Auf der anderen Seite ist das Gras bekanntlich grüner. Und die Blumen bunter, ist ja klar. Doch gilt das auch für die Amerikaner? Immerhin haben die die dicksten Sonnenhüte in allen Farben und das sogar nördlich von Mexiko. Unsereiner in Europa jedenfalls wird doch ganz blass vor Neid beim Anblick von Rudbeckia, Echinacae, Silphia und natürlich auch den vielen prächtigen Seidenpflanzen (Asclepias) und Neuwelt-Astern. Auf der anderen Seite vom Atlantik ist ja auch alles ein bisschen größer, selbst die Stauden. Da können sich unsere heimischen Margeriten aber mal ganz warm anziehen.
Um herauszufinden, ob die Gartenbesitzer in den USA also genauso stolz auf ihre heimischen Stauden sind wie auf ihre Nationalflagge, habe ich mal im Garden State nachgeschaut. So wird New Jersey genannt, weil es tatsächlich hauptsächlich aus Gärten zu bestehen scheint. Und wo ich schon mal da war, habe ich natürlich für euch auch gleich mal New York inspiziert. Da wachsen immerhin dieselben Pflanzen wie im Nachbarstaat.
Umso enttäuschter war ich, nicht gleich am Flughafen von einem illustren Empfangskommitee aus Sonnenhüten und Seidenpflanzen empfangen zu werden. Stattdessen traf ich alte Bekannte am Straßenrand: Wegwarte, Götterbäume und Wilde Möhre.
Und wie sieht es in den Gärten aus? Nun ja, Garden State ist ein bisschen gemogelt, denn die Gärten bestehen zum großen Teil aus Rasen. Immerhin trauen sich die Amerikaner eher an Bäume ran als die Gartenbesitzer bei uns - und manchmal gibt es auch echte Highlights mit Blumen am Haus.

Ansonsten sehen die Beete - wenn es welche gibt - meist aus wie zuhause: Hosta, Tagetes, Katzenminze, Taglilien, Bartblume, Fette Henne zusammen mit Rosen. Manchmal sind tatsächlich Sonnenhüte dabei, aber eher die Zuchtsorten.
Und dann habe ich tatsächlich noch Kontakt zu Einheimischen gehabt, denn auch hier gibt es grüne Globalisierungsgegner. Man findet sie in botanischen Gärten, an ausgewählten Straßenrändern oder auf dem
Highline Garden.
Die
Grannenlose Scheinbergminze (Pycnanthemum muticum) hat es mir und den Insekten besonders angetan:
Diese silbrige Staude blüht monatelang von Juli bis September und steht gern sonnig, kommt aber auch mit lichtem Schatten zurecht.
Ein internationales Völkergemisch findet sich - typisch Manhattan - an den Blüten ein. Hummeln, Honigbienen, Kegelbienen, Blauflügel-Wespen (
Scolia dubia) und die dicken Östlichen Holzbienen (
Xylocopa virginica) mit der Glatze auf dem Rücken.
Die Kompasspflanze (
Silphium laciniatum) ist ein Koloss und bei Hummeln beliebt - die Samen werden hier gerade von Goldzeisigen gefuttert:
Die Seidenpflanzen haben Besuch, den sie bei uns nicht haben - eine Wanze (Large Milkweed Bug), die ähnlich wie unsere Feuerwanze zu Großversammlungen neigt.
Der Monarch-Falter braucht Seidenpflanzen als Raupenfutter. Hier nuckelt er an einer Mexikanischen Sonnenblume (
Tithonia rotundifolia):
Monarche sind jetzt auf dem weiten Weg nach Mexiko und holen sich ihren Vielfliegerbonus am Schmetterlingsflieder im Central-Park ab -
Buddleja davidii wäre auch in China-Town gut aufgehoben:
Ein weiterer beeindruckend großer Schmetterling - ein echter Amerikaner also - ist der Schwarze Schwalbenschwanz (
Papilio polyxenes). Hier macht er gerade einen Tankstopp an einem hübschen anderen Native American, dem Ysopblättrigen Wasserdost (
Eupatorium hyssopifolium):
Ein Knaller in Pink und ganz beliebt bei Schmetterlingen, hier Dickkopffalter, sind Scheinastern (Vernonia):
Ebenfalls einen dicken Kopf hat diese Staude, der
Palmlilien-Mannstreu (
Eryngium yuccifolium). Der englische Name klingt aber viel cooler und allein deswegen sollte die Pflanze in keinem amerikanischen Garten fehlen:
Rattlesnake Master. Toll, oder? Schilder am Gartenzaun a la "Vorsicht vor dem Hund" kann man sich getrost sparen, wenn man stattdessen ein geheimnisvolles "Beware of the Rattlesnake Master" haben kann.
Ach, wie gern hätte ich auch den Klapperschlangen-Meister, die Scheinbergminze und all die anderen im Garten. Aber dann wären sie ja nicht mehr einheimisch... Zu blöd.