Samstag, 3. Dezember 2022

Findelpflanze XXL

Im Sommer Zimmerpflanzen zu vermehren oder anzuschaffen ist einfach, sie können alle auf der Terrasse wohnen. Im Winter kommt dann das böse Erwachen - vor allem für die Zimmerpflanzen, wenn man sie bei Frost nicht rechtzeitig reinholt. Tut man dies aber, stellt sich plötzlich die Frage, wohin mit dem ganzen Grünzeug?

Im Sommer begab es sich, dass ich mit dem Fahrrad in die Stadt fuhr und auf dem Rückweg eine in bester Innenstadtlage ausgesetzte Pflanze vorfand. Ich bin erst einmal nach Hause gefahren und habe das Erlebte sacken lassen. Es handelte sich um einen Bleistiftstrauch (Euphorbia tirucalli), ein Wolfsmilchgewächs mit dünnen verzweigten Trieben, aus denen ganz minimalistische Blättchen wachsen. Das Preisschild war auch noch dran, es belief sich auf 12,99 Euro. Nun war die Pflanze mittlerweile ziemlich aus der Form geraten, hatte sich unschön einseitig verzweigt und unglaublich dicke Triebe entwickelt. Da hatte man nun also einen ordentlichen Zuwachs für die eingangs investierten 12,99 Euro bekommen, aber das war offenbar zu viel des Guten gewesen. Und schon stand sie an der Straße.

Zuhause ließ mir die Euphorbie keine Ruhe. Sukkulenten sind ja immer prima, die machen im Urlaub keine Scherereien. Das Besondere bei Euphorbia tirucalli ist, dass sie in Kalifornien gern als Hecke um die Häuser gepflanzt wird und zusammen mit anderen heldenhaften Sukkulenten wie Geldbaum und Aloe einen Waldbrand kurz vorm Wohnhaus stoppen kann, weil die sukkulenten Triebe einfach verkochen, aber nicht weiterbrennen, während Kiefernnadeln und ähnliches einen Brand nur noch mehr anfeuern. So hat Euphorbia tirucalli schon so manches Eigenheim gerettet. Bezeichnenderweise wird besonders gern die Sorte 'Sticks on Fire' gepflanzt, weil sie so schöne rötliche Triebe hat. Wer wollte also nicht sicherheitshalber die Feuerwehr im Haus haben, vor allem, wenn sie so genügsam ist?

Beim nächsten Innenstadtbesuch war der Unglücksrabe tatsächlich noch da und ich habe ihn mir geschnappt. Auf einen Fahrradgepäckträger passt doch mehr als man denkt. Zunächst kam der Findling auf die Terrasse. Kommt Herbst, kommt Rat.

Und nun war es soweit, es sollte Frost geben. Ich betrachtete mir den Bleistiftstrauch und war dann doch der Ansicht, dass er mir so nicht ins Haus kommt. Er war umfallgefährdet, kopflastig und schief gewachsen, sah einfach nicht mehr schön aus. 

Aber man kann aus der Pflanze ganz leicht Stecklinge machen, das ist nur eine ziemliche Sauerei, weil so viel Milchsaft heraustropft, den man sich nicht ins Auge reiben sollte. Oder ablecken. Oder so.

Hier die Stecklinge nach ein paar Monaten. Wenn der Steckling anwächst zeigt er das unmissverständlich durch die Bildung von kleinen Blättchen an den Zweigenden. 

 

 

Also habe ich alles vermehrt, was ging, nur das Unterteil ist jetzt draußen erfroren. Das sieht sehr traurig aus, aber der passte beim besten Willen nicht mehr ins Zimmer, so aus der Form geraten wie er war. Die Spitze habe ich gekappt, die seht ihr weiter unten im Topf.

 

Der Bleistiftstrauch taugt auch als Weihnachtsbaum. Das hier ist die abgeschnittene Spitze:





Langer Rede kurzer Sinn: Auch völlig aus der Form geratene Zimmerpflanzen kann man oft noch durch Stecklinge retten und muss sie nicht gleich an der Straße aussetzen.

