Samstag, 30. August 2025

Die Namen der Wanzen

Bei Schmetterlingen war es schon lange üblich, ihnen angenehm klingende und leicht zu merkende Trivialnamen zu geben. Sie werden nicht immer einfach nur nach ihrer Futterpflanze benannt, wie der Distelfalter, sondern genauso oft nach ihrer Zeichnung, wie Admiral, C-Falter oder Gammaeule. Andere bekamen sogar richtig schöne Namen verpasst, wie die Wiesenvögelchen oder das Waldbrettspiel.

Da hatten die Wanzen schon immer das Nachsehen. Meistens haben sie nicht mal einen prosaischen deutschen Namen bekommen, sondern einfach mal: Gar keinen! Der wissenschaftliche musste lange Zeit reichen, und der ist nun mal nicht so leicht zu merken und macht das Tier auch nicht gerade zugänglich oder sympathisch. Doch damit ist nun zum Glück Schluss!

Wer hat damit wohl angefangen? Und wie kamen die Namen zustande? Ich stelle mir das als einen lustigen Abend mit Diashow vor, wo unter viel Gelächter die besten Namen ausgewählt werden.

Vom Farn-Wichtel hatte ich schon berichtet, aber es gibt noch mehr. Hier der Unbeständige Schmalhans  (Dicyphus errans), der oft im Garten auftaucht und aussieht, als bräuchte er mal mehr zu essen. Schmalhans trifft es also ganz gut - und man darf annehmen, dass der Namensgeber schon älter ist, denn das Wort Schmalhans ist doch schon sehr in Vergessenheit geraten. Gut, das macht die Wanze dann vielleicht für unter 20jährige nicht so zugänglich wie für uns ältere Semester.

Die dünne Wanze saugt an Insekten und vertilgt gern Blattläuse.

Doch was wäre der Unbeständige ohne eine ganze bucklige Verwandtschaft? Daher gibt es auch noch den Kahlen Schmalhans (Dicyphus pallicornis) und den Langen Schmalhans (Dicyphus pallidus).




Auch die Sichelwanzen, allesamt kleine Räuber, haben einprägsame Namen bekommen. Hier der Langhorn-Buschräuber (Himacerus apterus), der in Gärten zuhause ist und dort anderen Insekten nachstellt.



Das ist hier ist eine andere Sichelwanze, der Landräuber (Nabis rugosus), früher einfach Braune Sichelwanze genannt.

Einer Ameise ähnelt die Ameisen-Sichelwanze (Himacerus mirmicoides), die neuerdings Kurzhorn-Buschräuber genannt wird, was ich aber weniger einprägsam finde als Ameisen-Sichelwanze. Hier ein etwas schüchternes Jungtier, das sich in einem trockenen Blatt versteckt:


Dann hätten wir noch die Helle Krummnase (Oncotylus punctipes), eine Wiesenwanze. Nicht ganz so ein schmeichelhafter Name, aber immerhin überhaupt einer.


Einige Fruchtwanzen wurden neuerdings in Enak umbenannt - wer oder was ist bitte ein Enak? Hier eine unbekannte Enak-Nymphe, die farbenprächtig auf einer Distel sitzt - wie gemalt!


Die Nördliche Fruchtwanze (Carpocoris fuscispinus) ist nun als Gelber Enak bekannt. Sie ist eine sehr häufige Wanze, die gern auf Samenständen herumsitzt.



Das ist der Verkannte Enak (Carpocoris purpureipennis), früher Purpur-Fruchtwanze genannt:

Und das hier ist der/die/das Plink (Notostira elongata), früher unter dem prosaischen Namen Grasweichwanze bekannt:


Bei anderen Arten änderte sich gar nichts am Namen - denn welcher könnte hier treffender sein als eben Schillerwanze?


Damit sie nicht so ganz ohne Umbenennung auskommen muss, hat sich bei ihr zur Abwechslung mal der wissenschaftliche Name von Eysarcoris venustissimus zu Stagonomus venustissimus geändert. Irgendwas ist immer.

