Mittwoch, 14. Dezember 2011

Jetzt wird's wild - Teil II

Herzlich willkommen zum zweiten Teil der Reihe "Der Widerspenstigen Zähmung" oder: Wildrosen im Garten - Wahnsinn oder Wohltat?

In der heutigen Folge zwei Kandidatinnen wie sie gegensätzlicher nicht sein könnten: Auf der einen Seite die wilde Alpen-Heckenrose, die durch züchterische Bearbeitung von der Kratzbürste zum Salonlöwen domestiziert werden sollte, und auf der anderen Seite die Chinesin mit der weißen Weste, die ein echtes Naturtalent ist und von Hause aus überzeugen kann. Aber urteilt selbst:

Alpen-Heckenrose (Rosa pendulina var. x salaevensis)



Besonderheiten und Wuchs:
Diese Züchtung der wilden Gebirgsrose weist einige besondere Tugenden auf, die ihr erstmal jemand nachmachen muss. Zum einen wären da ihre wahnsinnig eleganten Knospen und später ihre reizvollen flaschenförmigen Hagebutten, zum anderen ihr spektakulärer Winteraspekt. In der kalten Jahreszeit kleidet sie sich nämlich passend zu ihren Früchten mit korallenroten Zweigen. So eine Modenschau ist wirklich selten. Die Pflanze bildet einen lockeren, aufrechten Strauch von über 2 m Höhe, der wunderbar in eine Wildhecke passt. Dabei ist sie äußerst robust - selbst wenn man beim Umpflanzen vergessen hat, die Wurzeln dranzulassen, macht ihr das gar nichts. Sie verweigert dann ein Jahr lang die Blüte, wächst aber trotzdem an.

Ansprüche:
Keine Allüren. Halbschattentolerant, verträgt auch Sonne. Der Boden ist ihr egal. Große Hitze zur Blütezeit mag sie nicht.

Stacheln:
Nur im unteren Bereich der Zweige, und dort auch eher von der borstigen Sorte und somit kaum schmerzhaft.

Herbstfärbung:
Die Blätter veranstalten einen regelrechten Karneval - von Grün, Gelb und Orange bis nach Rot ist alles dabei.

Blüte:
Pinkfarbene, federleichte Blüten mit gutem Duft. Knospen mit überlangen Hüllblättern - elegant wie der Augenaufschlag einer Filmdiva. Frühe Blüte Ende April, Anfang Mai. Kommt es hier zu einer Hitzewelle (so geschehen in 2007), welkt die ganze Pracht schneller in sich zusammen, als man "Klimawandel" sagen kann. Insgesamt lange Blütezeit.

Blattgesundheit:
Hat ab Sommer öfter mal Blattflecken, die aber nicht schaden auf Dauer. Vorher tadellose Erscheinung, Blätter aber eher von der matten Sorte.

Hagebutten:
Längliche, knallrote Hagebutten. Halten lange, hängen aber zerstreut am Strauch mit geringer Fernwirkung.

Ausläufer:
Jawoll, und zwar nicht zu knapp!

Wildtiernutzen:
Besonders Hummeln lieben die Blüten. Die Hagebutten werden in meinem Garten größtenteils verschmäht. Raupen finden sich oft auf dieser Rose, die von den insektenfressenden Vögeln aufgeklaubt werden.


Büschelrose (Rosa multiflora)



Besonderheiten und Wuchs:
Diese asiatische Wildrose ist in vielen Gärten vertreten, allerdings meist inkognito als Veredelungsunterlage. Wie gemein. Dabei hat sie durchaus einen Platz um ihrer selbst willen verdient. Nicht umsonst ist sie auch noch die Stammform vieler Rambler und ein bisschen benimmt sie sich selbst wie einer. Sie wächst sehr schnell, wird mächtig groß (bis 2 m) und geht noch mehr in die Breite. Platz braucht sie also, ist zur Not durchaus schnittverträglich. Ihr locker ausladender Wuchs passt perfekt in eine freiwachsende Hecke, aber auch als Solitär macht sie eine gute Figur. Junge Triebe ragen peitschenförmig in die Gegend, verzweigen sich spätestens zur Blütezeit und wirken dann gefälliger.

Ansprüche:
Kaum. Sonne mag sie gern, Halbschatten auch.

Stacheln:
Eher im unteren Astbereich - gekrümmt wie man sich Rosenstacheln vorstellt. Blütentriebe stachellos.

Herbstfärbung:
Kurzzeitig hübsch gelb.

Blüte:
Weiße, kleine Blüten in lockeren Büscheln mit leichtem Duft im Juni. Es gehen immer neue Knospen auf, daher wirkt der Strauch über mehrere Wochen wie ein Traum in Weiß. Die Fernwirkung ist spektakulär! Garantiert nicht öfterblühend.

