Samstag, 27. Juli 2024

Der größenwahnsinnige Garten

Am Wochenende wurde ich gefragt, ob sich mein Garten auch über die Zeit gewandelt hätte. Gemeint war eigentlich, ob sich mein Gartenstil geändert hätte mit den Jahren. Ich habe geantwortet, dass bei meinem Garten der Wandel "Sukzession" heißt. Denn bei jedem Gehölz, vermutlich auch bei jeder Staude, gibt es diesen einen Moment, wo es nicht zu klein und nicht zu groß ist. Während man am Anfang noch sehnsüchtig jedes Blatt zählt und insgeheim den Hausbaum in spe anfeuert, doch gefälligst mal einen Zahn, sprich einen Ast, zuzulegen und schneller zu wachsen, kann es wenige Jahre später schon aus dem Ruder laufen und man schreit nach den Zähnen der Säge. Besonders in sehr kleinen Gärten ist die optimale Größe schnell hoffnungslos überschritten und alles versinkt im Schatten und die ersten heißgeliebten Sonnenstauden verziehen sich im Winter auf Nimmerwiedersehen in den Erdboden.

Selbst die größenwahnsinnigsten Stauden haben immerhin den Vorteil, dass sie jedes Frühjahr wieder bei Null anfangen. Doch im Hochsommer können auch sie ausufern und ihre ideale Größe erreichen sie dann - nichtblühend - an einem einzigen Tag im Juni. Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich nicht noch was Kleineres findet. Immerhin entwachsen die Riesenstauden ganz fix dem drohenden Baumschatten.

Der viele Regen dieses Jahr hat die ohnehin schon großen Stauden zu Höchstleistungen angespornt. Mein Garten schwankt also permanent zwischen Gigantismus und Minimalismus (das sind die Beete, wo seit dem Bärlauch-Intermezzo nichts mehr wachsen will, man nennt es auch Sommerloch- falls es jemand sucht, es ist bei mir!) - und die gigantomanischen Stauden schwanken bei jedem Gewitter bedrohlich gen Boden. Meinen Echten Alant, der schon wieder echt groß ist, habe ich zusammengebunden. Daneben benimmt sich nämlich ein Rudel Wilder Karden daneben und macht ihrem Namen alle Ehre. Beide sind ungefähr gleich groß, will heißen über zwei Meter.

Für die Fotos vom Pinselkäfer, der auf der Blüte übernachtet hat, musste ich die stachligen Stängel zu mir herunter biegen.

Ist natürlich blöd, wenn man die Blütenbesucher fotografieren möchte.


Von oben aus dem ersten Stock sehe ich manchmal interessante Insekten und muss die Stängel dann auf mein Niveau herablassen, um sie zu fotografieren. Da muss man ganz doll aufpassen, denn je länger man an so einer Pflanze herumbiegt, umso eher bleibt sie in der Position für immer stehen. Also gut wieder zurückbiegen und hinter anderen Stängeln einklinken...


Der Echte Alant hatte die Tage die Kleine Gartenblattschneiderbiene (Megachile centuncularis) zu Gast, die sehr gerne Korbblütler besucht. Nach einem Regenguss pudelnass geworden hielt sie auch still, zeigte dadurch aber natürlich nicht ihre normale Körperhaltung beim Blütenbesuch mit dem angehobenen Hinterleib. Und wenn sie das tut, kann ich den Alant nicht herunterbiegen, ohne dass sie flüchtet. Irgendwas ist immer. In der luftigen Höhe fühlen sich die Insekten also in der Regel vor mir sicher.



Der dritte im größenwahnsinnigen Bunde ist der Gewöhnliche Wasserdost, hier mit Bienenwolf. 



Der wird unten herum immer ausladender und sät sich aus, aber auch jedes Jahr noch ein bisschen höher - und nach jedem Starkregen noch einen Tacken breiter. Immerhin gehört er zu den ganze wenigen Stauden, die durch eine dicke Schicht Bärlauch einfach ganz ungeniert hindurchwachsen. Das wäre dann irgendwann das Ende vom Sommerloch, aber vermutlich auch das Ende kleinerer Stauden. Irgendwas ist immer...

