Samstag, 11. April 2020

Sagt mal, wo kommt ihr denn her?

Für mich gibt es nichts Schlimmeres als diese nahezu leeren, lediglich mit glotzäugigen, kopflastigen Stiefmütterchen und puscheligen Bellis spärlich bepflanzten Beete. Diese dem deutschen Reinheitsgebot der Bepflanzungsregeln entsprechenden Gärten (60 % Erde muss immer zu sehen sein, sonst ist die bürgerliche Ordnung schwer gestört) verpassen doch so einiges. Schließlich ist es - zumindest für mich - immer sehr aufregend zu sehen, wer neben den geladenen Gästen noch so alles im Garten auf der Bildfläche erscheint. Und da kann man sich oft gehörig wundern.

Passend zu Ostern ist zum Beispiel die Frühlings-Braunwurz (Scrophularia vernalis) mit ihren eierförmigen Blüten mal wieder mit von der Partie. Und das ist ein fulminantes Comeback nach einigen Jahren völliger Abwesenheit. Wo war sie nur all die Jahre? Auf was hat sie gewartet? Brauchte sie mal wieder Beifall?




Die hat wirklich Allüren, aber nun ist sie gleich an mehreren Stellen von ganz alleine wieder aufgetaucht und kann sich sogar gegen das allumfassende Bärlauchregime behaupten.

Besonders stolz bin ich auch auf diese palmenartig beblätterte Kandidatin, die sich selbst beworben hat: Was ich zunächst als Arbeitshypothese für ein Lenzrosenbaby hielt, entpuppt sich nun doch zweifelsohne als Stinkende Nieswurz (Helleborus foetidus). Ihre kindlich runden Blätter hatten mich erst verwirrt.



Nun wächst dieses Prachtexemplar, deren Mutterpflanze letztes Jahr verstorben ist, mal wieder im Rasen, der dadurch erneut ein Stück ins Abseits gedrängt wurde. Aber wer könnte diesem Goldstück schon widerstehen?

Und die alte Helleborus-Dame, die ihre Samen hier einige Meter von sich entfernt zum Keinem gebracht hat, hat ihrerseits für eine Zitterpartie bei einer viel kleineren Staude gesorgt. Diese zierliche, elfengleiche Zahnwurz, vermutlich ist es die Fieder-Zahnwurz (Cardamine heptaphylla), wuchs jahrelang direkt unter der Stinkenden Nieswurz und hat es verblüffenderweise überlebt. Vielleicht hat der große Stinker sie auch nur beschützend unter seine Fittiche genommen.


Jetzt bin ich natürlich sehr bemüht um sie und ernte den Bärlauch bevorzugt aus ihrem Dunstkreis weg. Einmal mehr Bärlauchpesto zum Abendessen zugunsten der kleinen Zahnwurz kann doch nicht schaden.

Und nun taucht in einem Tomatenkübel, auf den ich im Februar Kompost geworfen hatte, noch ein Helleborus-Knirps auf, wieder ein Stinkendes Nieswürzchen? Die kann da natürlich nicht bleiben, aber ich werde sie diesmal weit weg von der Zahnwurz pflanzen.


Überhaupt ist es immer eine gute Idee, Kompost irgendwohin zu schmeißen und mal zu schauen, wer an der Überraschungsparty alles so teilnimmt. Das ist eine großartige Beschäftigung, solange die Tomatentöpfe noch brachliegen und arbeitslos sind. Da keimt das Who-is-who der feinen Gartengesellschaft und man darf raten, ob man seine Pappenheimer alle noch an ihren Keimblättern erkennen an. Das meiste ist aber Knoblauchsrauke, und das nicht zu knapp. Ist aber lecker.


Die Tulpen sind auch wieder da. Dank des Blogs weiß ich aber, dass bei den gelben eine fehlt, was schade ist.



Der Rauling (Trachystemon orientalis) hat sich vermehrt, das hier sind seine haarigen Sämlinge:



So sieht er aus, wenn er groß ist (hinten wächst Iris):



Zuguterletzt zeige ich euch noch das Präsent aus Dennenlohe, ein Bienenhotel. Damit es nicht so schnell nass wird, habe ich es mit einer Getränkedose bedacht. Das Blech der Dose passt gerade so auf das Dach, passt wie angegossen.


