Samstag, 22. November 2025

Totholz: Das blühende Leben

Totholz liegt nur faul rum, nimmt Platz weg und blüht noch nicht mal. Das kann man erstmal so stehenlassen, allerdings erwacht es bald zum Leben und dann wachsen kleine und größere Pilze aus ihm hervor - und wenn es soweit ist, kann man schon sagen, dass das Totholz eben doch blühen kann! Viele dieser Mini-Pilze, die sich besonders gern ansiedeln, sind bunt oder bizarr, und man kann sie auch oft im Garten begrüßen.

Ich habe mich in den letzten Wochen mal mit den winzigen Holzzersetzern beschäftigt und einige fotografieren können. Zum Größenvergleich habe ich die Kugelspringer gebeten, sich doch bitte einmal daneben zu stellen, was sie auch mehr oder weniger bereitwillig getan haben. Die sind einfach so niedlich wie nett!

Für manche der Pilze muss es nicht mal ein ganzer Baumstamm sein, ihnen reicht schon ein Stück Ast, das beim Zweige-Schreddern entstanden ist und als Mulch auf dem Beet herumliegt. Hier kann sich schnell eine Population breitmachen und dafür sorgen, dass die Asthäcksel noch schneller zu Humus werden.

Eine der häufigsten holzzersetzenden Pilze, die in Totholz leben, ist die Geweihförmige Holzkeule (Xylaria hypoxylon), die sogar ganz schwach leuchten kann! Sie hat einen schwarzen Stiel und weiße Sporenträger, die wirklich oft an ein Geweih erinnern. Wenn man ihnen zu nahe kommt, fliegen die weißen Sporen in alle Richtungen davon.


Sie liebt jede Art von Laubholz, Nadelbäume mag sie aber gar nicht. Ich finde sie regelmäßig auf den selbstgemachten Holzhackschnitzeln. Auch Baumstämme besiedelt sie und bald schon sieht das Holz aus wie ein Hirschrudel zur Brunftzeit.

Der nächste Kandidat sieht schon eher aus wie ein richtiger Pilz, wenn auch richtig winzig: Der Zarte Helmling (Mycena adscendens) macht seinem Namen wirklich alle Ehre.

Er ist gespenstisch weißlich mit ganz wenigen Lamellen. Auch er besiedelt liegendes Totholz und nimmt sich selbst kleinste Bröckchen vor. Bei mir im Garten ist er ein gern gesehener Gast und für die Kugelspringer gibt er die Stehlampe.



Neben den spartanischen Lamellen fällt er außerdem durch eine weiße Basalscheibe auf:





Der Laubholzhörnling (Calocera cornea) scheint geradezu zu leuchten wie orangefarbene Luftschlangen. Er wird auch Ziegenbart genannt, aber den Namen muss er sich mit anderen Pilzen, vor allem orangefarbenen Korallen, teilen.

Mit Kugelspringer


Er frisst feuchtes Laubholz und wäre sogar essbar - aber die Ernte ist bei der Größe doch ein bisschen mühselig.

Die Rötliche Kohlenbeere (Hypoxylon fragiforme) kann man mit Ästen und Stämmen von Buche in den Garten locken, eine verwandte Art braucht Erle oder Hasel. Wenn ihr das Totholz zusagt, besiedelt sie es gern gleich mal flächendeckend, um ihre Besitzansprüche geltend zu machen.





Sie scheint schwarze Sporen abzusondern, denn man sieht oft Kugelspringer mit Borsten am Po, die wie in Tinte getunkt aussehen. So verbreiten die kleinen Knutschkugeln den Pilz.


Glibberig, aber dafür sehr farbenprächtig, treten der Großsporige Gallertbecher (Ascocoryne cylichnium) und seine Verwandten auf. Er ist wunderschön lila. Anfangs ist er noch klein, aber bald breitet er sich zu flache Fruchtkörpern aus.

Der dunkle Kugelspringer Dicyrtomina fusca passt farblich ganz hervorragend zu diesem Pilz, während der Bunte Kugelspringer (Dicyrtomina ornata) mit seiner gelben Färbung dazu kontrastiert und sofort auffällt.





Hier ist links im Bild sogar noch ein echter Winzling, der Goldene Kugelspringer (Sminthurinus aureus), zu sehen:



Der Gallerbecher mag gern Buchenholz, geht aber auch an anderes.


