Samstag, 11. Juni 2022

Abschneiden oder dranlassen?

Es ist einer der vielen mysteriösen Mythen, über die man in der Gartenliteratur so stolpert: Man soll die Samenansätze von Tulpen und Narzissen bloß unverzüglich abschneiden, bevor die Zwiebelblume von dem Stress der Nachwuchsförderung völlig erschlafft am Boden liegt. Die Fortpflanzung darf ihnen auf gar keinen Fall erlaubt werden. Wobei Krokusse, Scillas und die anderen kleinen Blümchen aber völlige Narrenfreiheit haben. Und die verausgaben sich nicht, die vermehren sich wie wild. Nur den Großen unter den Blumenzwiebeln soll es bei Strafe verboten sein, Samen anzusetzen? Ausnahme: Zierlauch! Dessen Samenstände sehen ja ganz hübsch aus. Sollte hier der Hase im Pfeffer liegen, ist es am Ende die reine Optik?


Während man Zweijährige wie den Fingerhut auch tatsächlich durch Abschneiden der Samenstände davon überzeugen kann, noch ein weiteres Jahr im Garten zu bleiben, und noch eins und noch eins, hört man bei Stauden ansonsten ja nichts von derartigen Prozeduren, nur bei Tulpen und Narzissen wird dieses Kastrieren empfohlen. Dabei sind sie sowieso oft wahre Diven, die nicht in jedem Jahr blühen möchten, Samenbildung hin oder her.

Ich habe diese Plackerei auch brav jahrelang mitgemacht und bin mühsam mit der Schere hinter jeder Narzisse und Tulpe hergerannt. Dann habe ich es einfach mal gelassen und wollte mal sehen, ob dann die Welt untergeht. Narzissen können tatsächlich super Samen bilden, die richtig große Klunker sind. Die werde ich einfach mal aussäen, sie sollen Dunkel- und Kaltkeimer sein. Auch Zierlauch keimt erst im nächsten Frühjahr.



 


Bei den Tulpen ist es noch weniger ersichtlich, warum man sie abschneiden soll, denn meistens entsteht statt einer Samenkapsel etwas verschrumpelt rosinenartiges. Die meisten Blüten werden offenbar gar nicht erst bestäubt und die Pflanze lässt sie von sich aus verkümmern. Aber dann sah ich diese Tulpe, links zum Vergleich eine unverkennbar unbefruchtete:


 

Ein Kawenzmann von Samenkapsel! Hier erwarte ich ähnlich große Samen wie bei der Narzisse. Und die werden dann auch ausgesät, so! Anarchie im Garten!


21 Kommentare:

  1. Ein interessanter Post, bin gespannt ob Narzisse und Co wieder blühen. Schönes Wochenende...Herzlichst Kirsten

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  2. Ohhhh, bei Allium bin ich jetzt vorsichtig geworden und ziehe die Samenstände sobald es geht von der Zwiebel ab. Sie versamen sich gerne und dann hab ich noch mehr der ungeliebten Blattmasse im Beet, welche alle austreibenden Stauden zudeckt. Ich bin gespannt auf dein Experiment.
    Ein schönes Wochenende wünscht dir Marita

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  3. Wie schön deine Allium Kombi mit dem Storchschnabel (?) auf dem obersten Bild, gefällt mir sehr. Ah, das wusste ich nicht, dass Allium erst im nächsten Frühjahr keimt. Ich drück die Daumen für deine Narzissen und so eine riesige Samenkapsel wie auf dem rechten unteren Bild habe ich auch von einer Tulpe. Und du meinst die kann man aussäen?
    VG
    Gabi

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  4. Da bin ich ja sehr gespannt, ob das aussäen gelingt. Ich meine, da muss ja wohl erst eine Zwiebel gebaut werden, bevor da ein Blatt kommt?? Oder wie geht das??
    Ich bin wirklich auf deinen Bericht gespannt!
    Übrigens, der Kohlmeisenkasten ist wieder bewohnt
    Herzlichst
    yase

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    1. Die Zwiebel ist bekanntlich ein Speicherorgan, natürlich wird sie erst gebildet, wenn es etwas zu speichern gibt! Logisch!

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    2. Hallo yase,
      es gibt Pflanzen, wie zum Beispiel Alpenveilchen, die bilden eines der beiden Keimblätter um zu einer Knolle, da gibt es dann beides. Tulpen sind einkeimblättrig, da wird sich die Zwiebel später bilden.
      VG
      Elke

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  5. Ich bin generell eine faule Gärtnerin und lebe nach der Prämisse, in der Natur schneidet keiner irgendwas ab. Verunglückt ein Blütentrieb, dann ist das Remontieren vorprogrammiert, da die Pflanze ja nur die Fortpflanzung im Kopf hat. Das überzüchtete Tulpen- und sonstige Gedöns ist meist steril und es ist sowas von wurscht, ob ich da meine kostbare Freizeit für Friseurattacken hergebe, oder lieber selber zum Friseur gehe (was hundertmal effektiver ist). Also ich denke, da wo Du eine Samenkapsel hast, wird sie auch ausgesät werden können. Die Mutterzwiebel hat normalerweise keine Zeit in so einem Jahr um Tochterzwiebeln auszubilden, aaaber, die produzierst Du dann ja mit dem Samen, dauert nur 1 - 2 Jahre länger, bis die neuen Zwiebelchen dann blühen können. Viel Spaß mit dem Nachwuchs. LG Wurzerl

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  6. Hömma, so geht datt aba nich! Da kommt die Beet-Polizei!!!!
    (Bin gespannt auf deine Vermehrungsversuche, da braucht es aber noch viel Geduld, warten, warten, immer nur warten,....
    Gruß von Garten zu Garten! ALeXa

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  7. Interessant wie solche Geschichten immer wieder weitergetragen werden. Werde damit wohl auch mal aufhören und sehen, wass passiert!

