Sonntag, 11. September 2011

Reiseandenken

Der September ist genau die richtige Zeit, sich ein Reiseandenken zu besorgen, das lange haften bleibt.
Nicht nur im Gedächtnis, sondern auch an allen nicht allzu glatten Oberflächen.
Nein, die Rede ist hier nicht von exotischen Geckos oder Eidechsen, die kommen selbstverständlich nicht in die Tüte. Und schon gar nicht ins Handgepäck.

Eine Pflanze meine ich natürlich, den Wilden Wein (Parthenocissus quinquefolia). Mit dem echten eher weitläufig verwandt und lässt sich daher mit ihm auch nicht kreuzen.
Eine berauschende Ernte werden wir also vergeblich suchen, dafür kann ihm die Reblaus auch den Buckel herunterrutschen.

Seine hübschen blauen Beeren an knallroten Stielen sorgen an sich schon für Begeisterungsstürme.

 
Und auf genau die hat man es als Andenkensammler abgesehen. Also, auf die Beeren, nicht die Stiele.
Die Samen kann man nämlich von Fruchtfleisch befreit direkt aussäen, den Winter über draußen lassen und sich im Frühjahr an den Keimlingen erfreuen.
Den Topf gut kennzeichnen, denn die Keimblätter lassen nicht erkennen, wer da wächst - das sieht eher nach Knöterich aus, finde ich:


Das ist nicht nur ein nettes, kostenloses Reisemitbringsel - wer schon einmal angesichts des tiefen Topfes, in dem Baumarkt-Kletterpflanzen verkauft werden, beim Einpflanzen verzweifelt ist, weiß die Jungpflanzen sehr zu schätzen.
Ohne Spitzhacke, Presslufthammer oder Sprengstoff lassen sie sich auch in wenig Erde setzen - an der Hauswand etwa, an Gartenschuppen oder Terrassensichtschutzwände.
Die Wurzeln werden im Schotter schon zurechtkommen. Wenn nicht, wuchert der Wilde Wein eben weniger, soll uns auch recht sein.
Meiner jedenfalls, in mehr Schotter als Erde gepflanzt, hat bereits die gesamte Trennwand zur Nachbarterrasse mit seinem wunderschönen Laub tapeziert. In dieser Jahreszeit ist er mein Lieblings-Terrassen-Accessoire:

Meine Terrassentapete, aus Samen gezogen

Beim Auswählen der beerigen Reiseandenken sind ein paar Dinge zu beachten, möchte man möglichst lange in schönen Erinnerungen schwelgen:

  • Nur Orte verwenden, an die man sich gern erinnert. Hat man gerade die längste Nacht seines Lebens verbracht, weil das Hotelzimmer vor Mücken nur so wimmelte, lieber einen anderen Wein suchen.
  • Historische Bauwerke oder Altstädte werden oft von Wildem Wein bewachsen. Hier zu sammeln fördert das Gedächtnis. Man kann dann ganz großspurig seinen selbstgezogenen Pflanzen Sortennamen geben nach dem Gebäude oder der Stadt: "Schloss Sanssouci" etwa oder einfach nur "Zürich".
  • Orte mit negativen Assoziationen lieber nicht beernten. Ein Sortenname à la "Lärmschutzwand A2 Südhang" oder "Burger King Bahnhofsstraße Ostflügel" wird womöglich dazu führen, dass man die Pflanze etwas vernachlässigt. Das will ja keiner.
  • Wer absolut auf Nummer Sicher gehen möchte, was sein Gedächtnis angeht, sammelt nicht nur an bestimmten Orten, sondern gleich auch noch zu einem besonderen Anlass. Weinfest Meersburg etwa (findet praktischerweise gerade statt). Aber Vorsicht: Am anschließenden Kater ist nicht der Wilde Wein schuld, das schafft nur der echte!

Wilder Wein berankt Zürich


Auch Balkongeländer lassen sich mit der schönen Kletterpflanze verdichten. Hier sind Sämlinge wieder besser einzutopfen, weil sie keinen allzu ausufernden Wurzelballen haben:

Nochmal Zürich

Hausfassade in Meersburg mit Echtem und Wildem Wein. Und Geranien.