Samstag, 23. August 2025

Die Farn-Ecke

Sie blühen nicht, sie spenden keinen Schatten für den Liegestuhl und sind meist nicht mal essbar. Sie sind einfach grün. Zudem ist ihre Fortpflanzung so kompliziert wie mitunter ihre Blattform - einfach aussäen kann man sie nicht. Und doch waren sie immer wieder echte Modepflanzen: Farne. Auch gerade scheint wieder mal ihre Stunde zu schlagen.

Als hätten sie es geahnt, haben sie schon vor Jahren freiwillig mehrere Plätze in meinem Garten bezogen, vor allem der Wurmfarn. Hinzu kamen Ableger, Findelfarne und Geschenke. Gekauft habe ich jedenfalls keinen einzigen und trotzdem ist eine kleine Sammlung zustande gekommen.

Über den Garten verteilt wächst vor allem der Wurmfarn, der sich teilweise selbst angesiedelt hat. Und damit hinten links nicht immer das berüchtigte Bärlauch-Loch über den Sommer mit gähnender Leere über das Beet hereinbricht, wenn der Stinker eingezogen ist, versuche ich seit ein paar Jahren dort Farne zu versammeln. Am besten funktionieren immergrüne Arten, die schon groß genug sind, wenn der Bärlauch loslegt. Kleine sommergrüne Arten kommen dann oft nicht mehr durch und ihre Wedel sterben unter der dichten Belaubung mit Knoblauchfahne ab.

Kein Problem mit der Nachbarschaft haben der Hirschzungenfarn (Asplenium scolopendrium) 'Crispa', den ich vor zwei Jahren auf der Staudenbörse in Gütersloh ergattern konnte.






Letztes Jahr kam ein Rotschleierfarn (Dryopteris erythrosora) aus Bremen hinzu. Während die Hirschzunge mit farnuntypischen Blättern punktet, ist diese Art einfach sagenhaft schön mit ihrem roten Neuaustrieb.


Aus Susannas Garten bekam ich den Pfau unter den Farnen, den buntesten unter der in dem Beet nicht vorhandenen Sonne: Den einmalig schönen Japanischen Regenbogenfarn (Athyrium nipponicum) 'Metallicum' – dem muss ich den Bärlauch immer ein bisschen vom bunten Hals halten, aber dann schafft er es auch durchzukommen.

Ich bewundere meine Farnfreunde gerne und schaue ihnen manchmal unter den Rock, denn auch ihre Sporenbehälter sind einmalig und bei jeder Art ein bisschen anders. Als ich es dieses Jahr mal wieder nicht lassen konnte und Farnwedel wendete, entdeckte ich winzige Wanzen, die an den grünen Sporenkapseln saugten: Ich habe den Farn-Wichtel (Monalocoris filicis) im Garten!

Irgendjemand gab den Wanzen endlich mal leicht zu merkende Trivialnamen und so hat es der braune Wicht zu diesem klangvollen Namen geschafft: Farn-Wichtel ist doch wirklich treffend für diese kleinen braunen Kerlchen.

Sie sind schwer zu fotografieren und krabbeln schnell auf die andere Blattseite, wenn man zudringlich wird. Nur die erwachsenen Wichtel sind braun und haben Flügel, die Larven sind grün.

Fand ich sie anfangs noch am Wurmfarn, wurde der ihnen bald zu trocken und sie saugten stattdessen an noch grünen Sporenkapseln auf anderen Arten, vor allem am Rotschleierfarn. Die Zwerge überwintern nicht hinter den Sieben Bergen, sondern im alten Laub der Farne, weswegen man es liegen lassen sollte.

Findet ihr auf dem nächsten Bild die grüne Nymphe, also den Farn-Wichtel-Wichtel?


Am Regenbogenfarn habe ich die Wichtel noch nicht gesehen, aber die Gemeine Blumenwanze scheint alle Farne zu mögen:


Wer hätte gedacht, dass Farne nicht nur gut aussehen, sondern auch Lebensraum von Insekten sein können? Jetzt mag ich meine Farnecke noch lieber, denn sie beherbergt kleine Märchenwesen.