17 Kommentare:

  1. Den Pinselkäfer ist aber ein Hübscher! Bei uns haben die hohen Stauden nach dem vielen Regen zum Teil dauerhaft Schlagseite. Phlox, Kandelaber-Ehrenpreis und Liebstöckel musste ich schon aufbinden, was dann immer struzelig aussieht.
    Den Alant hatte ich ihn entfernt, weil er sich an einer ungünstigen Stelle ausgesät hatte, aber wohl etwas von der Wurzel nicht erwischt. So kam er wieder, bleibt aber dieses Jahr auf Augenhöhe.
    Liebe Grüße
    Susanna

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  2. Ja, die Wilde Karde habe ich in der Natur dieses Jahr auch als ganz hoch gewachsen wahrgenommen! Ich mag sie, auch wegen ihrer früheren Bedeutung
    für die Wollverarbeitung!
    Schönes Wochenende wünscht ALeXa

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  3. Meinen Wasserdost hat eine Nacktschnecke kahlgefressen. Die dürfen ja normalerweise bei mir schalten und walten, wie sie wollen, aber um den Wasserdost ist es schon schade, denn er wächst direkt neben der Terrassentreppe, und ich liebe es, im Herbst auf der Treppe zu sitzen und den vielen Schwebfliegen zuzusehen, die den Dost besuchen. Er hat ohnehin schlechte Bedingungen, weil es dort sehr fußkalt ist, und das scheint er nicht zu mögen.

    Nachdem ich vor einiger Zeit eine einzelne Nacktschnecke in flagranti ertappt und in der Vorgarten katapultiert habe, schlägt er wieder aus. Mal schauen, ob ich noch eine Blüte zu sehen bekomme in diesem Jahr.

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    1. Das ist ja was, an meinen Wasserdost gehen die Schnecken nicht ran oder wenn, dann so wenig, dass es nicht merkbar ist.

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  4. Ich befürchte, bei mir liegt es am Standort. Er steht im Schatten einer niedrigen Mauernische. Dort ist der Boden bis weit ins Jahr hinein sehr kalt. Der Dost treibt dadurch auch sehr spät aus und wurde dieses Jahr so voll von der Schneckenplage erwischt. Genau wie meine Anfang Juli gesäten Buschbohnen im Hochbeet, die haben auch zum größten Teil nicht überlebt, wohingegen der Salat, den ich gleich im März ausgesät habe, erntereif wurde - da war es schlicht noch zu früh für die Schnecken.

    Wie steht denn Dein Wasserdost? Ich glaube, ich muss meinem einen geeigneteren Platz suchen. Er ist bei den Insekten wirklich sehr beliebt, ich würde ihn gern behalten.

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    1. Meiner steht an der Gartengrenze direkt neben dem großen Zierapfel. Dort ist es halbschattig und nicht besonders feucht. Für Schnecken reicht es aber…

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  5. Sukzession, so so ... Dass diese Leute immer mit Fremdwörtern herumwerfen müssen 😉. Ich fand deinen Beitrag amüsant und durchaus nachvollziehbar. Einerseits bin ich noch in der Phase, in der ich immer noch ein bisschen was "mehr" haben möchte, andererseits kenne ich die Zeiten gut, in der ich das Gefühl habe, dass mir alles über den Kopf wächst - sprichwörtlich, aber auch im wahrsten Sinne des Wortes. Meistens geht das im Mai los und endet dann erst wieder im Juli. Dieses Jahr will es wohl überhaupt nicht enden, das liegt am vielen Regen. Da wächst nach wie vor alles wie bekloppt. Da muss frau dann halt durch. Ich bin ja mal gespannt, ob sich meine Wilde Karde vermehrt und irgendwann ihre derzeit niedlichen ~30 cm hinter sich lässt. Immerhin hat sie ihre Umsiedlung nicht nur überlebt, sondern blüht sogar.
    Herzliche Grüße – Elke

