Samstag, 3. Mai 2025

Was lange währt...

...wird endlich gelb! Also wirklich, diese Pflanze ist ja rein gar nichts für Ungeduldige! Und Gärtner haben es ja bekanntlich nicht so mit der Geduld. Ich eigentlich auch nicht, aber als ich im Herbst 2020 Samen bekam, habe ich sie ausgesät. Nichtsahnend, dass mich diese Pflanze die nächsten fünf Jahre beschäftigen wird. Denn die Durchwachsene Gelbdolde (Smyrnium perfoliatum) passt in keine Schublade. Wenn man nach ihr sucht, findet man meistens die Angabe, dass sie zweijährig sei, und diese Geduld kann man ja gerade noch aufbringen. Das kennt man schon von Wilder Karde oder Königskerze und da lohnt sich das Warten ja auch, wir sitzen die Zeit bis zur Blüte ganz lässig und faul auf einer Pobacke ab.




Also tat ich das auch bei der Gelbdolde, säte sie im Herbst 2020 und freute mich auf die Blüte im nächsten Jahr. Was für eine Freude: Die Sämlinge erschienen mopsfidel in 2021 und wirkten proper und kräftig. Aber dann kam der Mai und sie waren verschwunden. Da fallen einem natürlich sofort die Schnecken als Schuldige ein und ich schrieb die Pflanze ab. An eine Blüte in dem Jahr war ja wohl nicht mehr zu denken.




Das Frühjahr 2022 kam, und zu meiner völligen Verblüffung war die Gelbdolde wieder da. Größer als letztes Jahr, mit mehr sellerieartigen Blättern, aber wieder war sie im Mai untergetaucht. So langsam zweifelte ich an der Schneckentheorie, vor allem, als sich das Spektakel noch zwei Jahre wiederholte. Jedes Mal waren die Pflanzen größer geworden, aber hielten sich an den Zeitplan und waren bald wieder weg. Sie benahmen sich ganz so, wie man es von Frühjahrsgeophyten wie Zierlauch gewohnt ist, der vor dem Sommer einzieht und ein gähnendes Sommerloch hinterlässt.

Das mit dem zweijährig war ja nun wohl genauso falsch wie der Tod durch Nacktschnecken. Nicht auszudenken, wenn man die Gelbdolde mit dem Versprechen auf Zweijährigkeit kauft und sie dann einzieht anstatt zu blühen. Da macht man sich dann Vorwürfe, schimpft auf die Schnecken und bepflanzt die Stelle womöglich gleich neu – womit man sich wohl um die Blüten bringen würde, denn irgendwann mussten die ja kommen, oder?

Dieses Jahr hatte ich dann auch große Hoffnungen, dass endlich als großes Finale die Blüten erscheinen würden. Wieder kamen die Blätter, aber diesmal wuchsen sie kräftiger und im April auch in die Höhe. Bald erscheinen brokkoli-artige Knospen - es war soweit!

Jetzt ab Mitte April bis Mai blüht die Gelbdolde. Schnecken sind selten an ihr zu finden, aber sofort fand sich die winzige Weichwanze Orthops basalis ein, die auf Doldenblütler spezialisiert ist und ein gelbes Herz auf dem Rücken trägt - wie passend!


Die Sandbiene Andrena nitida besuchte die Blüten.

Eine Schmalbiene schnappt sich Pollen:

Ein winziger Sandbienenmann und eine Goldwespe:

Die Frühe Doldensandbiene (Andrena proxima) erschien als Spezialistin für Doldenblütler dann auch bald:

Ameisen sind die häufigsten Blütenbesucher:

Gelbdolde heißt sie, weil die oberen Laubblätter sich ebenso gelb färben wie die Blüten, die Fernwirkung ist dadurch enorm.

Nur echt mit dem geflügelten Stängel:



Nun wird diese nervenzerfetzende Pflanze nach der Blüte wohl auf Nimmerwiedersehen absterben. Vielleicht samt sie sich aus und dann dauert es wieder fünf Jahre, bis sie blüht. Bis dahin nimmt sie zwar Platz weg im Beet, aber auch nur bis Mai, wie man es von Frühlingsgeophyten gewohnt ist. Man nennt Pflanzen mit so einem Lebenswandel mehrjährig hapaxanthe Stauden, in diesem Fall mit Speicherknolle wie bei Geophyten üblich. Zweijährig ist die gute Gelbdolde definitiv nicht, das ist ein fieser Etikettenschwindel mit großem Frustpotential.