Blattgesundheit:
Das dunkle, glänzende Laub wirkt immer tadellos. Ein wirklich blattschöne Rose.

Hagebutten:
Wie die Blüten wachsen auch die Früchte in Büscheln, was sie zu den attraktivsten Hagebuttenträgern macht. Die Einzelfrucht ist zwar nur erbsengroß, aber in der Gruppe wirken sie schon von weitem über lange Zeit.

Ausläufer:
Meine ist bis jetzt nicht auffällig geworden. Sie setzt ihre Revieransprüche eher durch rigoroses Verschatten der Nachbarpflanzen durch.

Wildtiernutzen:
Honigbienen bringen gleich den halben Stock mit, so beliebt ist diese Rose. Auch Hummeln - vor allem die kurzrüsseligen Baumhummeln - lieben die Blüten. Lederwanzen treiben sich gern im Geäst rum, genauso wie die waghalsigen Schnirkelschnecken. Die kleinen Hagebutten werden von den Amseln geschätzt und im Ganzen verschluckt, die Finken dagegen zerfleddern sie, um an die Samen zu gelangen. Unter einer Büschelrose sieht es im Winter daher immer aus, als hätte der Garten Masern - aber Hauptsache, es schmeckt.


Also, lieber Gärtner, wer ist dein Herzblatt? Kandidatin Eins mit dem tollen Augenaufschlag, die auch ohne Wurzeln wächst und so schnell errötet - oder Kandidatin Zwei, die umschwärmte Chinesin ganz in Weiß, mit der man prima Erbsenzählen kann? Oder doch lieber eine ganz andere? Fortsetzung folgt...

16 Kommentare:

  1. Sehr interessant. Das hast du toll zusammengetragen.

    Dein Blog gefällt mir. (:
    Würde mich über ein Vorbeischauen freuen.♥

    xoxo
    wieczorama Fotoblog

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  2. Die Multiflora habe ich auch....so wie Du schreibst, war sie die Unterlage für eine (Stamm-)Rose, welche mir durch Eiseslast im WInter 10 abbrach, entzwei brach.
    Sie war in einem Topf und eigentlich wollten wir den Inhalt im Frühjahr entsorgen, als wir aber die zarten Triebe sahen, hat uns das berührt, denn dieser Topf war nicht weiter beachtet worden, nicht gegossen, gar nichts.
    Im ersten Jahr verblieb sie im Topf, aber man merkte schon, daß sie ausladende Triebe bekam.
    Geblüht hat sie da noch nicht.
    Heuer im Frühjahr setzten wir sie in einen Gartenteil, welcher aber wahrscheinlich für sie auch nicht geeignet ist.
    Ich mußte sie schon schneiden.
    Daneben steht eine Eden-Rose.
    Ja, vielleicht setzen wir sie im nächsten Frühjahr um an einen Platz, wo sie sich ausbreiten kann.
    Die Blüten sind winzig, aber viele.
    Adventliche Grüße von Luna

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  3. PS:
    Du findest die Meine unter den Labels unter ihrem Namen Rosa multiflora.
    LG

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  4. Liebe Elke
    Ich hab mir jetzt grad diesen herrlichen Rosenpost von dir reingezogen! Und nun, ich kann sagen, ich würd mich für Kandidatin 2 entscheiden, bin aber sehr gespannt auf die Fortsetzung.
    Die Fotos, die sind einsame Spitze - einfach wunderschön, auch schon im letzten Post. Und die Aufklärung über diese Schönheiten - einfach top!
    Ganz liebe Grüsse schick ich dir!
    Ida

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  5. Liebe Elke
    Gerade gestern habe ich meine im letzten Winter neu eingezogenen Wildrosen mal näher betrachtet, bisher sind sie hinter den grünen Hecken noch etwas versteckt gewesen. ABER: Die eine Kletterrose welche ich am Zaun eingegraben habe, hat während des Jahres 3m lange Triebe gemacht, dafür haben andere mal kaum mehr als handlange Triebe geschoben. Jetzt weiss ich gar nicht, welche davon sich ausbreiten werden ?! Ich muss sagen, seit Deinem Rosenblogg betrachte ich meine Neuzuzüger etwas sorgenvoll. Ich muss unbedingt die Pflanzschildchen finden, damit ich weiss wen ich da wo hingesetzt habe.
    Dabei freue ich mich doch so auf die Blüten und Hummeln.
    Mach weiter so, ich schau dann wieder rein :-).
    Grüsse Pascale

