Samstag, 10. Mai 2025

Der Kübel-Irrtum

Bei manchen Staudengattungen sehen sich die Blätter einfach so ähnlich, dass man sich manchmal ein bisschen mehr Kreativität und Individualismus wünschen würde. Wenn es nach Fahndungsfotos ginge, würde man lange im Dunklen tappen, bis die Blüten endlich erscheinen. Selbst Akelei und Akeleiblätrige Wiesenraute, die zwar nicht derselben Gattung angehören, aber deren Ähnlichkeit im Laub schon im Namen steckt, kann man besser unterscheiden als die Arten der Gattung Geum. Schon die beiden heimischen Arten Bach-Nelkenwurz (Geum rivale) und Echte Nelkenwurz (Geum urbanum) sind anfangs schwer zu unterscheiden. Die Blüten gleichen sich gar nicht, aber die Laubblätter anfangs umso mehr.

Die Bach-Nelkenwurz ist eine hübsche Staude, die nicht unbedingt feuchte Böden braucht, die Echte Nelkenwurz eher unkrautartig mit unscheinbaren gelben Blüten. Beide haben Samen, die kletten können, und daher schnell verschleppt werden. Beide werden von Schnecken in Ruhe gelassen. Da ich aber mehr Bach-Nelkenwurz im Garten habe, hatte ich daher auch an sie gedacht, als sich ein Geum in den großen Kübel auf der Terrasse ausgesät hatte. Die nächste Echte Nelkenwurz war ziemlich weit weg, die Bach-Nelkenwurz war näher dran. Lag also nahe, dass es die hübschere Art sein würde.

Da ich bei Pflanzen, die sich selbst aussäen, erstmal abwarte, nach dem Motto "Im Zweifel für den Angeklagten", ließ ich den Sämling also gewähren. Im Frühjahr war dann der ganze Kübel voll, da passt nun nichts anderes mehr rein.

Im Garten fing die Bach-Nelkenwurz schon an zu blühen, die vermeintliche in dem Topf aber nicht. Das war hochgradig verdächtig!

Mittlerweile bin ich mir sicher, dass das die Echte, unkrautige, Nelkenwurz ist. Und ich wollte schon fast was abstechen und freudestrahlend als hübsche Staude verschenken. Da hätte ich mich aber ziemlich unbeliebt gemacht. Vor allem, wo jetzt jeder die super angesagte Sorte 'Mai Tai' (Geum chiloense) haben möchte und keine Wald-und-Wiesen-Nelkenwurz...

Da wir mitten in der Stadt wohnen, passt Geum urbanum natürlich auch viel besser ins Bild als stadtbekannter Partycrasher...

Hier das fragliche Kübelgewächs, kurz vor der Blüte:




Das hier ist die schöne Schwester, die Bach-Nelkenwurz, mit ihren Puschelblüten, die aussehen wie altmodische Stehlampen. Hummeln mögen sie ganz gern, die Aschgraue Sandbiene sitzt hier nur zur Zierde.







Naja, wenigstens ist das Problem der Kübelbepflanzung nun gelöst. Bei der Bach-Nelkenwurz hätte ich Skrupel gehabt, sie zu entmieten, bei Geum urbanum nicht. Also wird da bald ein Platz frei für Gemüse... Glück gehabt...

8 Kommentare:

  1. Was für ein köstlich erzählter Gartenkrimi!

    Man möchte fast mit der Lupe neben dem Kübel hocken und Beweismaterial sichern – Laubstruktur vergleichen, Blühverhalten protokollieren und Verdachtsmomente abwägen.

    Du hast es wirklich wunderbar auf den Punkt gebracht: Diese Familienähnlichkeiten im Staudenreich sind manchmal so perfide, dass man sich fast ein botanisches Verhör wünscht. Und wie du das Ganze mit einem Augenzwinkern erzählst – herrlich! "Im Zweifel für den Angeklagten" – genau das ist doch die Gärtnerhaltung, die Natur mit ihren eigenen Plänen respektiert… bis sie dann doch etwas zu eigenwillig wird.