Die erste Mauerbiene ist auch schon eingezogen. Ist ja auch sehr luxuriös, so eine Wohnung im Erstbezug, da muss man nicht erst die Brutröhre putzen wie die Nachmieter der älteren Nisthilfen.


Und jetzt wünsche ich euch Frohe Ostern!

12 Kommentare:

  1. Ach ja, immer diese Überraschungen! Bei mir treibt es die Knoblauchsrauke in diesem Jahr echt zu wild - da sollte doch mal ein Lenzrosenweg entstehen ;-) Aber da ich vor einigen Tagen schon den ersten Aurorafalter sah, dürfen die Unmengen an weißen Blüten nun noch den ganzen Weg säumen, aber dann müssen sie dorz mal weg … Schließlich habe ich mir auch ein größeres Foetidus-Kind dorthin gepflanzt, und das soll im nächsten Jahr auch Kinder bekommen. Mir geht nämlich allmählich der Nachwuchs aus …
    Bei Deinem Sämling vermute ich allerdings doch ein Lenzrosenbaby. Aber so ein Mischling ist ja auch immer ein hübsches Überraschungspaket - auch wenn es ja leider lange braucht um sich zu outen ;-)
    Na, dann viel Freude bei der heutigen Entdeckungstour! Ist ja auch so eine Art Ostern ;-)
    VG Silke

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  2. Hmmm... doch. Noch schlimmer als Blumenbeete im Friedhofs-Style finde ich Kies auf Plastikfolie und in der Mitte einen häßlichen beton-Blumentopf mit irgendeinem halbtoten Immergrünen. *spei*
    Ich bin auch immer wieder überrascht, was in meinen Balkontöpfen so alles wächst. Mein Motto ist da im Großen und ganzen: Wer überlebt, darf bleiben.
    LG
    Centi

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  3. Schwarze Erde ist mir auch ein Gräuel genauso wie die elenden Kies und Schotterbeete. Der nieswurz hat sich bei mir auch nach einem Frostjahr verabschiedet, beim jäten ziehe ich aber Sämlinge wie Schachtelhalm, Ahorn, Giersch, Quecke, und Gräser raus. Anderes warte ich ab und vereinzelte etc. Nur der Boden ist immer bedeckt, notfalls helfe ich mit Phacelia nach. Grosartig deine genauen botanischen Kenntnisse, da merkt man die Biologin . LG von Frauke

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  4. Hallo Elke,
    Gärten mit viel Erde um die Stauden sind auch nicht so meins, doch immerhin noch etwas besser als die Kies- und Schottergärten....einfach grauselig. Hier haben nun endlich Helleborus orientalis für kleine Babies gesorgt...noch lass ich sie stehen, damit sie etwas kräftiger für die Töpfe werden.
    Hab schöne Ostertage - lieben Gruß, Marita

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  5. Hallo Elke,
    ich gebe dir auch vollkommen recht, dass schnell gesetzte fertige Frühlingsblüher oder Stauden im Sommer sicher anders schön sind, als eingewachsene, von Jahr zu Jahr wiederkehrende, mich begleitende Stauden oder sich aussähende Einjährige. Ich sage anders-schön, weil ich sie persönlich gar nicht schön, sondern künstlich und unnatürlich finde, der sie aber gepflanzt hat findet sie sicher schön. Unterschiedliche Geschmäcker eben. Was ich aber allerdings auch beobachte, ist das was du mit freier Erde und den eingesetzten Blüh-lingen wohl meinst. Es scheint allgemein wohl eher das als schön empfunden zu werden und normal angesehen zu werden, als ein eingewachsenes Beet. Zumindest in Deutschland ist das so. Und zumindest im Internet ist das so, beobachte ich die Lobeshymnen auf Bloggerinnen -Gärten, die genau nach diesem super hygienisch, militärisch korrekten und gepflegten Beete-Stil gärtnern. Wo im Februar schon die Beete "endlich" geputzt werden und dann endlich 90Prozent blanke Erde zu sehen ist und alle sich beömmeln, wie viel Mühe dahinter steckt und wie toll das Ergebnis geworden ist.....