Aus manchen Botanischen Gärten wird die aus Südeuropa, vor allem dem östlichen Mittelmeergebiet,  stammende Pflanze als invasiv beschrieben. Bei einer späten Wiesenmahd kommen die Pflanzen zur Blüte und Fruchtreife. Die großen Blätter können dann heimische Pflanzen verdrängen. Schon erstaunlich, dass so eine Pflanze, die nach dem Motto "Gut Ding will Weile haben" lebt und einen so auf die Folter spannt, invasiv sein kann. In meinem Garten mache ich mir da aber keine Sorgen, dass sie allzu weit kommen wird.

Würdet ihr euch mit so einer gemächlichen Staude abgeben wollen?

16 Kommentare:

  1. Meine Lupinen benehmen sich so ähnlich. Bis sie blühen, braucht es +/- vier oder fünf Jahre, dann blühen sie zwei Jahre lang, und dann sterben sie ab. Aber wenn sie blühen, sind sie so toll, dass es mir das wert ist. :-)
    Von der Durchwachsenen Gelbdolde (toller Name, übrigens) hatte ich bis jetzt noch nie was gehört. Ich finde es prima, dass du uns solche Pflanzen vorstellst und die Geduld hast, sie im Garten zu lassen, auch wenn ewig nix Spannendes passiert.
    LG
    Centi

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  2. Die schöne Gelbdolde macht tatsächlich was sie will. In unserem Garten will sie in diesem Jahr ganz besonders. Ich habe sie in einem etwas schattigen Teil in unserem Grundstück zum verwildern ausgesät, dazwischen blüht Zierlauch, der hier ebenfalls verwildert - es ist ein wahres Farbspektakel. Der Boden an dieser Stelle ist steinig und sandig, sehr trocken. Offenbar mag sie das. In den Staudenbeeten hat sie sich vereinzelt ausgesät und passt jetzt ganz toll zu den Akeleien und Pfingstrosen. Aber es gab auch schon Jahre, da erging es mir mit der Gelbdolde so wie dir, voller Spannung erwartet- und dann nur ein paar wenige Blüten. Sie ist eben eine Zicke. Ich werde weiterhin ihre Samen überall hin werfen, irgendwo und irgendwann klappt es dann immer mit der Blüte.
    Viele Grüße Inge

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  3. Jetzt verstehe ich erst, warum man diesen wunderschönen Doldenblütler so selten in Gärten sieht. Also ich glaube nicht, dass 5 Jahre Lebenszeit normal sind für eine monokarpe Staude. Das dürfte eher die Ausnahme sein, die Dich so auf die Probe gestellt hat. Ich hoffe, dass sie sich nun bei Dir ausgesät hat und Du dann mit einem eher zweijährigen Zyklus nicht mehr so viel Geduld aufbringen musst. Wer weiß, was sie die ersten Jahre gehindert hat, sich bis zur Blüte zu entwickeln? Also ich bin gespannt, was Du uns nächstes, oder übernächstes Jahr berichten kannst. LG Wurzerl

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    1. In dem verlinkten Artikel wird es so beschrieben, wie ich es beobachtet habe:
      "In der Literatur vielfach zu findende Angaben einer (ein- bis) zweijährigen Lebensform (z. B. Lux et al. 1995: 99) sind sicher nicht korrekt:
      Wie u. a. Jäger & Reckardt (1998: 112) schlüssig argumentieren, sind
      blühende Pflanzen 4–6 Jahre alt. Auch Pflanzen, die im Botanischen
      Garten der Universität Wien analysiert wurden, benötigten mehrere Jahre
      bis zur Blüte (Kiehn, unpubl.)"
      Auch in einem französischen Blogartikel, den ich gefunden hatte, wurde es so berichtet, auch da dauert es etliche Jahre bis zur Blüte.