Samstag, 16. August 2025

Nesselblättrige Neuzugänge

Glockenblumen sind großartig!

Das finden allerdings auch die Schnecken, daher wachsen in meinem Garten eigentlich nur Pfirsichblättrige Glockenblumen unbehelligt, denen die Beete aber zu vollgestopft sind. Große, um nicht zu sagen, großartige, geradezu größenwahnsinnige, Hoffnungen habe ich mir daher wegen der Nesselblättrigen Glockenblume (Campanula trachelium) gemacht. Eine geschenkte wächst an der Terrasse so prächtig im lichten Schatten, dass ich noch mehr haben wollte - auch für die auf Glockenblumen spezialisierten Wildbienen. Die sind zwar Dank der Haare in den Blüten oft sehr schlecht zu fotografieren, aber das ergibt auch oft schöne Bilder wie mit Weichzeichner.







Manchmal begeben sich sogar sommerliche Kugelspringer auf die Blüten - das hier ist Seine Winzigkeit, der überaus entzückende Deuterosminthurus pallipes:


Auch die ein oder andere riesige Nacktschnecken habe ich an meiner bisher einzigen schon  angetroffen, doch im Großen und Ganzen wird die Pflanze ignoriert und kommt gut zur Blüte. Versamt hat sie sich aber noch nicht - vielleicht werden die Sämlinge auch gefressen?

Jetzt bekam ich noch mehr Pflanzen, die von einem Bremer Balkon stammen und dort zu groß geworden sind. Ich hörte was von rhabarbergroßen Blättern - ob sie auch als Sonnenschirm durchgingen? Drei Töpfchen habe ich bekommen, die aus Transportgründen mehr oder weniger erstmal blattlos waren.

Eines habe ich vor den Rosenbogen gepflanzt, eines weiter hinten im Garten und das dritte ist noch unverändert.

Nun begab es sich aber, dass das hintere, schattigste sofort gefressen wurde, das vordere gar nicht. Also panierte ich den Boden rund um das Opfer mit Schafwollpellets, was keine Verbesserung brachte. Jeder Neuaustrieb musste wieder dran glauben - und das, obwohl die Stelle auch die Balz-Arena eines Igelpärchens war, das mindestens durch Drauftreten eine Wirkung hätte erzielen können.


Nun hatte ich auch noch Lebermoosextrakt bekommen, der gegen Schnecken helfen soll. Man muss eine verdünnte Lösung ansetzen, nachdem man nachgeforscht hat, wieviele Teelöffel denn 5 ml sind (einer), und die Pflanzen (oder was davon übrig ist) tropfnass einsprühen.

Da ich nur einen sehr kleinen Zerstäuber aus Glas habe, war das Unterfangen recht mühsam, aber irgendwann tropften die mitleiderregenden Stängel ganz gut.

Dummerweise wusch der Regen in der Nacht aber die mühsam geduschten Blätter wieder frei von jeglichem Lebermoosextrakt. Da zeigte sich ein Dilemma: Regnet es, hält die Lösung nicht auf den Blättern, regnet es nicht, braucht man keinen Schutz vor Schnecken und der Beweis, ob die Maßnahme gewirkt hat, ist nicht zweifelsfrei zu erbringen. Jedenfalls kann ich sagen, dass der erneute Versuch der Pflanze, in Blätter zu investieren, auch mit Lebermoosextrakt vergeblich war, nach dem zweiten Mal Einsprühen gedeiht die Pflanze aber prächtig, obwohl es auch dann noch mal geregnet hatte.

Hat es also gewirkt? War es etwas ganz Anderes? Hat die arme Glockenblume mittlerweile einfach selbst dafür gesorgt, dass ihre Blätter ungenießbar wurden? Bitterstoffe einzulagern und Stickstoff aufgebraucht zu haben kann ja helfen.

