Gegen einen Karriereknick ist wohl niemand gefeit, auch nicht der gute alte Beinwell. Jahrhundertelang wurde die heimische Art Symphytum officinale sowohl als Heilpflanze als auch in der Küche mit sämtlichen Körperteilen verwendet. Noch nicht mal die Wurzeln waren vor dem Verzehr sicher, obwohl sie doch so gut versteckt sind.
In neuerer Zeit schließlich, als ohnehin kaum noch jemand den Beinwell zum Abendessen eingeladen hätte, weil das Essen vornehmlich im Supermarkt wächst, erfand jemand das schöne Wort Pyrrolizidinalkaloide. Es ist nicht nur ein Zungenbrecher für Gedächtniskünstler, es verheißt auch nichts Gutes: In Tierversuchen wurde erarbeitet, dass dieser Inhaltsstoff schlecht für die Leber ist und auch sonst mit Vorsicht zu genießen. Nun verloren auch die letzten der Naturküche Aufgeschlossenen die Lust daran, etwas mit dem Beinwell anzufangen.
Dabei müsste man schon sehr viel Beinwell essen, um überhaupt ernsthaft Schaden zu nehmen. Ein paar Blättchen hier und da schaden anscheinend nicht weiter. Das sah auch die Landlust so und hat ein Rezept veröffentlicht, in dem Beinwellblätter die Hauptrolle spielen.
Ich wollte diese Idee unbedingt einmal selbst ausprobieren, unter anderem, weil knusprige Panade in einer Nebenrolle lockte. Doch den Beinwell wollte ich verschonen - nicht aus Angst vor den Unaussprechlichen, sondern weil ich doch etwas viel Besseres im Garten habe: Den Rauling (Trachystemon orientalis).
Der ist mit dem Beinwell weitläufig verwandt, soll aber laut einer türkischen Studie ein gerüttelt Maß an Antioxidantien haben. Außerdem: Können so viele Türken irren, die der raublättrigen Staude in hiesigen Schrebergärten quadratmeterweise Beetfläche zugestehen, so groß wie meine Terrasse, um ihn am Ende in die Pfanne zu hauen? Eben.
Also habe ich meinem Rauling acht Blätter geraubt. Vier davon wurden mit einer klebrigen Mischung aus Ziegenfrischkäse, Sahne und kleingehackten Kräutern aus dem Garten (Gundermann, Brennnessel und Giersch) bestrichen, und zwar auf der rauen Blattunterseite, das hält besser. Dann habe ich die restlichen Blätter auf den Käse gepappt, mit der haarigen Seite nach unten. Vorläufiges Ergebnis: Vier grüne Laub-Doppeldecker mit Käsefüllung.
Nun kommt die Panade: Die Laubflundern erst in Ei, dann in Paniermehl wälzen und in die Pfanne legen. Die Blätter brauchen nur ein paar Minuten, bis sie in einer Butter-Olivenöl-Mischung goldbraun geworden sind, dann werden sie gewendet und auch die andere Seite lecker gemacht.
Und was soll ich sagen? Es geht richtig einfach, sieht gut aus und schmeckt fantastisch. Das wäre durchaus etwas, das man in einem Sternerestaurant für 14,90 Euro mit einem Tomatensalat als Vorspeise verkaufen könnte.
Das schlechte Gewissen wegen des Blattraubs war auch unbegründet: Die Staude mit den Blüten, die immer aussehen wie auf Lockenwickler gedreht, treibt schneller wieder neues Laub als man Pyrrolizidinalkaloide sagen kann.
Das schlechte Gewissen wegen des Blattraubs war auch unbegründet: Die Staude mit den Blüten, die immer aussehen wie auf Lockenwickler gedreht, treibt schneller wieder neues Laub als man Pyrrolizidinalkaloide sagen kann.
Wenn ich auch dem Beinwell also wieder nicht gegen seinen anhaltenden Karriereknick helfen konnte, so gehört ab sofort wenigstens der Rauling, das alte Schwarzmeergemüse, zum kulinarischen Frühlingsprogramm!
Liebe Elke, das ist ja wirklich interessant - auf die Idee, den Rauling zu verspeisen wäre ich nicht gekommen! Sieht aber wirklich lecker aus… Deine Bilder von den (aus Menschenlänge betrachtet) doch recht unscheinbaren Blüten sind wirklich toll. Manchmal muss man eben ganz nah ran gehen… und auf die Knie dazu.
AntwortenLöschenLiebe Grüße, Barbara
Hmmh, lecker und so schöne Bilder Der Rauling ist wirklich wunderbar ;-) Und so begehrt bei den Insekten...
AntwortenLöschenLG Cordula
Shone bilder,liebe grüsse aus Belgie.