    Dass du fast in bester Absicht ein "Unkraut deluxe" verschenkt hättest, ist auch so ein typischer Gärtnermoment: man meint es gut – und landet beinahe einen kleinen Fauxpas. Aber hey, wenigstens weiß Geum urbanum nun, dass es nicht unbemerkt durchkommt. Und die Idee, es gegen Gemüse auszutauschen – sehr städtisch-pragmatisch gedacht: Platz ist in der kleinsten Kübelhütte!

    Danke für diesen wunderbar erzählten Blick auf die grüne Grauzone zwischen Wunschpflanze und Eigeninitiative – ich habe sehr geschmunzelt!

    Herzliche Grüße

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  2. Hallo Elke,
    Geum "Mai Tai" steht seit einigen Jahren in meinem Garten und ich bin begeistert, obwohl es dieses Jahr nicht so reichhaltig blüht. Doch die Blüten samt Farbe sind einfach klasse.
    Hab einen gemütlichen Abend und morgen einen schönen Sonntag.
    Lieben Gruß von Marita

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  3. Hallo Elke,
    mir ist etwas Ähnliches passiert und das nicht mal innerhalb einer Gattung. Ich hatte einen Austrieb im Topf, der mich spontan an Apfelminze denken ließ, die ich schon länger nicht mehr im Garten habe. sie stellte sich dann als Immenblatt heraus. Es blieb wenigstens in der Familie ...
    Liebe Grüße
    Susanna

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  4. Hallo Elke,
    wie gut, dass du es noch vor dem verschenken bemerkt hast!
    Im neuen Garten nutze ich gerade sehr viel eine Pflanzen App um nicht versehentlich etwas Schönes oder Nützliches aus den Beeten rauszureißen. Nun habe ich meine Zweifel ob die App immer so wirklich richtig liegt. Nun heißt es auch da abwarten und gucken was da so wächst.
    Schönen Sonntag,
    liebe Grüße
    Gabi

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  5. Liebe Elke,
    in unserem Garten tummelt sich, entlang des Zaunes zum Nachbarsgarten, die echte Nelkenwurz Geum urbanum rum. Auch wenn sie zu den Rosengewächsen zählt, adelt es sie nicht, sie bleibt unbeliebt. Als Fotomotiv finde ich die Pflanze recht nett, auch der Samne ist schon ungewöhnlich mit dem Widerhaken damit er nicht so schnell weggeweht wird. Noch hält sich die Verbreitung in Grenzen.
    Liebe sonnige Grüße
    vom Kaiserstuhl
    Edith

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  6. Oh ja, ich hab sie auch, die Echte Nelkenwurz! Geblüht hat sie bei mir noch nie... ausgebreitet hat sie sich hingegen maßlos!
    Die Bachnelkenwurz ist hingegen herrlich anzusehen!
    Auch die wächst bei mir und wird von den Igeln immer gut gedüngt!
    Viele Grüße von Margit

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  7. Ich habe alle, die Böse, die Echte, die Schönheiten und nur die Böse wird so eingedämmt, dass sie mir nicht über den Kopf wächst. Meine Schönheiten sind vom letzten Jahr und blühen schon, bin gespannt, ob die Verwandtschaft von den Schnecken anerkannt wird. Manchmal sortieren sie nämlich einfach nach Schönheit und Preis! LG Wurzerl

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  8. Hallo Elke, die hübsche Bach-Nelkenwurz habe ich schon lange in meinem Garten und mich darüber gefreut, wie beliebt sie bei Hummeln und Co. ist. Irgendwann tauchte dann auch ihre eher ungeliebte Kollegin auf. Ich halte es gewöhnlich wie Du. Was einfliegt, darf sich erst einmal entfalten. So ging es mir auch mit der Kollegin der Bach-Nelkenwurz. Aber ich dachte zunächst auch, dass es die bei den Hummeln so beliebte Pflanze ist. Aber das war falsch gedacht. Und nun habe ich mächtig zu tun, die sich unkrautartig verbreitende Kollegin wieder loszuwerden.
    Viele Grüße von Marianne

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