9 Kommentare:

  1. Was dir so alles zuläuft, Elke! Im Sommer war es der Lauch, den du adoptiert hast, nun dieser Bleistiftstrauch - wenn ich mal einen Heimplatz für eine Pflanze suche, mit der ich nicht mehr klarkomme, weiß ich, an wen ich mich wenden kann. Hübsch sind deine Ableger - auch wenn deine Schrankknöpfe im Hintergrund sie noch skeptisch zu beäugen scheinen. 😅
    Liebe Grüße und ein schönes zweites Adventswochenende
    Susanna

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  2. Ich glaube das hat weniger mit Platzmangel, mehr mit den Auswüchsen unserer Wegwerfgesellschaft zu tun. Leider wird das von den Zuchtbetrieben auch noch gefördert,sie wollen ja nächstes Jahr einen neuen Weihnachtsstern verkaufen, ein neues Hippeastrum, neue Balkon- und Friedhofspflanzen. Wo kämen wir dahin, wenn wir unsere Balkonkästen, anstatt brav neue Petunien, oder Pelargonien zu kaufen, dort einfach unsere Zimmersukkulenten in die Sommerfrische bringen; oder mit einer brauchbaren Kulturanleitung unseren Ritterstern erneut und schöner zum Wiederblühen bringen? Man könnte auch Stauden in Balkonkästen pflanzen (ich kann damit in Urlaub fahren, denn Sempervivum, Sedum, Blauschwingel, brauchen keinen täglichen Wassergaben). Das gleiche ginge am Friedhof, aber wie gesagt, dann werden viele "Pflanzenproduzenten" arbeitslos und pleite. LG Wurzerl

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  3. Was es alles gibt bzw. so an der Straße steht...sicher war klar, dass ein Adoptionswilliger dem nicht mehr zarten Pflänzchen ein neues Heim gibt. ;-)
    Die Abkömmlinge finde ich sehr dekorativ in Szene gesetzt.
    Lieben Gruß und ein feines Adventswochenende wünscht dir Marita

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  4. Die Nachbarin der Drachenkämpferin ist im Frühjahr verstorben. Ihre Erben haben einen panaschierte Feigenbirke in die Grüntonne geschmissen. Das war für die Drachenkämpferin zu viel! Die aus der Tonne ragenden Äste hat sie abgeschnitten und eingetopft. Nun hat sie einen "Marlies-Baum" als Andenken..... Ich mag deine Geschichten immer sehr, weil sie mein Kopfkino in Gang bringen
    Herzlichst
    yase

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  5. Wie lautet ein Sprichwort? " Dem einen sin Uhl, is dem andern sin Nachtigall" diese Aussage stammt aus dem Norddeutschen. Mit dem richtigen Blick und dem praktischem Händchen wird aus Unscheinbarem wieder neues Leben, toll.
    Lieber Gruß
    Edith

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  6. liebe Elke
    so ist bei dir ein richtiges warmes obdachlosenheim für pflanzen !
    diese "plante crayon" habe ich noch bemerkt, gehe weniger in garten centrum da meine garage voll ist mit pflanzen die kein frost vertragen * habe aber doch eine "poinsettia" gekauft da meine vom vorrige jahr nicht mehr schön aussah und diese ältere hatte ich direkt hinter dem fenster gestellt ohne sie zu giessen (hatte es vergessen) und vorein paar tagen sah sie prächtiger aus als die neue.
    viel spass mit diesem originale "sapin de noël" !
    schönes wochenende !
    mo

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  7. Hallo Elke,
    solche Geschichten mag ich zu gerne und meistens hängt mein Herz an solchen geretteten oder geschenkten Pflanzen viel mehr als an gekauften. Ich hätte vermutlich Bedenken gehabt, Ableger abzuschneiden, da bin ich manchmal ein Hasenfuß.
    Und die staunenden Augen im Hintergrund gefallen mir sehr.
    Viele Grüße und einen schönen 2. Advent,
    Gabi

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  8. Hallo Elke,
    Euphorbia tirucalli ist neben einem Ripsalis die einzige Zimmerpflanze die ich besitze. Doch immerhin schon seit 33 Jahren in meinem Besitz! Ein riesiges Modelle, dem ich mehrmals im Jahr seine Tentakel schneiden muss. Diese stehen jahrelang irgendwo im Wasser und machen keine Anstalten zu wachsen oder sich zu verabschieden. Herrlich unkompliziert und durchaus eine Augenweide.
    LG...Stephanie

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  9. Mine is flourishing in the garden - duelling with the olive, and folding its arms around our owl.

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