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Dienstag, 15. Januar 2013

Geld her oder ich gieße

Für jeden leidenschaftlichen Zimmerpflanzengärtner kommt irgendwann einmal die Zeit des Abschieds, wenn auch bloß vorübergehend. Nur die ganz genügsamen Vertreter der Spezies Homo hortensis werden es schaffen, das ganze Jahr ohne wenigstens einen Kurzurlaub auszukommen. Schließlich dient so ein Exkurs nicht nur der Erbauung, sondern auch der Beschaffung von neuer Beute für die Fensterbank oder den Garten.

Eine Urlaubsvertretung muss also her. Doch da die meisten Topfpflanzen eher den Tod durch Ertränken als Vertrocknen erleiden, ist Vorsicht angebracht. Nach dem Motto "Geld her oder ich gieße" neigen viele Anfänger dazu, die wertvollen Grünpflanzen durch zwar gut gemeinte, aber am Ende doch schädliche Wassergaben, umzubringen. Der grüne Daumen ist leider kein körperliches Merkmal, das äußerlich erkennbar wäre. Es empfiehlt sich daher, vorher in Erfahrung zu bringen, ob die anvisierte Gießhilfe zuhause durch üppiges Pflanzenwachstum glänzt, oder aber gar kein oder nur sieches Zimmergrün besitzt.

Möchte man ganz auf Nummer Sicher gehen, wählt man seine Topfmodels gleich danach aus, ob sie eine Woche unserer Abwesenheit auch ganz ohne Bewässerung vertragen. Und da gibt es eine Reihe attraktiver Vertreter, die allesamt genügsam, robust und auch leicht zu vermehren sind.

Meine Favoriten im Fensterbankformat möchte ich hier vorstellen.
 


Auf Platz 1 der leidensfähigen Lieblingspflanzen gehört meiner Meinung nach unbedingt das äußerst dekorative Dickblatt Crassula 'Hottentot'. Seine wilden Rastalocken sind einfach unvergleichlich. Mein Exemplar steht am eher schattigen Badezimmerfenster, was scheinbar des Öfteren dazu führt, dass meine Haarpracht sich ein Beispiel an der Pflanze nimmt. Leider springen keine hübschen Locken dabei raus, sondern eher etwas sturmfrisurartiges. Trotzdem möchte ich auf den Anblick der wilden Kreatur nicht verzichten, schließlich ist sie äußerst genügsam. Alle paar Wochen einmal in Wasser tauchen, gut abtropfen lassen und das war's auch schon. Vermehren geht ganz leicht - die dicken Triebe kommen schon bewurzelt daher und lassen sich leicht wieder anderswo einpflanzen.

Den Platz 2 teilt sich eine wilde Wohngemeinschaft am sonnigen Fenster bestehend aus einer rötlichen Echeverie und der Leuchterblume (Ceropegia woodii). Beide sind sagenhaft anspruchslos, kommen wochenlang ohne Wasser aus und sind dabei wahnsinnig dekorativ. Echeverien können das Sammelfieber entfachen, so vielgestaltig ist die Gattung. Vermehren kann man sie durch Blattstecklinge, aus denen sich rasch kleine Pflänzchen bilden. Die hübsche Leuchterblume ist eine tolle Ampelpflanze, die man leicht mit Hilfe ihrer kleinen kartoffelartigen Speicherknollen vervielfältigen kann. Einfach einen Trieb oberhalb des Knöllchens abzwacken und einpflanzen.

Nummer 3 ist zugegebenermaßen etwas invasiv - die Kindel des Brutblatts Kalanchoe delagoensis wurzeln in jedem Nachbartopf - Unkrautjäten auf der Fensterbank. Dafür ist die filigran wirkende Pflanze aber auch hart im Nehmen und überzeugt durch ihr extravagantes Leopardenmuster. Wird sie im Alter unansehnlich, topft man einfach ein paar ihrer Babies wieder ein und weiter geht's.

Auf Platz 4 der unverwüstliche Klassiker, der gute alte Bogenhanf Sansevieria trifasciata. Den hatte schon Oma in der guten Stube stehen, und zum Glück hat er die Jahrzehnte überdauert. Er macht sich schlank und passt damit auf jede sonnige Fensterbank, wo er mit Leichtigkeit ein vertikales, hohes Element in das Arrangement bringt. Heizungsluft ist ihm egal, umbringen kann man ihn nur durch zuviel Wasser. Er hält es wirklich wochenlang ohne Gießen aus. Spätestens wenn sich die Blätter zur Röhre wickeln, wird es höchste Zeit für einen guten Schluck. Der Bogenhanf lässt sich prima teilen und freut sich dann wieder über mehr Platz im Topf.

Nummer 5 lebt auch ohne viel Pflege und steht stellvertretend für all die grandiosen Geldbäume, die mit dem Alter so schön knorrig werden können.Crassula ovata ist die bekannteste Art,weniger verbreitet ist die Variante auf dem Bild: Crassula arborescens var. undulata mit bläulich bereiften, gewellten Blättern. Beide lassen sich höchst einfach aus Blattstecklingen vermehren. Bis sie hübsch bäumchenartig verzweigt sind, dauert es dann aber Jahre. Schneller geht's mit Triebstecklingen, die oft schon bereitwillig in der Luft herumwurzeln.

