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Freitag, 4. Juni 2010

Holler, die Waldfee

Seit die Gärten immer kleiner werden und der Begriff "Handtuchgarten" bestenfalls gerade mal ein Gästehandtuch umschreibt, hat der Schwarze Holunder (Sambucus nigra), auch Fliederbeere oder Holler genannt, keinen Zutritt mehr. Zumindest nicht mit voller Absicht, wächst er doch schnell zur Größe eines mittleren Werkzeugschuppens heran.
Zum Glück sieht man den weißen Riesen in Feldrainen und Parks noch häufig.
Seine Beeren sind roh nur für Mönchsgrasmücken oder andere fliegende Mägen genießbar und auch sonst als Wildobst eher was für den, der kulinarischen Experimenten aufgeschlossen gegenüber steht.
Und so kommt es, dass die Vögel nach erfolgreicher Verdauung schon mal einen Holunderstrauch im Garten pflanzen, damit sie bald noch mehr leckere Beeren ernten können, wenn da nicht der Kleinstgartenbesitzer Einspruch erheben würde. Meistens landen die Samen unter den Gartensträuchern oder direkt am Zaun, weil Vogel nun mal gerne dort verweilt. Dort keimen die Samen zunächst siegessicher (oft im Niemandsland genau im Zaun) und wachsen unbemerkt, bis man sie doch entdeckt und dann enden sie in den meisten Fällen auf dem Kompost.
Sollte doch jemand Großgrundbesitzer sein oder besonderen Enthusiasmus für den Holler hegen, bekommt er ihn daher von den Vögeln geschenkt. Kaufen muss man nur die besonderen Sorten "Laciniata" (und selbst der wächst bei uns im Park) oder "Black Beauty". Letzterer ist für den Purpurgarten schon ein ordentlicher Hingucker, wenn man dann noch Platz für andere violette Pflanzen hat, aber immerhin zügelt er seinen Wuchs etwas im Vergleich zur grünen Wildform.

Wenn auch die Beeren nicht jedermanns Sache sind, sind die Blüten doch Anlass zu so einigen Küchenexperimenten. Geradezu legendär sind Holunderblütensekt oder Holundersirup.

Und eben jenen habe ich im Selbstversuch getestet:

Das Rezept in Kurzform:
Zutaten:
  • Etwa 20 Holunderblütenrispen
  • 500 g Zucker
  • 1 Liter Wasser
  • 3 Biozitronen (nicht gerade günstig, aber leider nicht in meinem Garten zu finden)
Eine Zitrone in Scheiben schneiden, die anderen entsaften. Blütenrispen von den Stengeln befreien, die Zitronenscheiben dazugeben und mit kochendem Wasser übergießen. Zucker und Zitronensaft unterrühren. Alles 2-3 Tage ziehen lassen, noch mal aufkochen, dann in Flaschen abfiltrieren.



Klingt einfach. Ist es auch. Am Anfang.

Die Blütenrispen zu bekommen ist nicht schwer. Ich habe sie an einem bedeckten, kühlen Morgen gesammelt, dann hat man am wenigsten Beifang in Form von Käfern dabei.
Die Beute dann erstmal draußen ausbreiten, um etwaigen Bewohnern die Chance zur Flucht zu geben.


Dann das Rezept anwenden und ein paar Nächte drüber schlafen.

Und dann geht der Spaß los... Es fängt damit an, dass man diesen altmodischen Kaffeefilterhalter wiederfinden muss, den man seit dem Kauf des zweipersonenhaushaltkompatiblen schicken Standgerätes, das mit Kaffeepads gefüttert wird, nicht mehr gesehen hat. Ok, gefunden, ganz hinten im Schrank oben links, wo man nur noch mit Stuhl hinkommt, war ja klar.
Jetzt den Sud noch mal aufkochen, das Gröbste mit einem Schaumlöffel herausangeln, Flasche bereitstellen, Filterhalter mit Filter obendrauf, und dann Schöpfkelle für Schöpfkelle in den Filter gießen.
Kennt ihr noch das morgendliche Kaffeebrühen von Hand, wo der frische Kaffee so gemütlich langsam in die Kanne tröpfelte? Vergesst das mal schnell wieder - Sirup filtern dauert noch lääääänger.
Und zwar geht das so quälend langsam, dass man nach ein paar Kellen erste Experimente wagt: Bleibt der Filterhalter ohne fremde Hilfe auf der Flasche stehen? Er bleibt. Zum Glück wohnen wir nicht an einer Straße mit Schwerlastverkehr. Alle halbe Stunde kann man mal wieder eine Kelle nachgießen.

Während ich das hier schreibe, läuft gerade die letzte Filterladung durch.
Probiert habe ich schon - lecker ist das falsche Wort - es ist unglaublich köstlich!

Gekühlt mit Mineralwasser oder Prosecco sicher ein Hit.

So, ich geh dann mal nachschauen, ob die Flasche voll und der Filter leer ist.