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  6. Hallo Elke, ich kann voll und ganz nachfühlen wie es dir mit deinen
    Pflanzen geht. Dies ist mein 5. Jahr im Schrebergarten. Ich hatte viele
    Stauden aus dem vorherigen Garten mitgebracht. Denen gefällt der fettere
    Boden nun so gut, dass sie sich wie wild ausbreiten, auch in der Höhe. Der
    Versuch mit wildbienenfreundlichen Wildstauden ist auch nicht von Erfolg
    gekrönt. Die Versamung läuft etwas aus dem Ruder. Jetzt suche ich nach
    niedrig bleibenden, insektenfreundlichen Stauden, die nicht vorhaben die
    Weltherrschaft zu übernehmen.
    LG Annette

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    1. Hallo Annette!
      Dann versuch es mal mit Hornklee, Mauerpfeffer, Bunter Kronwicke, Färberginster oder Dorniger Hauhechel. Die sollten trotz allem eher niedrig bleiben.
      VG
      Elke

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  7. Ausser den Nacktschnecken werden auch bei mir die schneckenressistenten Stauden sehr gross. Wildnis halt. Aber es hat auch so viele Insekten - gensu, irgendwas ist immer
    Herzlichst
    yase

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  8. Hallo Elke,
    mein Garten heißt dieses Jahr eindeutig: "Aus dem Ruder". Aber sowas von. Dank der Regenmengen brauchen einige Teile eigentlich eine Machete. Selbst die wilde Möhre, die letztes Jahr noch vernünftige 80 cm hoch war, bildet dieses Jahr eine ca. 2 Meter hohe Wand, die dauernd umkippt. Aber die Insekten freut es auf jeden Fall. Mich nicht ganz so sehr.
    Viele Grüße
    Claudia

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  9. Liebe Elke,
    jeder könnte so seine eigene "Gartengeschichte" schreiben. Was sich so langsam in unserem Garten breit macht, ist die Wilde Möhre, anderorts sehe ich sie in diesem Jahr auch sehr viel. An ihr gibt es immer etwas zum Beobachten. Was bei uns zu wuchern begann, war Tompinapur, dem habe ich in diesem Frühjahr den "Garaus" gemacht, es war einfach zu viel. Wir hatten bisher nicht zuviel an Regen, im Gegenteil, die Maisbauern müssen schon wieder spritzen.
    Liebe Grüße
    Edith

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  10. Zwischen Warten auf Grün und dem Überfluss desselbigen - das hast du perfekt beschrieben. Beim Bäumchen wird noch jedes neue Blatt gefeiert, in einem anderen Eck war der perfekte Zeitpunkt irgendwann im Mai und dann ist es quasi über Nacht explodiert. Man müsste irgendwann die Wachstums-Pause-Taste drücken können...

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  11. Hallo Elke,
    bei meinem Fenchel geht es mir in diesem Jahr auch so, Blütenbesucher sind sehr schwierig zu beobachten. Meine erste gepflanzte Karde kam leider nicht mehr wieder und ihre Ableger sind jetzt erstmal kniehoch und es gibt, leider, erst eine einzige Blüte. Da muss ich wohl bis zum nächsten Jahr warten.
    So schön sehen deine Blüten aus, den Pinselkäfer mag ich sehr, habe ich ihn aber in diesem Jahr noch gar nicht gesehen, dafür gestern einen kleinen Feuerfalter, freu.
    Den Alant hätte ich auch gerne im Garten, schön dein Foto von der kleinen Biene.
    Viele Grüße
    Gabi

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  12. herrlich dein gartenreich * ein pinselkäfer ganz nahe auf blüten zu sehen und gleich fotos ! die grosse blume inula helenium könnte ich nur vorsichtig hier pflanzen sie recht schön aber platz-mangel * nicht einfach fotos zu machen von insekte * da merke ich wie sie sehr schnell von einer blüte zur andere fliegen können !
    lieber gruss
    mo

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  13. Solche Giganten habe ich nicht im Garten, obwohl der weiße Wasserdost... da weiß ich grad nicht die Sortenbezeichnung .... dieses Jahr mit ca. 1,50m auch besonders hoch ist.
    Lieben Gruß von Marita

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  14. hihi
    bei mir ist das Eisenkraut so in die Höhe geschossen
    dass man meint der Flieder blüht wieder :D
    dabei ist es ein weißer
    sehr amüsant deine Schilderung
    liebe Grüße
    Rosi

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