    Für mich ist das jedenfalls nicht Gärtnern sondern eher nur dekorieren.

    Meine Nieswurz hatte sich übrigens auch nach dem ersten Winter auf nimmer Wiedersehen verabschiedet und im Frühjahr danach sah ich ihre Sämlinge, einer davon wuchs gigantisch und blüht jetzt mit rieseigen Blütenständen seit vielen Monaten. Und beim Gierschrausreissen in allen Staudenbeeten kann ich jetzt immer mehr der alten Bekannten begrüßen, die sich nach und nach aus dem Boden schieben und mich bald wieder mit ihren Blüten beglücken.

    Liebe Grüße, der Achim

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    1. Hallo Achim, ja, ist das nicht komisch, dass ein paar hingepflanzte Baumarktpflanzen mehr bewundert werden als Staudenbeete, die viel mehr Erfahrung brauchen, wenn sie jahrelang funktionieren sollen? Da muss man zwar nicht umgraben und Blaukorn hin schmeißen, aber das Kombinieren und Schneiden ist ja auch Arbeit und mehr Gehirnschmalz auf jeden Fall. Komische Welt.
      Viele Grüße
      Elke

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  6. Herrlich! "deutschen Reinheitsgebot der Bepflanzungsregeln". Du sprichtst mit aus der Seele. Dieses - ich harke drei Mal wöchentlich den kahlen Boden - geht mir auch auf den Pinsel. Bei mir machen sich die Sämlinge von Nieswurz und diversen Lenzrosen auch über all breit. Sogar im Gemüsebeet auf der anderen Seite des Hauses per Komposttaxi.
    Dir auch schöne Ostertage.
    VG
    Claudia

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  7. Deine Gartenerlebnisse lese ich sehr gerne, lustig geschildert mit Erfahrungen gespickt, spricht sie jeden Gartenbesitzer an. So manche Schilderungen betrifft auch den eigenen Garten, das Verschwinden und wieder Auftauchen ist etwas was Rätsel aufgibt, aber durchaus gerne angenommen wird. Gärten mit bedecktem Boden sind lebendige Gärten, man entdeckt immer etwas Spannendes an Pflanzen oder Tieren. Gerade um diese Jahreszeit ist ein Gang durch den Garten immer mit Überraschungen verbunden.
    Dir weiterhin überraschende Erlebnisse und
    liebe Grüße
    Edith

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  8. Dir auch frohe Ostern - und herzlichen Dank für den Gartenrundgang
    Herzlichst
    yase

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  9. Liebe Elke,
    der Garten ist immer für eine Überraschung, oder auch mehrere, gut, besonders in diesen Zeiten. Die Stinkende Nieswurz hat sich bei uns mittlerweile sehr gut ausgebreitet. Und ich finde sie sehr schön.
    Ich wünsche Dir noch einen wundervollen Ostermontag, pass auf Dich auf und bleib gesund.

    Viele liebe Grüße
    Wolfgang

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  10. Hallo Elke,
    Du sprichst mir aus der Seele! Was ist bloß los mit den Menschen? Alles was unökölogisch, optisch grausam und steril daher kommt ist chic! Ticken die noch richtig? In meiner Straße kann man solche Gärten zu Hauff "bewundern". Die Idee ist, auch der Garten muß wie das Wohnzimmer Keimfrei sein! Wenn ich meinen Garten sehe denke ich manchmal, das ich wohl die Aussätzige der Straße bin. Hier lebt das Grüne Chaos und die Insektenwelt Dankt es mir, mit ihrem Erscheinen. Ein emsiges Treiben den ganzen Tag, eine Oase für Bienen und Co.
    LG...Stephanie

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  11. Liebe Elke, bei mir in den Bergen taucht überwiegend das Schaumkraut auf. In Massen wird es richtig lästig. Aber ein sehr interessanter Artikel.

    LG Kathrin

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