Wenn alles klappt, ernährt das besondere Reiseandenken in ein paar Jahren auch die durchreisenden Wintervögel. Was will man mehr.

    8 Kommentare:

    1. Ooooch, Du warst in Zürich?! Schade hast Du nicht kurz bei uns vorbei geschaut :o)... vielleicht klappt's ja beim nächsten Mal.
      Der wilde Wein sieht super aus und ich habe mich gerade dabei ertappt, darüber nachzudenken, ob ich nicht auch noch so ne Wand hätte, die etwas aufgemotzt werden könnte.
      Auch ich hätte Shakira übrigens auf Diät gesetzt, auch wenn ich optisch die pummeligen Katzen einfach niedlich finde... ich weiss, es ist ungesund und daher lasse ich es bei Noah nie soweit kommen.
      Wünsche Dir einen guten Wochenstart und schicke liebe Grüsse
      Alex

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    2. Hallo Elke.
      Interessant wo überall der wilde Wein wächst.
      Sieht ja toll aus am Balkon.Muß ja schön sein die Weinwochen in Mersburg die Fassade sieht toll aus.Genau richtig schönes Futter für die Vögel.Ja liebe Elke du und deine Pflänzchen ihr seit ein tolles Team.
      Wünsche dir einen schönen Wochenanfang und liebe GRÜße Jana

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    3. Hallo Elke,
      das hast du ja sehr charmant geschrieben. Diese Art Wein ist wunderschön. Ich wusste gar nicht, dass der nur weitläufig mit dem richtigen Wein verwandt ist. Leider fallen die Beerchen schnell ab, so dass man ihn zum Binden kaum verwenden kann. Dafür freuen sich die Vögel. Ich habe damals nicht aufgepasst und einen, der kaum Beeren ansetzt, allerdings sehr viel Laub.
      Schöne Grüße, Johanna

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    4. Liebe Elke, da werden Kindheitserinnerungen wach, genau diesen Wein hatten wir als Trennkulisse zwischen den benachbarten Hinterhöfen meiner Kindheit und unsere Lieblingsbeschäftigung war es, im Herbst die Fruchtdolden zu pflücken, damit Kochen zu spielen und die wunderbaren Herbstfarben der Blätter zu betrachten und zu pressen. Mein wilder Wein im Garten macht leider keine Früchte ( ein Männchen???, vermutlich eine andere Sorte...)
      Liebe Grüße Annette

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    5. Liebe Elke,

      wunderschön und sehr interessant Dein Bericht über den wilden Wein, besonders die Anleitung, wo man ihn besser nicht pflücken sollte. ;o)

      Liebe Grüße
      Jutta

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    6. Meine assoziationen zum thema "Wilder Wein" sind leider nicht so positiv:
      Am hinteren Ende unseres Gartens hat ein längst vergangener Nachbar vor langer Zeit mal Parthenocissus quinquifolia gepflanzt. Mit dem Ergebnis, daß letztes Jahr eine alte Süßkirsche gefällt werden mußte, weil sie so überwuchert war, daß sie umzustürzen drohte. Von einem anderen Baum steht nur noch ein komplett überwuchertes, ca. 5 m hohes Stammstück. Meine Ligusterhecke und einige Sträucher am Gartenende muß ich mindestens zwei mal jährlich von den Attacken des Wilden Weins freischneiden.
      Mein Fazit: Wenn schon wilder Wein, dann nur unter Kontrolle und mit regelmäßigem Schnitt !

      Vilele Grüße, KatjaK

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    7. Hallo Elke,
      Dein Ideenreichtum begeistert mich immer wieder aufs Neue! Samen als Andenken an einen schönen Ort, klasse! Ich mag wilden Wein sehr wegen seiner umwerfend schönen Herbstfärbung. Hier im Ort steht ein altes Haus, das komplett mit wildem Wein bewachsen ist, im Herbst ein toller Augenschmaus!

      Die erste Korallenstrauchbeere ist orange, yippee!!!

      Liebe Grüße von Bärbel

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    8. Hallo Elke,
      ein sehr schöner Post über den wilden Wein! Nett zu lesen. Ich hätte Bedenken, dass er zu stark wächst, nun, schön ist er. An historischen Wänden gefällt er mir am besten.
      Viele Grüße
      Sabine

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