Samstag, 23. März 2024

Gärtnerlatein und andere Fallstricke

Bedienen sich Schwebfliegen kultureller Aneignung, wenn sie Wespen oder Hummeln imitieren? Macht der Star sich ebenso strafbar, indem er fremde Vogelstimmen imitiert? Wer sagt es ihm?

Und braucht die Indianernessel nun einen anderen, politisch korrekten Name? Muss es jetzt StudentInnenblume statt Studentenblume heißen? Was ist mit der Götterblume, wo ist die Göttin in ihr? Ist Männertreu nicht ebenso diskriminierend und sollte es lieber Menschentreu heißen? Müssen sich Nacktschnecken etwas anziehen? Darf man Lauch noch Lauch nennen oder ist das schon ein Schimpfwort?

Als Gärtner, pardon: GärtnerIn, hat man es wirklich nicht leicht. Nicht nur, dass die wissenschaftlichen Namen vieler Pflanzen sich ständig ändern (aus Aster wurde das unaussprechliche Symphyotrichum) und man kaum noch hinterher kommt, jetzt sind auch viele der Trivialnamen verkehrt und politisch inkorrekt. Selbst Bilder von Tieren sind nicht immer unverfänglich. Neulich warf mir Instagram vor, ich würde gewaltverherrlichende oder sexualisierte Inhalte posten, dabei zeigten die Bilder nur harmlose grüne Achateulenraupen oder Kugelspringer. Künstliche Intelligenz ist so intelligent dann oft doch nicht, und man muss sehr auf der Hut sein, nicht unter falschen Verdacht zu geraten. Natur ist immer unschuldig? Von wegen!








Auch bei einer meiner Lieblingsstauden, die trotz Nacktschneckenplage immer blüht, hat sich der Name minimal geändert, denn sie haben ihm dank Rechtschreibreform irgendwann mal das H weggenommen, aus Rauhling wurde Rauling. Trachystemon orientalis blüht jetzt gerade und die Hummeln, Mauerbienen und Pelzbienen lieben ihn. Er darf sich völlig ungeniert aufführen wie ein Berserker im Beet und tut es auch, immerhin ist er ein Raubein und kein Wattebäuschchen. Ausläufer zu treiben ist ihm in die Wiege gelegt.







Ich bin auch ganz glücklich, dass meine Mandelblättrige Wolfsmilch angefangen hat, Ausläufer zu treiben. Ich muss ihr nur den Bärlauch von selbigen wegjäten, damit sie groß und stark werden können. 


Und da kann man froh sein, dass es noch nicht BärInnenlauch heißen muss...

17 Kommentare:

  1. Trachystemon orientalis sieht der Borago officinalis"bourrache" ähnlich hat immer schöne blaue blüten und solche grüne raupen waren in meine geranien (im winter in der garage) jetzt draussen (ein bischen geschützt)
    Künstliche Intelligenz = fortschritt ?
    bon weekend
    mo

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  2. Liebe Loni, Samenspender/innen ist wirklich zum Schreien! Auch schön fand ich einen Artikel, in dem es um die ersten (!) olympischen Spiele ging und von OlympionikInnen die Rede war....
    VG
    Elke

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  3. Oh wie köstlich sind diese Wortspiele, danke habe mich sehr daran erfreut. Da werde ich in Zukunft doch genauer hinsehen. Wie kann man einfach ein h entfernen, gerade die rauhen Blätter sind doch so bezeichnend. Freue mich immer sehr auf deine Überraschungen. Liebe Grüße von Frauke

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    1. Man entfernt das H wegen der NDR, es heißt nun: die rauen Blätter.

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  4. Ach Du liebe Zeit, habe ich mich jetzt schlapp gelacht. Genau diese Gedankengänge hege ich schon lange. Aber ich würde sie niemals so locker flockig formulieren können, wie Du. Früher war alles einfach, es gab die korrekten botanischen Bezeichnungen und die Menschen fanden regional unterschiedlich passende Namen, die sich in der Regel auf Eigenschaften einer Pflanze bezogen. Ich weiß nicht, ob die Akelei glücklich darüber war, wenn sie „Venuswagen“ oder „Kapuzinerhütli“ genannt wurde, Fakt ist, was zu abwegig war, hat sich dann doch vernünftig entwickelt. Warum muss ich aber bitte "Zigeunersuppe" umtaufen, ich habe noch nie einen Zigeuner in meiner Suppe gehabt? Bei den Pflanzen wird das leider auch nach und nach "steril" und seeeehr "langweilig" werden. Warum ist das so? Weil wir Menschen einfach die geborenen Bürokraten sind. Du schreibst vom "melodieklauenden" Star, was bin ich froh, dass die Natur keine Gema-Gebühren kennt. Die KI, die Dich gängelt ist ja auch nur das verlängerte Hirn von Menschen, das je selbständiger es autark zu handeln lernt, dann letztlich für uns zu einer Gefahr werden wird. Dieses zwanghafte Gegendere, mir wären mehr Kita-Plätze und gleiches Gehalt für gleiche Leistung wichtiger, und auch das Tilgen von vielen, für Menschen im Alltag sicher nicht mehr akzeptablen, veralteten Schubladen-Ausdrücken, hat unsere wunderbare, wortreiche deutsche Sprache angeschlagen und wird sie letztlich steril machen. Goethe durfte ja noch schriftlich pfurzen. Heute dürfen das bald nicht mehr Igel. Danke für diesen Post, der mich das Thema doch mal wieder etwas lockerer hat nehmen lassen. LG Wurzerl

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  5. Liebe Elke,

    schade, dass Du in Deinem schönen Garten auf dieses Aufregerthema aufspringen magst - die zustimmenden Kommentare sind einem da ja gerade ganz gewiss.

