ist... lebendig, wild, ungezähmt :-)
    herzlichste grüße & wünsche an dich :-)
    amy

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  14. Liebe Elke,
    wat is et wieder schön. Gott sei Dank hast du dich hier öffentlich geschämt-wat hab ich wieder geschmunzelt. Dein Geburtstag ist ja scheinbar leider ins Wasser gefallen, dein Humor zum Glück nicht. Alles Gute nachträglich, genieß den Sommerabend, die Glühwürmchen und das Sternenfunkeln.
    Liebe Grüße
    Jo

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  15. Liebe Elke,
    so ein Dschungelgarten-Geburtstag macht doch Laune! ;>)) Besonders die Vorbereitungen und alles Drumherum, was Du wieder so köstlich beschreibst, erfreut mein Herz. Ich spaziere gerne durch Deinen Garten und wünschte mir, auch so flott von der Leber weg schreiben zu können. Ich hatte jedenfalls wieder viel Spaß beim Lesen. Hab herzlichen Dank für diesen herrlichen Beitrag.
    Alles Gute nachträglich für´s neue Lebensjahr!

    Liebe Grüße in´s schöne NRW,
    Helge

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  16. phh, wen stoert denn sowas? schlimmer als mein garten kann deiner garnicht aussehen - und regnen tuts hier auch in einer tour! allerdings feiert hier auch kein erwachsener mehr geburtstag, von daher bleibe ich von eintrudelnden partygaesten eher verschont:) aber - trotzdem noch nachtraeglich herzlichen glueckwunsch - und schaemen musst du dich auch nicht, die meckerer haben es bestimmt zuhause auch nicht schoener, in einem verwunschenen, wilden garten ist es doch viel aufregender als in einem super aufgeraeumten!

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  17. Ich würde an deiner Stelle zur Dschungelparty einladen und den Leuten erzählen, dass das so sein muß! Wäre das eine Idee?

    Sigrun

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  18. Liebe Elke
    Zwar wirklich sehr verspätet ... dennoch, ein Geburtstagsglückwunsch und nur die besten Wünsche für dich, die müssen jetzt einfach noch sein.
    Na ja, ganz ehrlich, ich würde diesen Garten gerne mal betreten, auch wenn nicht alles so ist, wie es eben sein sollte. Und die Natur, die gebärdet sich ja sowieso oft anders, als wir es uns in den Köpfen vorstellen. Das passt schon ... nicht natürlich, wenn die Geburtstagsparty verregnet wird ...
    Liebste Grüsse
    Ida

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  19. Liebe Elke, das hast du wieder herrlich beschrieben. Ich kämpfe mich immer tapfer von vorne durch den Garten, aber ich kapituliere regelmäßig auf der Hälfte und muss wieder von vorne anfangen. Deshalb siehts vorne gut aus und wird zunehmend wilder, je weiter man in den Garten kommt. Die Tierwelt liebt es. Ich wünsche dir auch Alles Gute zu deinem Geburtstag und dass dir weiterhin alles gelingt, was du anfängst. Liebe Grüße, Johanna

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  20. Herrlich beschrieben - liebe Elke!
    Genau so ist es :-)
    Also ich hab ja im November Geburtstag.
    Hab aber vor einigen Jahren damit amgefangen einfach statt
    meinem Geburtstag im Nebelnovember ein Rosenfest im Sommer zu feiern.
    Dann sehen die Verwandten und Freunde mal was von meinen Rosen.
    Der Vorteil ich kann es in die erste wunderschöne Anfangszeit
    der Rosenblüte - Anfang Juni - legen und bin danach völlig entspannt, wenn der Hagel kommt, alles am Boden liegt, zuwuchert, plattgedrückt wird und Ähnliches :-))
    Liebe Grüße von der Urte

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