Nun bin ich also gespannt, ob beide Glockenblumen nächstes Jahr blühen werden. Für die dritte wird immer noch ein strategisch günstiger Standort gesucht.

Übrigens: Wenn die Nesselblättrige Glockenblume dann zur Blüte kommt, sollte man nicht zu voreilig sein mit der Schere! Auch vollständig abgeblühte Stängel bilden gern noch einmal Blüten. So hat man beides: Samen und neuen Pollen für die Glockenblumen-Scherenbienen.


Naja, und jetzt ist es wieder so nervig trocken und heiß, dass die Schnecken gerade mal keine Probleme bereiten.

Samstag, 9. August 2025

Rosa Wölkchen

Man sollte sich im kleinen Garten wirklich hüten vor Stauden, die größer werden als man selbst. So auch der Gewöhnliche Wasserdost (Eupatorium cannabinum). Zumindest aber schaue ich bei ihm zur Blütezeit in schöne, fluffige rosa Wölkchen. Gut, kleinen Pflanzen nützt das nichts, für die ist der Riese eine echte dunkle Gewitterwolke. Auch überragt mich der Wasserdost nicht nur, ich könnte mich vermutlich auch in ihn hinein legen und wäre auf ganzer Länge nicht mehr zu sehen.





Da habe ich wirklich nicht mit gerechnet, dass die Staude vom Samenkorn zum Platzhirsch wird. Noch dazu in so kurzer Zeit - das verflixte siebte Jahr dürfte das jetzt sein und zur Linken des Zierapfels ist alles voll mit Wasserdost. Man darf sich von seiner mädchenhaften Erscheinung mit den schlüpferrosa Blüten nicht täuschen lassen!

Der hat aber als heimische, spät austreibende Staude einige Vorteile: Frühlingsblumen können unbehelligt zu Ende blühen, da er sich nicht vor April hervorwagt. Sollte die Bärlauchbelagerung dann noch anhalten, macht das nichts, da wächst der Wasserdost einfach hindurch. Schnecken fressen ihn bei mir überhaupt nicht.

Man kann ihn ganz leicht selbst aus Samen ziehen, was er aber auch gern für einen übernimmt.

Er verträgt zwar feuchten Boden, aber kommt auch mit Trockenheit klar, wenn er eingewachsen ist. Dann bleibt er kleiner, was aber in diesem Fall nicht so schlimm wäre.

Wegen seiner wuchtigen Gestalt überlege ich im Juni immer, ob ich ihn im Herbst nicht mal ein bisschen zurechtstutze und Teile aus dem Wurzelstock aussteche. Und dann fängt er an zu blühen und ich bin wieder überwältigt von der Fülle an Insekten, die ihn besuchen.

Stammgäste sind jedes Jahr Bienenwölfe, Hummeln, Honigbienen und Riesen-Blutbienen, Bienenjagende Knotenwespen, Maskenbienen, Schmalbienen, Schwebfliegen, C-Falter, Grünader-Weißling und Faulbaum-Bläuling.

Da kann man sich dann danebensetzen und schauen, was passiert. Gut, man braucht schon einen Barhocker, um in die Blüten zu gucken, aber was soll's. Dann jedenfalls wird man mit atemberaubenden Szenen belohnt, wie den Jagdambitionen eines Weibchens der Grünen Krabbenspinne (Diaea dorsata), die versucht hat, nach Insekten zu greifen und dabei immer wieder vom Bienenwolf einfach überrannt wurde. Am Ende hat sie eine Blumenwanze erwischt. Sie hat auch links nur noch zwei Beine, das macht es nicht einfacher.




Damit der Wasserdost nicht unter sich bleibt, aber das Farbschema durchgezogen wird, hat er ebenfalls rosablühende Nachbarn bekommen, als da wären Moschus-Malven und Kerzen-Knöterich.

Ich weiß zwar noch nicht, wo das Ganze hinführen soll, aber wenn er blüht, ist er ja wirklich unwiderstehlich. Und die Insekten und Spinnen leben auf rosa Wolke Sieben.