AntwortenLöschenAlso diesen Rauhling sollte man schon der Blüten wegen haben. Wie krieg ich den??
AntwortenLöschenHerzlichst
yase
Guten Morgen und danke für den tollen Beitrag. Ich kann der ganzen Aufregung um den Beinwell auch nur mit einem Kopfschütteln begegnen, denn er hat den Menschen Jahrhunderte lang gut gedient. Ich verarbeite ihn jedenfalls zu einer Salbe und die wirkt weit besser als das ganze Zeugs aus der Apotheke. ;) und werde daran auch nichts änder.
AntwortenLöschenDer Rauling hat es mir schon seit seinem/deinem ersten Post darüber angetan....ich hätte ihn auch zu gern im Garten habe aber leider keine "Zugriffsquelle" wie die deine ;)
LG und ein wunderschönes WE
Sabine
Rauling, interessant.
AntwortenLöschenUnd war der Huflattich nicht mal ähnlich in den negativen Schlagzeilen wie der Beinwell?
Dein Blog ist schön.
Ich habe mit Wildkräutern überhaupt keine Erfahrung! Wüsste nicht, was genießbar ist und was nicht! Aber auf jeden Fall finde ich es sehr interessant, wenn man sich auf altes Wissen besinnt!
AntwortenLöschenviele Grüße von
Margit
Nee, nee, nee :-))
AntwortenLöschenDa hätt ich doch fast deinen
kulinarischen Post und dann noch vom Beinwell übersehen!
Ich probiers bestimmt mal mit ihm. Sobald er ein wenig mehr
gewachsen ist. Gut eingewachsen ist er ja mittlerweile.
Aber der Rauling interessiert mich ja auch. Mal gucken wo
ich ihn auftreibe - hmmmm sieht das lecker aus!
So aber nun doch nochmal ein wunderschönes WE
von der Urte :-)
Bei dir würd ich auch zum essen kommen, wenn du für eine Sternküche so preiswert bist! Es sieht tatsächlich unglaublich lecker aus und schmeckt auch sicher so.
AntwortenLöschenSigrun
Habe mich wieder herzlich über deinen Bericht amüsiert! Wie immer eigentlich.. In meinen Garten muß sich wohl auch mal Rauling verirrt haben. Ich hielt ihn allerdings für Beinwell. So ein leckeres Rezept hatte ich leider nicht. Sieht wirklich sehr schmackhaft aus. Mein Rauling - vielleicht war's ja doch Beinwell- ist aber inzwischen aus dem Garten verschwunden.
AntwortenLöschenLG Kathinka
Eastern or Oriental borage says http://www.botanicalgarden.ubc.ca/potd/2008/04/trachystemon_orientalis.php
AntwortenLöschenYou remind me to plant borage, now I can think about a herb garden again.
Love the deep blue edible flowers (and leaves). A Swiss friend told me to cook lots of borage with spinach.
Ach ich erinnere mich, den Rauling hast du schon mal vorgestellt. Gut, dass du mich noch einmal erinnerst, ich habe auch etliche 'Beinwelle' im Garten, aber der von dir beschriebene Rauling fehlt mir noch. Deine wundervollen Fotos haben mich noch einmal bestärkt mich nach ihm umzusehen, er scheint ja auch eine gute Nahrungsquelle für Hautflügler zu sein.
AntwortenLöschenUnd kulinarisch scheint er ja auch einen Versuch wert zu sein....den Hinweis 'treibt schneller wieder neues Laub als man Pyrrolizidinalkaloide sagen kann.' hat mir besonders gut gefallen.
LG
Sisah
sieht superköstlich aus!!! ich wär leider viel zu faul für so aufwendig feinmotorische sachen wie blätter panieren ...
AntwortenLöschenüber eine einladung zum nächsten raulingdinner käme mir da sehr entgegen ;-)
herzlichste grüße & wünsche an dich ;-)
amy
Hab auch von der "Giftigkeit" des Beinwells gelesen. Ich hab es aber so verstanden, daß in einem Tierversuch das unaussprechliche Alkaloid separiert wurde und den armen Laborratten in unglaublichen Dosen eingetrichtert wurde, ich weiß jetzt aber nicht mehr, ob oral oder intravenös. Jedenfalls konnte man daraus entnehmen, daß es wohl über die Art, wie Mensch es zu sich nimmt, kaum so wirken kann, wie bei den armen Laborratten. Die armen Viecher können einem leid tun, daß mit denen so umgegenagen wird, nur damit man den Menschen gesunde Nahrung verleiden kann, damit sie lieber den Genfraß zu sich nehmen. Monsanto & Co. lachen sich doch scheckig über ihr "Fußvolk".
AntwortenLöschenMein Motto: Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird...
Cui bono
LG Petra K.