Falls ihr Totholz im Garten habt, schaut ruhig mal nach den pilzigen Bewohnern! Auch wenn man sie nicht essen kann, sind sie doch sehr faszinierend anzuschauen.

Samstag, 15. November 2025

Quitten: Eine Gesundheitsgefahr

...zumindest können sie das sein, wenn man sie verarbeitet. Denn kein Obst ist so steinhart wie sie, und wenn man mit dem Messer nicht aufpasst, rutscht die Klinge leicht mal in die Finger ab. Da können die frechen Früchtchen äußerlich noch so reif und quittegelb aussehen und noch so fruchtig duften – unnachgiebig sind sie trotzdem.



Das ist zwar ganz praktisch, denn Wespen und Vögel knabbern da so schnell kein Loch in die Früchte, auch tun die sich im Gegensatz zu Äpfeln wenig, wenn sie auf den Boden fallen, hinterlassen aber unter Umständen einen kleinen Krater.

In der Küche aber werden die flauschigen Schwergewichte eben schnell zum Risiko, weshalb man dazu neigt, sie lieber noch wochenlang als Raumparfum schmoren zu lassen. Mit so einem kleinen Messer hier muss man denen jedenfalls nicht kommen:


Dieses Jahr scheint ein ganz besonders gutes Quittenjahr zu sein. Und so bin ich auch ohne eigenen Baum zu zwei Kilo Früchten gekommen. 

Ich wollte Marmelade machen (die am Ende leider nie so quittegelb aussieht wie die Früchte, sondern eher bräunlich), aber die harten rohen Früchte nicht direkt zerkleinern müssen. Ein Kilo hatte ich nämlich schon mühsam eingekocht und mir dabei in den Finger geschnitten. Übrig waren nur noch drei Stück, die aber zusammen auch noch elefantöse 1000 Gramm wogen! Man konnte sich lebhaft vorstellen, was für eine Plackerei diese gelben Monster werden würden.

Da wir sowieso Pizza machen wollten und der Ofen schon auf Hochtouren lief, hatte ich die Idee, ganz energiesparend und kräfteschonend Bratäpfel, äh -quitten, zu machen. Ich habe die Früchte einfach in eine Schüssel gelegt und mit in den Backofen gegeben, dann so lange drin liegen lassen, bis auch die letzte Restwärme nach dem Abschalten entwichen war.

Das hat richtig gut geklappt! Die Fruchtbomben waren weicher geworden und weder hat die Pizza nach Quitten geschmeckt noch haben die Quitten nach Pizza gerochen. Die Finger blieben auch heil.

Gut, das Kerngehäuse war immer noch hart wie Beton, aber trotzdem war das eine große Arbeitserleichterung im Gegensatz zu den rohen Quitten. Und die Kochzeit der Marmelade hat sich so auch verringert. Diesmal habe ich übrigens noch frischen Ingwer aus deutschem Anbau hinzugefügt - die Marmelade schmeckt jetzt fast nur danach, obwohl die Menge im Verhältnis zu den Quitten sehr gering war. Aber daran wird nicht die Pizza Schuld sein...

Samstag, 8. November 2025

Eine neue Karde

Eine neue Karde ist wie ein neues Leben, lalala.... Nein, nicht ganz. Für die Karde war es natürlich schon ein bisschen wie ein neues Leben, denn die habe ich aus einer Pflasterfuge gezogen, wo sie sicher früher oder später unter die Räder gekommen wäre. Ich habe sie in den Garten gepflanzt und war gespannt, was passieren würde. 

Es war nämlich nicht die Wilde Karde, die hat sich in meinem Garten mittlerweile so gut etabliert, dass sie sich durch Aussaat selbst behaupten kann. Das war am Anfang nicht so. Nun aber habe ich immer genug Sämlinge, die sich dank ihrer Ellbogentaktik schnell einen Platz erkämpfen.


Dieses Jahr konnte ich sogar einen ganz besonderen Gast an ihr beobachten, die Schwebfliege Pipiza festiva, eine wahrlich ausnehmend schöne Erscheinung, und an dem einen Tag, als sie im Garten war, nur an den Kardenblüten zu beobachten. Das war wirklich ein Festtag und die Mittagspause im Homeoffice wurde wegen ihr wieder deutlich überzogen.