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  8. Mit diesem Problem haben sich schon einige Gärtnerinnen Generationen auseinander gesetzt. Wer einen super gepflegten Garten möchte, dem sind solche " Dürrständer" ein Dorn im Auge und der schnippelt sie weg. Ich bin bei Wurzel, machen lassen, die Natur macht alles richtig, wenn man ihr Raum lässt.
    Liebe Grüße
    Edith

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  9. den samen der blumen finde ich immer so wunderwert da es nicht oft der fall ist dass tulpen etc... es schaffen ! auch bei irise finde ich sie hübsch und glaube nicht das es dann im kommende jahr weniger blüht. wollte von meinen tulpen im frühling fotos machen aber durch die trockenheit und die hitzewelle war das blühen dieses jahr zu schnell vorbei. sowie die rosen, die dieses jahr fast vertrocknet sind bevor sie aufgingen. hatten aber jetzt guter regen und es blühen viele hémérocalles

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  10. Anarchie im Garten finde ich immer gut. Da findet sich so manche Anarchopflanze in meinem Garten. Und ja, du hast Recht, Elke. Die Logik wo was wegmuss, -soll, -darf oder nicht erschließt sich mir auch nicht so ganz. Vielleicht stimmt deine Theorie und diese Regeln stammen noch aus der Zeit als Gärten noch chemisch manikürt wurden und optisch nichts aus der Reihe tanzen durfte. Gut, dass sie vorbei sind.
    Viele Grüße
    Claudia

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  11. Hallo Elke,
    ich habe viele - wirklich viele - kleine Narzissen 'Tete a Tete' im Garten, die ich über Jahre aus der Frühlingsdeko nach draußen gepflanzt habe. Anfangs habe ich das Verblühte abgeschnitten. Irgendwann wurde es mir zu arbeitsintensiv, jetzt bleibt es dran. Einen Unterschied stelle ich nicht fest: die Horste werden immer üppiger und blühen fleißig. Ich sehe es wie Renate: am Naturstandort schneidet auch niemand die Blütenreste weg. Da müssten ja alle Zwiebelpflanzen längst ausgestorben sein, wenn das nötig wäre.
    Bei den Tulpen erledigen den Schnitt die Wühlmäuse: Zwiebel ab - der Rest fällt um und bleibt liegen! Diese Schnittmethode ist offensichtlich kontra-produktiv im wahrsten Sinne des Wortes.
    Liebe Grüße
    Susanna

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  12. Hallo Elke,
    ich schneide auch immer brav das Verblühte von Tulpen und Narzissen weg. Die Frage ist berechtigt, warum bei den Beiden und alle anderen dürfen machen was sie wollen! Genau wie schon mehrmals erwähnt, in der Natur rennt auch niemand mit der Schere in der Hand herum und entsorgt das Verblühte. Fazit, im nächsten Jahr ganz entspannt nichts tun!
    LG...Stephanie

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  13. Moin Elke,
    jetzt hast Du mir aber zwei große Fragezeichen in die Augen gemalt! Ich war in meiner Jugend - lang, lang ist's her - im Frühjahr oft in den Niederlanden. Dort gab es riesige Tulpenfelder. Kurz nach dem Höhepunkt der Blüte wurden die so abgemäht, dass nur das Grüne stehen blieb. Es war geradezu herzzerreißend, das zu beobachten ... Ich war bisher davon ausgegangen, dass die Entwicklung der Zwiebeln dadurch gefördert werden soll. Eigentlich verstehen die Holländer ja was von Blumenzwiebeln - sie waren es schließlich, die die Tulpen nach Europa geholt haben.
    Viele Grüße
    Gerd

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    1. Moin Gerd,
      weißt du, ob die Holländer das auch bei Zierlauch so machen? Ich möchte jetzt einfach mal im Garten experimentieren. Sollten die Tulpen tatsächlich weniger werden, höre ich wieder damit auf, aber die meisten werden sowieso nicht bestäubt, und vermutlich auf den großen Feldern auch nicht, wo es ja um den maximalen Zwiebelertrag geht. Außerdem stehen die Tulpen dort so dichtgedrängt, dass sie vielleicht mehr Energie brauchen als im Garten?
      Viele Grüße
      Elke

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  14. Ich zähle ja zu den faulen Gärtnerinnen. Tulpen und Narzissen entferne ich nur, wenn ich dran denke. Der große Zierlauch darf auch verblüht das Beet verschönern. Oben habe ich von Marita gelesen, dass sich Zierlauch übel aussäen kann. Diese Erfahrung habe ich mit dem Kleinblütigen auch gemacht. Hatte nur noch "Schnittlauch" im Beet ohne Blüten und zwar überall.
    Viele Grüße von
    Margit

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  15. Liebe Elke, ja, das hab ich auch so gelernt und mach es eigentlich fast immer. Manchmal vergisst man mal eine und da hab ich dann solche großen Kapseln auch schon gehabt. Aber ich glaube manchmal auch bald, es ist eher ein optisches Problem. Bin gespannt auf dein Experiment. Meinen Allium hab ich im Garten trocknen lassen und er steht jetzt so trocken in der Vase. Tulpen und Narzissen sind da wirklich nicht ganz so hübsch :-) Ganz viele liebe Grüße von Urte

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  16. 🙋🏻‍♀️Ich nochmal, hab gerade einen Artikel in den Lübecker Nachrichten über Dich und deinen Blog gelesen. 👍 So klein ist die Welt😉 Herzlichst Kirsten

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    1. Das war sicher der dpa-Artikel zum Unkraut, oder?
      VG Elke

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