Diese Auswahl an trockenheitsverträglichen Zimmerpflanzen wird so manche Sorgen im Urlaub verhindern. Der Gießdienst muss lediglich die paar mimosenhaften Säufer bei Laune halten, wie beispielsweise das Einblatt (Spathiphyllum). Wenn er seine Sache am Ende gut gemacht hat, gibt es zur Belohnung dann auch noch einen Ableger vom Geldbaum und alle sind glücklich.

Sonntag, 23. Oktober 2011

Der botanische Kettenbrief

Es gibt Pflanzen, die bergen gleich mehrere Kindheitserinnerungen in sich.
Und damit meine ich schöne Erinnerungen, nicht etwa kulinarische Entgleisungen wie Rosenkohl auf dem Teller, den ich bis heute nicht leiden kann.

Diese Pflanze, die ich meine, vermehrte sich damals ausschließlich durch Kindergeburtstage, wo sie unter der Hand als ganz heiße Ware vom Geburtstagskind zu den Gästen weitergereicht wurde.
Wir nannten sie Babywerfer, weil sie so lustige, schon fix-und-fertige Jungpflanzen an ihren Blättern hervorbrachte. Ohne jemals Blüten produziert zu haben. Das war eine Sensation.
Jedes Kind muss damals eine gehabt haben. Selbst bis in die Grundschule auf die Fensterbank hatten sie es geschafft. Trotzdem konnten sie am Ende weder Lesen noch Schreiben.

Korrekt heißt es Brutblatt und war vermutlich eine Kalanchoe daigremontiana.

Die Dinger haben das Schneeballsystem erfunden - man musste sie immer weiterreichen, bis das System am Ende kollabierte. So ähnlich wie die Kettenbriefe, die wir als Kinder auch mit Begeisterung verfasst haben.

Die winzigen Nachkommen, die man ergattert hatte, wurden zu Hause sorgfältigst eingepflanzt und dann mit Spannung beobachtet.
Wann kamen den nun endlich die ersehnten Babies? Und dann erschienen sie, und zwar mehr als man weiterverschenken konnte. Schließlich hat man nur einmal im Jahr Geburtstag.
Darüberhinaus lehnten irgendwann alle Gäste dankend ab. Komisch.

Der Nachwuchs landete als Trittbrettfahrer schon bald in den benachbarten Blumentöpfen, sehr zum Leidwesen meiner Mutter, die dadurch auf der Fensterbank mehr jäten musste als im Garten.
Als der Reiz des Neuen schließlich vergangen war und die Babywerfer eher aussahen wie sukkulentes Unkraut und nicht wie eine vorzeigbare Zimmerpflanze, wurden sie irgendwann entsorgt. Wahrscheinlich mussten sie den Winter draußen verbringen, das kommt der Todesstrafe gleich.
Meine Mutter hatte in den darauffolgenden Jahren endlich Ruhe vor dem Zeug, bis auch meine Schwester in das kindergeburtstagsfähige Alter kam, dann ging der Spaß von vorne los.

Tja, und so dachte ich, die Zeiten des Babywerfers auf der Fensterbank wären Geschichte, bis, ja bis ich letztes Jahr auf einer Landesgartenschau in der Ausstellungshalle ein paar Exemplare entdeckte, die ihre Babies bereits auf den Boden geworfen hatten.
Das war höhere Gewalt, die gestrandeten Exemplare mussten mit.

Zu meiner Entschuldigung kann ich anführen, dass es nicht die unkrautige Variante war, sondern die architektonisch wertvolle im modischen Fischgrät-Look mit Leopardenmuster:





Es handelt sich hierbei um Kalanchoe tubiflora, syn. Bryophyllum tubiflorum oder auch Kalanchoe delagoensis.

Dieses Brublatt ist wirklich ausnehmend hübsch. Filigran gebaut mit aparten Flecken, die sich erst mit zunehmendem Alter zeigen.
Pro Blatt kann es 4, oft sogar 6, Jungpflanzen hervorbringen, das macht bei 100 Blättern nach Adam Riese bereits mindestens 400 - und ein Exemplar kann im Laufe seines Lebens deutlich mehr Blätter haben!



Einmal hat es draußen im Regen auf der Terrasse gestanden - schon wurzelt in den Fugen der Nachwuchs.

Selbst Katzen versucht es zu besiedeln, allerdings scheiterte dieses kühne Vorhaben schon bald, obwohl das Basislager an der Westflanke vielversprechend aussah:


Man kann sich vorstellen, dass diese ausbreitungswütige afrikanische Pflanze nicht überall auf der Erde Freunde hat. In den Tropen kann sie einmal eingeschleppt zu einem Problem werden.

In unseren Breiten scheitert die Übernahme des Gartens und darüber hinaus zum Glück am jährlich wiederkehrenden Frost.

Die Kultur des schlanken Brutblatts ist denkbar einfach. Ein sonniger Platz wird vertragen, es kommt wochenlang ohne Wasser aus und lässt sich zur Not einkürzen, wenn es zu groß wird.

Kommen wir nun zum Kettenbrief: Wer dieses interessante Pflänzchen sein Eigen nennen möchte, nur zu, bitte melde dich. Ein paar Briefchen mit Babies kann ich verschicken - wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Ihr verpflichtet euch lediglich, den Nachwuchs eurerseits an 10 Freunde weiterzugeben. Nein, war natürlich nur Spaß.
Ihr geht mit der Annahme einer Lieferung keine weiteren Verpflichtungen ein. Außer natürlich Unkrautzupfen auf der Fensterbank. Versprochen.