Die Wilde Karde muss ich also nicht mehr importieren, im Gegenteil. Dieser Neuzugang aber, die Behaarte (Dipsacus pilosus), ist für Kardenverhältnisse ein ganz zartes Geschöpf und nicht zu vergleichen mit der anderen Kratzbürste.

Sie hat statt der Eierkopf-Blüten von Dipsacus fullonum schöne runde weiße Blüten, die eher zierlich daherkommen. Hier einmal zum Vergleich:

Wer das Ertrinken von Insekten in den Blattachsel-Pfützen der Wilden Karde nicht erträgt, ist mit der Behaarten besser bedient. Sie kann kein Wasser in Form von Phytotelmata sammeln, die ist wie Teflon, an ihr rinnt alles hinab.


Auch ist sie zahmer in der Gestalt und pikst einen nicht ständig in den Rücken. Die Staubbeutel sind violett, was sie von der Schlanken Karde (Dipsacus strigosus) unterscheidet, deren Staubblätter grünlich sind.



Halbschatten wird vertragen, auch dort erreicht sie eine Höhe von fast zwei Metern. Sie steht aber nicht wie Dipsacus fullonum den Winter über so ausladend im Garten herum als wäre sei ein Kaktus in Arizona, sondern wirkt eher filigran.

Hummeln und Wanzen lieben sie. Sie ist heimisch und die Schnecken meiden sie genauso wie die Wilde Karde. 



Der Nachteil ist, dass auch die Behaarte Karde zweijährig ist. Ob sie sich aussäen wird, um nächstes Jahr wieder im Garten zu blühen?

Die Samenstände wären jedenfalls bereit:

Samstag, 1. November 2025

Totholz frei Bordsteinkante

Wenn irgendwo Anhänger mit Gartenabfällen herum stehen, muss ich reingucken, das ist wie ein Zwang. Es könnte ja etwas drin sein, aus dem man Stecklinge machen kann, oder gar eine ausgerupfte Pflanze, die andere als Unkraut abtun, mir aber als Gartenstaude gefallen würde.

Neulich stand also ein so ein Anhänger vor dem Haus rum. Die Nachbarin gegenüber hatte die Korkenzieherweide radikal kappen lassen. Nun sollte das Grün samt Totholz abtransportiert werden. Das waren richtig dicke Stammstücke, teilweise schon leicht wie Balsaholz, also voll mit Pilzen und schon ganz mürbe. Andere waren voll mit Asseln. Wann bekommt man schon mal so feines Totholz frei Bordsteinkante?

Ich habe also gefragt, ob ich mir die besten Stücke heraus nehmen darf. Durfte ich. Logo, der Anhängerbesitzer hatte so ja auch weniger zu tun bei der Entsorgung. Da helf ich doch gern!

Bei vier Stücken habe ich dann aufgehört. Was ich Stunden später natürlich bereut habe, da wäre doch noch mehr gegangen. Aber dann war der Anhänger schon weg.

Das "Balsaholz"-Stück bildet nun eine Beetbegrenzung, die anderen drei habe ich unter dem Pfaffenhütchen drapiert, wo dank der flachen Wurzeln sowieso nichts so richtig wachsen will. Das Stück mit den vielen Aststummeln bietet sehr viele Versteckmöglichkeiten für Krabbeltiere. Mittlerweile erscheinen unzählige Fruchtkörper der Geweihförmigen Holzkeule und von irgendwelchen roten Glibberpilzen. Diese ganze Destruentengesellschaft wäre ohne mich wohl im Holzhackschnitzelkraftwerk verbrannt worden.



Moosassel im neuen Altholz

Totholz puffert nicht nur Trockenheit ab, sondern bietet sehr vielen Tieren einen Unterschlupf oder eine Nahrungsquelle, entweder durch das Abgrasen von Pilzrasen oder direktes Fressen des Holzes, oder aber durch das Jagen von eben diesen Zersetzern.

Nicht nur unzählige Asseln, die sehr gute Humusbildner sind, treffen sich unter Totholz, weil es dort schön feucht ist. Auch Laufkäfer und Glühwürmchen halten sich hier gern auf, um von dort zu ihren nächtlichen Raubzügen aufzubrechen.

Larve vom Kleinen Leuchtkäfer in meinem Garten

Körniger Laufkäfer (Carabus granulatus) unter einem Rindenstück

Totholz mit Rinde ist besonders begehrt, weil man sich als flaches Tier dort hineinquetschen kann.