    Sprache ist etwas, was sich stets verändert, ob wir das wollen oder nicht. Wenn wir für eine gleichberechtigte Gesellschaft eintreten wollen, können wir das auch sprachlich tun. Privat (und so ein Blog ist das ja auch) ist ja niemand durch Regeln wirklich eingeschränkt, da darf sogar das raue weiterhin rauh bleiben. Umgekehrt wäre es aber auch wünschenswert, dass Menschen, denen ein sorgsamer Umgang mit bestimmten Begriffen wichtig ist, weil hinter den Begriffen halt auch eine Haltung steckt, nicht verächtlich gemacht werden.
    Sprache kann manipulieren - ob bewusst angewendet oder nur einfach unachtsam gesprochen. Wenn wir uns dessen bewusst sind, ist schon viel gewonnen. Und wem tut es denn wirklich weh, wenn meine Indianernessel in Zukunft halt Goldmelisse heisst?

    Ganz liebe Grüsse von einer, die Deinen Garten auch deshalb gerne besucht, weil da die Vielfalt leben darf und geachtet wird!

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  6. Hach ja, liebe Elke, "you made my day". Ich habe fast Tränen gelacht beim Lesen deines so wahren Beitrages. Es ist schon ziemlich verrückt, was die Menschheit so umtreibt. Wobei - wenn sie es (die Menschheit) dabei beließe und dafür das 'Sich- Bekriegen' aufgeben würde, könnte ich mit diesem Schwachsinn gut leben. Auch das ganze Gegendere ist ja nicht wirklich zu Ende gedacht und in meinen Augen völlig überflüssig. Aber wer fragt mich schon?
    Herzliche Grüße und ein schönes Wochenende – Elke

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  7. Nacktschnecken brauchen sich am FKK-Strand selbstverständlich nichts anzuziehen!

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  8. Unlängst wurde ich einen meiner Kommentare bei YouTube nicht los, weil ich unüberlegt geschrieben hatte: die Vögel hauen mächtig rein. Geht natürlich gar nicht. Das war wohl auch irgendwie gewaltverherrlichend 🤔
    Aber zurück zu Garten und Pflanzen - noch einmal herzlichen Dank für Dein schönes "Lass wachsen". Ich habe es inzwischen gelesen und beim großen A....n ein paar Zeilen zum Buch hinterlassen.
    Herzlichen Gruß von Marianne

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  9. Herrlich, liebe Elke! Du hast mich mal wieder zum Lachen gebracht! Wie gut, dass wir bei zweihäusigen Pflanzen nicht einen männlichen und einen weiblichen Namen verwenden müssen ...
    Liebe Grüße
    Susanna

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  10. Das erinnert mich an die Samenbank, die wir zu Schulzeiten mit viel Mühe für den Bau eines Biotopes gesammelt hatten. Leider wurde die von einer Maus(in???) entdeckt und über Nacht komplett geleert. Damit war unsere Ausflug in die Samenspende-Welt auch schon wieder beendet 😞, wer weiß, was sonst aus uns geworden wäre...

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  11. Wieder mal ein Beitrag zum Schmunzeln, liebe Elke.
    Hab einen gemütlichen Sonntag - lieben Gruß von Marita

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  12. Liebe Elke,
    natürlich hat mich dein Artikel zum Lachen gebracht, aber auch nachdenklich gemacht. Was haben wir deutschen für Probleme mit unserer Sprache? Wem nützt das etwas? Die Welt ist in Aufruhr und wir beschäftigen uns damit wie man Dinge in Zukunft benennen sollte, lächerlich und ich mach da nicht mit. Kein Wunder, dass wir mit unserem Schulsystem ziemlich am Ende der Skala stehen wenn die Kinder ständig umdenken müssen. Wer steckt eigentlich dahinter?? Wer beschließt, dass es in Zukunft so geschrieben werden Muß? Sind es Menschen die sich langweilen?
    Liebe Sonntagsgrüße
    Edith

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  13. Hallo Elke,
    naja, Sprachen und Wörter bleiben nie gleich, sondern ändern sich andauernd, haben sie schon immer getan und werden es vermutlich weiter tun.
    Und gendern oder nicht gendern, konsequent bin ich nicht dabei, aber ganz verbieten? hm.
    Irgendwie fände ich mehr Gelassenheit und Toleranz ganz gut.
    Viele Grüße und einen schönen Sonntag,
    Gabi

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  14. Musste sehr lachen, liebe Elke, gendern bei Blumennamen, da wird's dann schnell kompliziert, aber köstlich! Mir gefiel der Vorschlag letztens irgendwo:
    Konsequent die weibliche Form wählen und Männliches ist immer mitgemeint.
    Takes it easy
    Petra

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  15. Was hei0t das, Bärluch wegjäten?!
    Den wirst du doch wohl nicht auf den Kompost bringen, sondern aufessen!
    Habe am Mittwoch eine Bärlauchquiche fabriziert, Gatte war ganz angetan.
    Natürlich restlos verputzt.
    Im Beet am Kirschbaumstamm habe ich noch einen großen Pulk Bärlauch gefunden, da wird noch einmal ein Schmankerl auf den Tisch kommen.
    (Im Salat mag Göga keinen Bärlauch, schade!)

    Liebe Grüße aus Xanten,
    ALeXa

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