Gesehen habe ich den Rauling schon ab und zu. Aber in die Pfanne hätte ich ihn nie gehauen, auch nicht paniert.
AntwortenLöschenJetzt bin ich schlauer und um ein interessantes Rezept reicher.
Wenn ich jetzt noch wüsste, wo ich den Rauling gesehen habe! Ach, ich finde ihn schon wieder.
Liebe Grüße,
Anette
Ich stärke mal dem Beinwell seinen Rücken: Er ist eine der besten Bienenpflanzen, weil er genau dann blüht, wenn die Bienen Nahrung braucht. Nämlich im Sommer. Also macht Platz für den Beinwell
AntwortenLöschenLiebe Elke, den Rauling kenne ich nicht. Aber den Beinwell, in Teig getaucht und dann ausgebacken, habe ich in meiner Kindheit oft gegessen. Geschadet hat es mir sicher nicht, ganz im Gegenteil.
AntwortenLöschenHinter all den Verteuflungen von Wildpflanzen steht nichts weiter als die Profitgier großer Pharmakonzerne. Denn wo kämen wir denn hin, wenn plötzlich jeder seine Leiden selber kurieren oder zumindest lindern könnte, ohne dass die Industrie davon profitieren kann. Huflattich ist ja auch so ein Beispiel, die ganze Menschheitsgeschichte hindurch eines der besten Anti-Hustenmittel, neuerdings verboten, giftig, gefährlich. Eine schreckliche Entwicklung. Umso wichtiger ist es, dieses Wissen zu bewahren!
Dein Rezept klingt verlockend, eine Füllung zwischen den Blättern hatte ich noch nie! Muss wohl bald mal Beinwell suchen gehen.
Liebe Grüße, Margit
Ha, da hast du ja bei mir einen Nerv getroffen *lach* ! Das Rezept werde ich mir gleich mal speichern und auch ausprobieren. Mein Rauling hat leider wenig Blüten in diesem Jahr, dafür hat sich die Blattmasse verzehnfacht (!). Beinwell habe ich in der Küche bereits verwendet, fand ihn aber nicht so dolle. Vielleicht schmeckt mir ja auch der Kl. Rauling besser ? Ich werde berichten... Hast du wieder sehr schön eingefangen !!!
AntwortenLöschenGGLG aus dem Waldhaus, Christine
Hallo Christine,
Löschenschön, von dir zu hören!
Berichte mal, ob du von dem Rezept auch so begeistert bist!
Mein Rauling hatte dieses Jahr noch mehr Blüten als letztes Jahr und ist eine wahre Freude. Ich bin immer begeistert von der Staude.
VG
Elke
Klar, ich geb dir Bescheid ! Mhm, meiner steht unter einer Hainbuche und da ist es sehr trocken. Mich erstaunt, dass er sich völlig ohne Wasser so ausbreitet ! Ich kann ihn nur empfehlen wenn jemand alles schon probiert hat an Bodendeckern. Allerdings braucht man Platz :-) - wobei die Pestwurz noch 1000x schlimmer ist und für die braucht man wirklich einen großen Garten. Aber auch sie blüht wunderschön im Frühling (ist aber nicht essbar) und die großen Blätter sind anschliessend ein echter Hingucker auf einer großen Fläche. Beide werden übrigens nicht von Wühlmäusen gefressen - da habe ich ja leider inzwischen viel Erfahrung :-(
AntwortenLöschenIch finde es toll, dass du den Rauling (und auch andere Wilde) immer wieder zeigst ! So wird er hoffentlich mal etwas bekannter...
GLG, Christine
Hallo Elke,
AntwortenLöschenhabe das Rezept auch gesehen, sah lecker aus. Geht sicher auch noch mit anderen Blättern. Vielleicht Salbei?
LG Dgamar
Liebe Elke, das sind einfach wundervolle Bilder, die Du eingestellt hast. Das Rezept für die Verarbeitung von Beinwell klingt zudem sehr interessant und vielversprechend. Ich muss jedoch gestehen, dass ich bislang so etwas noch nie probiert habe.
AntwortenLöschenlg kathrin
Hallo Elke,
AntwortenLöschenhabe Dich für die OBI-Frühlingsgruß-Aktion nominiert. Vielleicht hast Du Lust mitzumachen?! Näheres auf meiner Seite und per E-mail durch OBI.
Liebe Grüße
Anette
Hallo Elke,
AntwortenLöschendas klingt aber sehr interessant. Da wir hier viele Gärten haben, die demnächst wegen einer städtischen Baumaßnahme aufgelassen werden, und bisher von türkischstämmigen Nachbarn beackert werden, wird sich dort vielleicht auch Rauling finden. Ich werde auf jeden Fall die Augen offen halten.Danke für die Inspiration.
Grüße
Claudia