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Dienstag, 12. November 2013

Grasgeflüster

Die Prärie - unendliche Weiten. Große Stauden mit Gräsern gekonnt zu fantastisch naturnahen Bildern komponiert - jeder leidenschaftliche Gärtner weiß es: Die nordamerikanische Steppe ist gerade so richtig angesagt im grünen Bereich. Da wäre nur ein Problem: Wie bekommt man die Pflanzengiganten in den Reihenhausgarten? Prärie oder nicht Prärie, das ist hier die Frage. Wer schon einen anderen Stil auf seinem winzigen Grundstück verfolgt, wird wohl passen müssen, denn nur ein bisschen Steppe geht einfach nicht.

Zum Glück gibt es aber ganz hübsche Anschauungsobjekte. Hier kann man  leihweise erfahren, wie so eine Riesenpflanzung wirkt. Alles völlig unverbindlich und ohne versteckte Kosten.

In Würzburg kann man über den begrenzten Horizont seines eigenen Gartens hinaus blicken und die Prärie für ein paar wundervolle Momente auf sich wirken lassen. Natürlich nicht in der Innenstadt, sondern im botanischen Garten. Der kostet keinen Eintritt und ist am besten mit der Straßenbahn zu erreichen - ganz bequem mit der Linie 5, Haltestelle Dallenbergbad. Dort ist das Objekt der Begierde prächtig ausgeschildert und zu Fuß bei einem kleinen Spaziergang durch eine gewachsene Siedlung leicht zu finden.

Für den Besuch empfiehlt sich der Spätsommer oder Herbst, denn das scheint der Höhepunkt einer jeden Präriebepflanzung zu sein - sie wächst über sich hinaus und stellt den Besucher locker in den Schatten. Ich jedenfalls war ganz geplättet von den großen Stauden, die so ungemein vielfältig und exotisch wirkten. Allein die gelben Sonnen der Gattungen Rudbeckia und Helianthus waren in einer großen Artenvielfalt vertreten. Die Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum) durfte auch nicht fehlen, ebenso wenig wie die Seidenpflanze (Asclepias), Sporobolus-Gras und die gute alte Prachtscharte (Liatris spicata), der man ansieht, dass sie hier eher in ihrem Element ist als allein irgendwo ins Blumenbeet gequetscht.



Ganz erstaunlich fand ich die Mohnmalve (Callirhoe digitata) und die asternähnliche Vernonia gigantea, bei der man auf den ersten Blick denkt, da hat sich jemand auf dem Namensschild verschrieben und meinte eigentlich Veronica. Das ist aber nicht so, sondern man selbst ist einfach nur so unglaublich unwissend.



Während des Staunens kann man sich Anregungen für das eigene, bescheidene Staudenbeet holen, denn Steppenpflanzen sind in der Regel sehr robust und trockheitsresistent. Ich habe mir die Prachtscharte gemerkt als hübschen Kandidaten, der Kummer gewohnt ist.

Natürlich gibt es noch weitere sehenswerte Bereiche in diesem botanischen Garten in Würzburg (zum Beispiel ein Stück asiatische Steppe), aber die nordamerikanische Prärie ist so etwas Großartiges, dass man sich in ihr verlieren kann. Sie verschluckt den Gärtner, der sich fortan fühlt wie Elke im Wunderland - hinter riesenhaften Stauden kann man ohne Weiteres Verstecken spielen. Man ist ein Entdecker und lässt das enge Korsett das Reihenhausgartens weit hinter sich.

Bis es ans Abschiednehmen geht. Dabei wäre man gern für immer dort geblieben, in dem Tipi, mitten in der Prärie.