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  6. Liebe Elke,
    es ist immer schön, Deine einfallsreichen und informativen Kommentare zu lesen. Da ich selbst eine passionierte Gärtnerin mit langer Erfahrung bin, erlaube ich mir eine Bemerkung am Rande. Die vornehme Multiflora ist wahrhaft ein Platzhirsch, aber ohne nennenswerten Drang zum Auslaufen. Dafür setzt sie sehr gerne auf fliegende Post, weil ihre Hagebutten ja so gut in so manchen Schnabel hineinpassen. Wenn man also eine Multiflora im Garten hat, dann gibt es bald noch mehr davon und zwar an ganz und gar unerwarteten Stellen. Mein älteres Exemplar ist ein Abkömmling der Mutter, die etwa 100 Meter weiter bei Nachbaren gedeiht, und wurde zwischen Salatköpfen im Gemüsebeet entdeckt. Die anderen Sämlinge fand ich in meiner Himbeerhecke und unter der alten Eibe, wo sonst nur Efeu aushält. Die schöne Asiatin ist auf jeden Fall empfehlenswert, allein wegen nach Honig duftenden Blüten und perlenartigen Früchten im schönsten herbstlichen Rot.
    Lieben Gruß
    Lena

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  7. Hallo Lena,
    ja, das stimmt. Ich habe schon einen ziemlich großen Sämling an einer Stelle im Garten, wo die Vögel gerne sitzen. Der Sämling hat noch nicht geblüht, aber ich vermute stark, dass er von meiner Multiflora stammt und nicht von der Kletterrose nebenan....
    Viele Grüße und Danke für deinen Kommantar!
    Elke

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  8. Liebe Elke,
    Lesen in Deinem Blog ist immer auch ein wenig Bildungsurlaub für mich! Wo hast Du nur all die Schätzchen, denen Du hier so liebenswert huldigst, in Deinem kleinen Garten? Meiner ist auch nur 400 qm und ich denke immer, ja, hätte ich alles gerne, ist aber schon voll. Haaach - es ist zum Verzweifeln =)
    Liebe Grüße
    Dagmar

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  9. wunderschoen deine Blumen! herzliche Gruesse

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  10. Ach Elke,
    ich lach mich hier immer weg, wenn ich deine Posts lese. Aber deine Rosenschilderungen sind unglaublich lieb. Bei der Alpen-Heckenrose dachte ich erst, na da hat sich doch ein Cornusbild eingeschlichen, aber mitnichten! Das hätte ich nicht gedacht, dass so schöne Zweige an einer Rose sind. Die zweite kenne ich, die wurde hier großzügig entlang des Mainufers gepflanzt. Da lasse ich ab und an ein paar Zweiglein mitgehen, weil mir die winzigen Blüten so gut gefallen. Du solltest echt ein Rosenbuch schreiben.
    Schöne Grüße,
    Johanna

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  11. Hallo liebe Elke.
    Da kommt man ja ins schwärmen wenn man deine blühenden Pflänzchen zieht und die schöne Aufklärung dazu.Macht schon mal wieder Lust auf Sommer.Aber:::::::::::::::dauert noch.
    So lange genießen wir die schöne Weihnachtszeit.Schönen 4.Advent sage ich schon mal und sei lieb gegrüßt von Jana

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  13. Och... Mensch, Elke... musste das nun sein?! :o)Jetzt muss ich genau diese beiden Exemplare im nächsten Frühjahr irgendwo auftreiben. Du hast die mir so schmackhaft gemacht und ich weiss auch bereits die genau richtige Ecke (diese muss aber zuerst noch frei geharkt werden *uff*). Also ich könnte jetzt glatt schon mal den Winter überspringen und dann mit der Pflanzung loslegen.
    Deine beiden Wilden sind hammermässig schön und ich seh sie echt schon an meinem Zaun Richtung Feld gedeihen. Bisher wuchsen da "nur" Brombeeren und die von der übelsten stacheligen Sorte.
    Wünsche Dir einen schönen 4. Advent.
    En liebe Gruess
    Alex

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  14. Klarer Favorit bei mir: die Chinesin, das kann aber auch an ihrer vorteilhaften Präsentation liegen und ich liebe die kleinen Hagebutten, die machen sich so gut als Deko. Liebe Grüße Annette

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  15. Ist es strafrechtlich (Bigamie)relevant, wenn ich mich für beide Kandidaten entscheide ?

    Gl Jane

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  16. Elke, zu Deiner frage wegen unterschiedlichen erfahrungen, teil 2:

    alpenheckenrose: hatte ich die nicht die unterart, die erwähnst. Hat sich hier richtig geplagt, war wohl zu dunkel. Heuer kam sie in einen grossen topf, wo sie sofort aufgelebt ist, und wird ab frühling in einem garten im Wiener Wald leben.

    Büschelrose: ein ungestümes wesen, toller duft. Versamt hier auch gerne :)

    lg, brigitte

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