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    2. Da kann irgendwas nicht stimmen. Ich habe die Gelbdolde im letzten Jahr ausgesät, in diesem Gartenteil war vorher noch nie auch nur eine Pflanze davon und heuer blühen sie, wie ich schon geschrieben habe, wie verrückt und zwar flächendeckend. Seltsam. Das geheime Leben des Smyrnium.
      Lieber Gruß
      Inge

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    3. Das ist seltsam! Hier wird die Pflanze ebenfalls als deutlich über zweijährig beschrieben: https://johngrimshawsgardendiary.blogspot.com/2012/06/umbellifers-1-smyrnium.html

      Wenn man nach Bildern sucht, sehen die Pflanzen oft sehr unterschiedlich aus. Vielleicht gibt es verschiedene Herkünfte oder es sind in Wirklichkeit mehrere Arten, die niemand benannt hat. Ich kann mir gut vorstellen, dass das frühe Einziehen und der jahrelange Aufbau der Wurzelknolle eine Anpassung an einen Standort mit sehr früh im Jahr einsetzender Trockenheit ist.

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  4. Ein interessanter Beitrag...von einer Gelbdolde habe ich noch nicht gehört.
    Lieben Gruß und ein schönes Wochenende wünscht dir Marita

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  5. Hallo Elke,
    ich bin bisher auch davon ausgegangen, dass die Gelbdolde zweijährig ist. Ich habe sie mal ausgesät, nachdem ich sie bei Beth Chatto so toll fand, aber da ist gar nichts gewachsen. Hübsch ist sie schon, vielleicht lohnt sich doch ein weiterer Versuch.
    Liebe Grüße
    Susanna

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    1. Vielleicht ist da doch was gewachsen, nur sehr klein, und dann war es auch schon wieder weg?
      VG
      Elke

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  6. Nun ja, ich warte nun das dritte Jahr auf Blüten des Brandkrauts. Bisher noch nichts in Sicht, aber wieder gut entwickelte Blätter. Na, vielleicht kommt ja doch noch was. Man soll die Hoffnung nie aufgeben. Offenbar zieht die Gelbdolde viele Insekten an. Ich werde sie mir mal vormerken.
    Herzliche Grüße – Elke

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  7. Ich muss gestehen, dass ich nicht die geduldigste Gärtnerin bin. Außerdem bin ich immer wieder überrascht, welche Pflanzen es so gibt, von denen ich noch nie gehört habe. Die Gelbdolde gehört dazu!
    Einen schönen Sonntag wünscht Dir
    Margit

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  8. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber meine diese Dolde hier in freier Natur bei einer Exkursion mit unserem Freund Klaus gesehen zu haben. Interessante Insektenbesucher hast du dort als Gäste, darüber ist schnell die lange Warterrei vergessen.
    Lieber Gruß
    Edith

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  9. Ich fürchte, da hätte ich in meiner Ungeduld und meinem Unwissen längst etwas anderes gepflanzt und das als Misserfolg meinerseits verbucht. Pflanzen haben wohl eh ihren eigenen Kopf - ein angeblich nicht winterharter Kleinstrauch wächst hier schon seit drei Jahren unbeirrt. Da muss man sich wohl einfach immer wieder überraschen lassen.
    Liebe Grüße!

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  10. Hallo Elke, die Pflanze sagte mir bisher nichts. Aber es ist ja überaus interessant, wie unterschiedlich sie sich benimmt. Die verschiedenen Standorte werden sicher eine wesentliche Rolle spielen. Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie die Geschichte weitergeht.
    Sonntagsgrüße von Marianne

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  11. Hallo Elke,
    schön sieht sie aus die Gelbdolde und ich drücke die Daumen, dass sie von jetzt an fester Bestandteil in deinem Garten ist. Manche Pflanzen brauchen wohl einfach mehr Zeit, somit gehört sie wohl zu den sogenannten U-Boot Pflanzen: mal tauchen sie auf, mal nicht.
    Viele Grüße und einen guten Start in die Woche,
    Gabi

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  12. liebe Elke,
    heute zeigst du eine insektefreundliche pflanze auf der ich nicht aufmerksam war und heute mit dein artikel weiss ich das er in franz. "maceron de Crête" genannt wird * und dem céleri ähnliche anwendungen hat * hier habe ich schon sehr oft "livèche" gepflanzt ohne erfolgt * der maceron de Crête soll vor dem winter keimen und somit in der kalte jahreszeit als céleri ersatz dienen ?
    danke für die schöne bilder mit insekte *
    lieber gruss
    mo

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