So finden sich dann viele Fressfeinde von Nacktschnecken ein, wie die Glühwürmchen, wobei man natürlich dazu sagen muss, dass sich unter dem Totholz die Beute genauso wohlfühlt.

Auch als Sitzplatz oder Sonnenbank ist es sehr gefragt. Die Heckenbraunelle sieht nur so leidend aus, in Wirklichkeit genießt sie gerade ein Sonnenbad.

Dieser Ast vom Zierapfelschnitt ist ein ganz beliebter Ausguck bei den Vögeln:


Mein älteres Totholz ist schon wieder fast komplett zu neuer Erde geworden. Nur noch die Rinde ist wie am ersten Tag, denn bei Birkenholz bleibt sie immer als letztes übrig:


Ich musste also dringend wieder neue Ware ranschaffen.

Wann immer man in der Nachbarschaft Totholz ergattern kann, sollte man also zugreifen. So entfallen weitere Transportkosten und auch größere Stücke, die nicht auf den Fahrradgepäckträger passen, lassen sich schnell in den eigenen Garten umziehen.

Samstag, 25. Oktober 2025

Auslegeware

Ich gebe zu, dass ich von Teppichen auf der Terrasse oder im Garten nicht allzu viel halte. Dann müsste ich ja draußen auch staubsaugen, von dreckigen Katzenpfoten mal ganz zu schweigen. Oder die Outdoor-Textilien würden womöglich Mikroplastik in der Gegend verteilen. Auch blöd.

Nun habe ich aber doch Auslegeware im Garten, die die Terrasse in zünftigen 70ies-Farben einkleidet, und zwar in grün mit ganz viel orange. Die ist immerhin biologisch abbaubar, essbar und beim ersten Frost spätestens Matsche, und zwar derart, dass selbst ein Staubsauger machtlos wäre: Die Rede ist von der Kapuzinerkresse, die ich sehr spät im Sommer gesät hatte, und es waren sogar schon recht alte Samen.




Je oller, je doller, das ist das Motto von Tropaeolum majus.

Der Anfang ist einfach: Man muss nur Samen in Erde stecken und schauen, dass sie nicht austrocknen. Sie keimen ganz leicht und willig.

Bei genügend Nährstoffen in der Topferde ergießt sich die Einjährige aus Südamerika dann später wie ein rankender Wasserfall aus dem Kübel heraus und schmeißt sich an alles ran, was sie erreichen kann mit ihren saftigen Ranken. Die großen runden Blätter mit dem Zentralgestirn in der Mitte, aus dem wie Strahlen die Blattnerven abzweigen, sind essbar, schmecken scharf nach Senfölen und sollen als pflanzliches Antibiotikum wirken.

Die großen Samen, die meistens als Dreigestirn heranwachsen, lassen sich reichlich ernten, trocknen und im nächsten Jahr wieder aussäen. Oder im übernächsten, sie sind sehr langlebig.


Dieses Mal war ich verblüfft, dass ich mehrere grasgrüne Pflanzen aus den selbst gezogenen Samen bekommen habe und eine mit panaschiertem Laub.

Es gibt auch Sorten mit anderen Blütenfarben, die nicht ganz so 70ies-mäßig daherkommen.

Wüchsiger als die panaschierte ist bei mir die Kapuinerkresse mit den normalen, grünen Blättern. Die wächst sich wirklich die Seele aus dem Leib. An ihr hat auch der Kleine Kohlweißling Eier abgelegt, die aber wohl nie geschlüpft sind. Ich habe da den Unbeständigen Schmalhans im Verdacht, eine kleine Wanze, die ihre Zelt in all meinen Kübeln aufgeschlagen hat.

Im Botanischen Garten hatte es beim Großen Kohlweißling besser geklappt mit der Kapuzinerkresse, die dort im Heilpflanzengarten die Auslegeware der Hochbeete mimt:


Man sollte die Blätter wirklich öfter als Gemüse betrachten und in Kräuterquark essen. Jedes Mal nehme ich mir das vor und verpasse es dann doch wieder, bis es zu Frost kommt, und dann taugen sie nur noch als Smoothie, was aber eklig wäre.

Vielleicht klappt es ja diesmal. Samen für's nächste Jahr habe ich jedenfalls schon gesammelt von dieser feschen Auslegeware, die so einfach zu ziehen ist und immer für gute Laune gut ist.