Ich bin ein bekennender Seitenwechsler. Das soll nicht heißen, dass ich meine Meinung ändere wie ein Fähnchen im Wind, oder dass ich noch Schallplatten zuhause höre. Was ich damit meine, ist, dass ich eine wahre Nervensäge sein kann auf einem Spaziergang - vor allem durch bebautes Gebiet - und ganz besonders, wenn es vor Gärten nur so wimmelt. Denn dann muss ich immerzu die Straßenseite wechseln, um auch keine größere Versammlung von Blumen zu verpassen. Das Gras auf der anderen Seite vom Zaun ist eben immer grüner.
Aber es kommt noch viel schlimmer: Als wäre es noch nicht peinlich genug, wie eine Orientierungslose von einer Häuserreihe zur anderen zu hechten, muss ich dazu auch noch an allen Rosenblüten riechen, die über irgendeinen daher gelaufenen Zaun hängen. Man will ja nichts verpassen. Andere Gärten haben schließlich auch schöne Rosen. Als Gesprächspartnerin bin ich dann erst recht nicht zu gebrauchen. Außer es dreht sich um Gartenthemen oder ich konzentriere mich zur Feier des Tages einmal wirklich.
Man muss dieses nervige Verhalten allerdings auch unter praktischen Gesichtspunkten sehen: Wer sich in seiner Nachbarschaft umschaut, wird Pflanzen entdecken, die mit einiger Wahrscheinlichkeit auch im eigenen Garten gut gedeihen werden, denn das Klima ist ähnlich. Natürlich kann man nie wissen, welche Pflanzen neu sind und welche bereits ein erprobter Haudegen mit mehrjähriger Erfahrung. Deshalb sollte man dasselbe Wohnviertel gerne auch öfter durchstreifen, um das zu kontrollieren.
Auch Pflanzenkombinationen, auf die man selbst vielleicht nicht gekommen wäre, lassen sich abgucken. Und zwar in 3D und zum Anfassen - besser als in jeder Gartenzeitschrift!
Hier zum Beispiel eine Kleinstrauchrose mit Wollziest (links) und Allium christophii mit Stachys macrantha (rechts):
Nicht nur bekommt man gratis tolle Pflanzenempfehlungen, sondern kann darüber hinaus auch auf ganz erstaunliche Phänomene stoßen: In einem Villenviertel bei uns in der Nähe beispielsweise reiht sich Garten an Garten mit Gelbem Scheinmohn (Meconopsis cambrica), der dort ganz exklusiv größtenteils in Orange daherkommt (Villenviertel eben...). Andere Straßenzüge wiederum präsentieren ihn dann wieder nur in gelb. So kann man manchmal ganz lokale Staudensippen entdecken.
Oder man findet richtige Monstrositäten wie diese Siamesischen Zwillinge an einem weißen Fingerhut (die Breitmaulblüte in der oberen Bildhälfte):
Eine Sache ist aber ganz doof bei diesen Exkursionen durch die Stadtflora: Die meisten Vorgartenrosen kommen gänzlich ohne Beschilderung daher. So kann man sich schlecht Tipps holen, welche Sorte am besten duftet und auch nach einem Regensommer gut aus der Wäsche guckt, wenn man ihren Namen nicht herausfinden kann, ohne zu klingeln (was selbst ich nicht mache).
Wer also Rosen ohne Namensschild vor seiner Haustür ausstellt, wird mit Stehenbleiben und Rosenschnuppern nicht unter einer Minute bestraft.
Ach, übrigens: In meinem Vorgarten wächst und duftet eine Rose de Resht.