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Donnerstag, 21. Juni 2012

Über Zäune schauen

Ich bin ein bekennender Seitenwechsler. Das soll nicht heißen, dass ich meine Meinung ändere wie ein Fähnchen im Wind, oder dass ich noch Schallplatten zuhause höre. Was ich damit meine, ist, dass ich eine wahre Nervensäge sein kann auf einem Spaziergang - vor allem durch bebautes Gebiet - und ganz besonders, wenn es vor Gärten nur so wimmelt. Denn dann muss ich immerzu die Straßenseite wechseln, um auch keine größere Versammlung von Blumen zu verpassen. Das Gras auf der anderen Seite vom Zaun ist eben immer grüner.


Aber es kommt noch viel schlimmer: Als wäre es noch nicht peinlich genug, wie eine Orientierungslose von einer Häuserreihe zur anderen zu hechten, muss ich dazu auch noch an allen Rosenblüten riechen, die über irgendeinen daher gelaufenen Zaun hängen. Man will ja nichts verpassen. Andere Gärten haben schließlich auch schöne Rosen. Als Gesprächspartnerin bin ich dann erst recht nicht zu gebrauchen. Außer es dreht sich um Gartenthemen oder ich konzentriere mich zur Feier des Tages einmal wirklich.


Man muss dieses nervige Verhalten allerdings auch unter praktischen Gesichtspunkten sehen: Wer sich in seiner Nachbarschaft umschaut, wird Pflanzen entdecken, die mit einiger Wahrscheinlichkeit auch im eigenen Garten gut gedeihen werden, denn das Klima ist ähnlich. Natürlich kann man nie wissen, welche Pflanzen neu sind und welche bereits ein erprobter Haudegen mit mehrjähriger Erfahrung. Deshalb sollte man dasselbe Wohnviertel gerne auch öfter durchstreifen, um das zu kontrollieren.


Auch Pflanzenkombinationen, auf die man selbst vielleicht nicht gekommen wäre, lassen sich abgucken. Und zwar in 3D und zum Anfassen - besser als in jeder Gartenzeitschrift!
Hier zum Beispiel eine Kleinstrauchrose mit Wollziest (links) und Allium christophii mit Stachys macrantha (rechts):


Nicht nur bekommt man gratis tolle Pflanzenempfehlungen, sondern kann darüber hinaus auch auf ganz erstaunliche Phänomene stoßen: In einem Villenviertel bei uns in der Nähe beispielsweise reiht sich Garten an Garten mit Gelbem Scheinmohn (Meconopsis cambrica), der dort ganz exklusiv größtenteils in Orange daherkommt (Villenviertel eben...). Andere Straßenzüge wiederum präsentieren ihn dann wieder nur in gelb. So kann man manchmal ganz lokale Staudensippen entdecken.


Oder man findet richtige Monstrositäten wie diese Siamesischen Zwillinge an einem weißen Fingerhut (die Breitmaulblüte in der oberen Bildhälfte):


Eine Sache ist aber ganz doof bei diesen Exkursionen durch die Stadtflora: Die meisten Vorgartenrosen kommen gänzlich ohne Beschilderung daher. So kann man sich schlecht Tipps holen, welche Sorte am besten duftet und auch nach einem Regensommer gut aus der Wäsche guckt, wenn man ihren Namen nicht herausfinden kann, ohne zu klingeln (was selbst ich nicht mache).

Wer also Rosen ohne Namensschild vor seiner Haustür ausstellt, wird mit Stehenbleiben und Rosenschnuppern nicht unter einer Minute bestraft.

Ach, übrigens: In meinem Vorgarten wächst und duftet eine Rose de Resht.

Dienstag, 22. Juni 2010

Wolliger Wonneproppen

Ich glaube, es gibt keinen Ziest, den ich nicht mag. Zumindest ist mir noch keiner untergekommen.
Selbst der etwas eigen riechende Waldziest (Stachys sylvatica), der in einem ebay-Paket zu mir kam - als Dreingabe zum Echten Herzgespann (Leonurus), auf das ich es eigentlich abgesehen hatte, um Wollbienen anzulocken - hat seinen ganz eigenen Charme, wenn man ihm erstmal näher kommt. Die Blätter sehen aus wie Brennnesseln, aber statt einem Brennen gibt es nur diesen etwas widerlichen Geruch, wenn man die Blätter zerreibt.
Seine dunkelroten Blüten sind ganz fein weiß gezeichnet und aus der Nähe betrachtet wunderschön. Wollbienen zieht er ebenso an wie das Herzgespann:


Der Waldziest ist immer für eine Überraschung gut - verbreitet sich durch Ausläufer, so dass er jedes Jahr an ganz neuen Stellen wieder auftaucht. Entgegen seinem Namen sogar an sonnigen Stellen, wo er allerdings oft etwas mickrig bleibt.

Ausläufer macht auch sein silbriger Verwandter, der Wollziest (Stachys byzantina). Er vermehrt sich so gut, dass man Glück haben kann und ihn geschenkt bekommt.
Ich habe ihn dummerweise vor ein paar Jahren gekauft und ich könnte schwören, dass auf dem Etikett eine blühende Pflanze abgebildet war.
 

Trotzdem wurde nicht geblüht. Er hatte wohl das Etikett nie gesehen. Jahrelang kroch er so vor sich hin, begnügte sich mit seinem Dasein als Bodenpersonal, ohne sich auch nur einmal zu seiner vollen Schönheit mit rosa-weißem Blütenstand zu erheben.



Man kann ihn tatsächlich als reinen, blühunwilligen Bodendecker zur Beetabgrenzung an sonnigen Stellen kaufen, es handelt sich dann um die Sorte "Silver carpet". Ich wollte aber keinen silbernen Teppich, sondern einen fliegenden - grau schimmernde, wie aus Watte gewebte Blütenkerzen sollten es sein, die Bienen anlocken und in der Abendsonne glitzern.
Zum Glück hatte meine Mutter genau so ein Exemplar, das sich Quadratmeter um Quadratmeter ihres Vorgartens einverleibte und unermüdlich blühte. Natürlich hat sie mir ein paar Triebe abgestochen, Mütter machen so etwas gerne.
Meine Beute habe ich an genau dieselbe Stelle gepflanzt, wo der Blühmuffel stand, und siehe da: Jetzt wird geblüht!


Ja, so hatte ich mir das vorgestellt: Silberne Raketen hinter Frauenmantelwolken!
Der Steppensalbei steht ihm dabei außerordentlich gut:



Wollziest spart aber nicht nur bei der Anschaffung Geld! Mit seinem dichten Pelz ist er Meister im Wassersparen und auch ansonsten Kummer gewohnt. Einen nahrhaften Boden braucht er nicht, die jährliche Ladung Kompost, die ich allen Beeten gönne, erträgt er aber trotzdem.
Schnecken scheinen den pelzigen Belag auf der Zunge auch nicht zu mögen.

Außer in schattige Gärten passt der wollige Wonneproppen überall hin!